Marius Bear (28) kanns kaum erwarten, bis es am 10. Mai 2022 ans Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) geht. Der Mann mit der rauen Stimme hat die grosse Aufgabe, nach Gjon's Tears (23) und Luca Hänni (27) die Schweiz in Turin (I) zu vertreten. Mit seinem Song «Boys Do Cry» will er die Top-Ergebnisse seiner Vorgänger sogar noch übertreffen. Doch wer ist der Appenzeller mit der grossen Stimme, der sich als emotionaler Mann mit einer gesunden «Scheissegal-Einstellung» beschreibt? Für Blick erklärt Marius Bear seine Welt.
Das hat mich geprägt
Ich hatte keine einfache Schulzeit, war ein dickes Kind und wurde schwer gemobbt. Da war ein Mädchen an meiner Schule, in das ich verliebt war. Ich habe sicher ein Jahr von ihr geschwärmt. Plötzlich hat sie mich vor der ganzen Klasse gefragt, ob ich mit ihr zusammen sein will. Ich war total geflasht und hab natürlich Ja gesagt. Und dann dreht sie sich um und brüllt vor den Mitschülern: ‹Ich aber nicht mit dir!› Alle haben gelacht. Ich bin heim und habe geheult wie blöd. Von da an habe ich drei Jahre lang gestottert. Als Jugendlicher habe ich angefangen, mich zu wehren, und habe den schüchternen Jungen hinter mir gelassen. Da gab es auch schon mal die eine oder andere Prügelei. Ich habe eine Mauer um mich aufgebaut, eine Art Rüstung. Ich war kein einfacher Jugendlicher und es gibt Sachen, auf die ich nicht stolz bin. Aber auch diese Zeit ist für mich wichtig. Schlussendlich hat mir meine Musik geholfen, wieder zu mir zu finden.
Liebesbeziehungen
Ich bin jetzt seit einem halben Jahr Single und geniesse das sehr. Ich war immer in Beziehungen und habe es nie länger allein ausgehalten. Klar, mir fehlt manchmal die Nähe. Ich bin jemand, dem Körperlichkeiten sehr wichtig sind. Aber da kann man sich arrangieren. Eine Beziehung mit mir ist halt auch nicht einfach. Ich lebe ein sehr egoistisches Leben. Es geht immer um mich, meine Musik und meinen Status als Sänger. Wenn man gemeinsam unterwegs ist und jemand fragt, was ich beruflich mache – dann ist klar, dass den ganzen Abend nur noch darüber gesprochen wird, dass ich Musiker bin. Deswegen ist auch die Partnerschaft mit Moira zerbrochen. Im Moment ist in meinem Leben einfach kein Platz für eine Beziehung.
Männlichkeit
Das finde ich schwer zu definieren. Ich bin natürlich sehr privilegiert als junger weisser Mann. Dennoch ist mir wichtig, dass ich zum einen Schutz und Sicherheit, aber auch Emotionalität und Sanftheit ausstrahlen kann. Darum geht es auch in «Boys Do Cry», meinem ESC-Song: dass Männer und Jungen ihre Rüstung ablegen und Emotionen zeigen können. Ich bin jemand, der viel weint, und das finde ich auch gut.
Meine Heimat
Ist ganz klar immer noch das Appenzellische. Ich bin wunderschön und sehr ländlich aufgewachsen, hatte eine tolle und wilde Kindheit. Wir waren die ganze Zeit draussen und haben rumgetobt. Wir haben dem Bauern die Heuballen aufgeschnitten und mit Feuer gespielt. Ich lebe zwar jetzt in St. Gallen, in der Stadt. Wenn ich an das Gefühl von Heimat denke, dann ist es immer der Ort meiner Kindheit.
Mein Glücksbringer
Ich habe einen Appenzellerring aus Silber. Den hat mir mal ein Goldschmied geschenkt. Er ist schon ganz verbogen, weil ich immer daran rumspiele. Aber der ist immer bei mir und erinnert mich an meine Heimat.
Mein Idol
Das ist mein Vater. Ich bewundere, wie er seinen Weg gegangen ist. Mit 21 Jahren hat mein Vater auf einem Schiff gearbeitet und ist nach Australien ausgewandert. Dort hat er unter anderem in einer Mine gearbeitet. 1991 ist er in die Schweiz zurückgekehrt, wo ich geboren wurde. Als er hier seinen Job verlor, hat er seine Firma gegründet. Er wird mich auch nach Turin begleiten und mir dort eine grosse Stütze sein. Ich bin ein sehr emotionaler Mann und so ist auch mein Vater. Das bewundere ich sehr an ihm. Er war immer schon mein Held.
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Was treibt dich zur Weissglut?
Arrogante Menschen. Ich werde wirklich nicht schnell wütend. Aber wenn jemand das Gefühl hat, er sei besser als alle anderen – das macht mich wahnsinnig! Da kann ich dann auch nicht mehr aufs Maul hocken.
Am ESC freue ich mich auf …
... die Menschen! Ich liebe es, verschiedene Kulturen und Ansichten kennenzulernen, und freue mich darauf, gemeinsam Musik zu machen, Gespräche zu führen und eine aufregende Zeit zu verbringen.
Darauf freue ich mich nicht …
Es würde mich extrem nerven, wenn die Corona-Massnahmen verhindern würden, dass man einander nahekommt. Abgesehen davon freue ich mich auf alles.