Die Sonne scheint im St. Galler Nordostquartier, Gitarrenklänge sind aus dem offenen Fenster eines Altbaus zu hören. Hier wohnt Marius Bear (29), die Schweizer Hoffnung für den Eurovision Song Contest (ESC), der dieses Jahr in Turin (I) stattfindet. Zahlreiche weisse Turnschuhe stehen im Treppenhaus, direkt hinter der Wohnungstür befindet sich das selbst eingerichtete Heimstudio des Ostschweizers. «Hier gab ich während der Corona-Pandemie zahlreiche Onlinekonzerte», erzählt Bear im Interview mit SonntagsBlick. «Es ist meine Kreativoase.»
Viel Zeit zum Kreativsein hat der «Boys Do Cry»-Interpret aktuell jedoch nicht. Der April war und ist vollgepackt mit Konzertterminen, hinzu kommen die Proben für seinen entscheidenden Auftritt im ersten Halbfinale des Eurovision Song Contest am 10. Mai. «Ich singe meinen ESC-Song bei jeder Show und versuche Elemente meiner Darbietung bereits zu integrieren», sagt Bear. «Aber es ist schon ein grosser Aufwand. Ich habe die ESC-Vorbereitung unterschätzt.»
Gänsehaut am Kreativnachmittag
Das Interview findet an einem Montagnachmittag statt. Normalerweise steht dann bei Bear der Kreativnachmittag mit der Malerin Jasmin Villiger (33) auf dem Programm. Er spielt Musik, sie gestaltet Bilder dazu. Beim Presstermin ist sie jetzt mit dabei. «Marius ist jetzt ein Star, da will ich dabei sein», sagt sie und lacht.
Seine eher melancholische Musik sei eigentlich nicht das, was sie privat höre, sagt Villiger. «Trotzdem bekomme ich immer wieder Gänsehaut, wenn er seine Lieder an unseren Kreativnachmittagen komponiert. Das inspiriert mich.»
Ruhe für die Arztpraxis
In St. Gallen wohnt der gebürtige Appenzeller seit 2020, zuvor war er in London daheim. «Ich habe den Lockdown dort nicht mehr ausgehalten, zudem wollte ich wieder in der Nähe meiner Heimat sein», so Bear. Seither lebt er mit einem Freund in einer WG.
Dass es bei ihm manchmal lauter wird, scheint seine Nachbarn nicht zu stören. «Die Nachbarin im Stock unter uns ist ein grosser Fan und kam auch schon zu Konzerten. Oben ist eine Arztpraxis. Dort muss ich mich manchmal an Ruhezeiten halten. Sie hören dort Körpergeräusche ab, das geht nicht mit Marius Bear im Hintergrund», erzählt er. Zudem setze er sich auch gerne mit der Gitarre in den nur fünf Gehminuten entfernten Stadtpark. «Das ist mein Lieblingsplatz hier. Dort sind schon einige meiner Songs entstanden.»
Der Sieg ist das Ziel
Am nächsten Freitag startet Bear ins Abenteuer ESC. Mit dem Car geht es in Richtung Italien, bevor er einen Tag später zum ersten Mal für seine Probe mit dem Lied «Boys Do Cry» auf der Eurovision-Bühne steht. Bei den Wettquoten figuriert er aktuell im Mittelfeld, in Fan-Rankings eher hinten. «Das interessiert mich nicht. Sobald die Proben starten, werden die Karten neu gemischt», sagt Bear. Das Ziel ist für ihn klar. Selbstbewusst sagt er: «Ich will den Contest gewinnen.»
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