Nach Abfuhr für Selenski
So politisch ist der ESC

Eine Rede des ukrainischen Präsidenten wurde am diesjährigen ESC kurzfristig abgesagt. Doch wie politisch war die Veranstaltung in die Vergangenheit? Eine Übersicht.
Publiziert: 12.05.2023 um 14:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2023 um 14:57 Uhr
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski darf nicht wie geplant eine Ansprache am diesjährigen Eurovision Song Contest halten.
Foto: IMAGO/NurPhoto

Diese Nachricht sorgt Erstaunen: Wolodimir Selenski (45) darf beim Eurovision Song Contest doch keine Rede halten. Ursprünglich war ein Einspieler des ukrainischen Präsidenten geplant – weil sein Land sich im vergangenen Jahr den Sieg sicherte, aber die Durchführung aufgrund der aktuellen Situation zu riskant gewesen wäre. Die European Broadcasting Union, ein Zusammenschluss von 69 Rundfunkanstalten in 56 Staaten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens, hat nun entschieden, dass ein Auftritt von Selenski «zu politisch sei». Diese Entscheidung kommt für viele überraschend. Denn der ESC fiel in den vergangenen Jahren immer wieder durch seinen Bezug zur Politik auf.

Karel Gott mit politischen Zeilen

Die politische Seite des ESC zeigte sich schon früh: 1968 schickte Österreich mit Karel Gott (1939–2019) einen Tschechen an den Musikwettbewerb. Dass damit ein Ostblockstaat Teil des Musikwettbewerbs war, war damals eine grosse Ausnahme. Dazu kommt: Die Songzeilen konnten als Anspielung auf den Eisernen Vorhang, also die Teilung Europas zu Zeiten des Kalten Kriegs, gesehen werden.

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Teilnahme mitten im Bosnienkrieg

1993, mitten im Bosnienkrieg, schickte Bosnien und Herzegowina, ein Jahr nach der Unabhängigkeitserklärung, den Musiker Fazla (56) an den Gesangswettbewerb. Um beim Wettbewerb in Irland überhaupt teilnehmen zu können, musste dieser in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit seinen Bandkollegen aus Sarajevo flüchten und Teile der Strecke gar ohne Schuhe gehen. In seinem Song berichtete er von Schmerz, den der Krieg auslöst. Jahre später berichtete er in einem Interview: «Wir waren die Ersten, die Bosnien auf internationaler Ebene vertraten. Wir bestätigten damit, dass unser Land existierte.»

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Songs mit klarem Statement

Dass ESC-Songs eine Anti-Kriegs-Botschaft haben, ist kein Einzelfall. 1982 gewann die Deutsche Nicole (58) mit «Ein bisschen Frieden». 2009 wurde der georgische Beitrag ausgeschlossen, weil das Land nach dem Kaukasus-Krieg das Lied mit dem Titel «We Don't Wanna Put In» an den ESC schicken wollte. Auch der diesjährige Schweizer Vertreter, der Toggenburger Remo Forrer (21), singt in «Watergun» vom Krieg und davon, wie Leute aus ihrem Leben gerissen werden.

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Länder ausgeschlossen

Auch die EBU, die Organisation hinter dem Mega-Anlass, setzte mehrfach ein Zeichen dafür, dass sich der ESC von Aggressoren distanziert. Ein Beispiel dafür ist, dass man 2022 Russland vom Gesangwettbewerb ausgeschlossen hat. Im Jahr zuvor wurde Belarus bis 2024 vom Eurovision Song Contest suspendiert. Der Grund: Die Medienfreiheit wurde dort stark unterdrückt. (bnr)


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