Jetzt gehts richtig los: Nemo (24) ist in Schweden eingetroffen. Heute gehts für die Schweizer ESC-Hoffnung zum ersten Mal auf die grosse Bühne des Eurovision Song Contests in der Malmö Arena. Dabei sind alle Augen auf das Bieler Gesangstalent gerichtet: Mit dem Song «The Code» steht Nemo seit einem Monat an der Spitze der Wettquoten. Grosses Thema in Malmö ist aber (noch?) nicht die Top-Position von Nemo, sondern die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort. Die Teilnahme Israels am diesjährigen ESC erhitzt die Gemüter pro-palästinensischer Aktivisten – und fordert verstärkte Massnahmen.
Schon jetzt ist das Stadtbild geprägt vom Protest. Neben den offiziellen ESC-Plakaten hängen an diversen Orten Flugblätter, die Israels Teilnahme am ESC infrage stellen. Das Wort «Eurovision» ist dort ersetzt mit «Genozid», «Israel raus aus dem Eurovision oder Eurovision raus aus Malmö» ist weiter zu lesen.
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Stadt und Polizei schalteten eine Infoseite zur Sicherheit auf
Mehr als 100'000 Besucher werden in der südschwedischen Stadt erwartet. Sowohl die Polizei, als auch die Stadt hat deshalb eine Infoseite zur Sicherheit in Malmö eingerichtet. «Ja, es wird Demonstrationen gegen den ESC in Malmö geben. Der Hauptgrund für diese Proteste ist die Teilnahme Israels», schreibt die Stadt Malmö. Die Polizei nennt den Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas als Grund.
Eden Golan (20) wird Israel mit dem Lied «Hurricane» am ESC vertreten. Wegen des Nahostkonflikts gibt es Stimmen, die den Ausschluss des Landes fordern. Die Organisatoren des ESC betonen, dass der israelische Rundfunk gegen keine Verbandsregeln verstossen habe. Dies sei bei Russland der Fall gewesen, als das Land nach dem Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 vom ESC verbannt wurde.
Terrorgefahr seit August 2023 «hoch»
Nicht nur wegen der Proteste ist Sicherheit ein grosses Thema am diesjährigen ESC. Seit August 2023 schätzen die schwedischen Behörden die nationale Terrorgefahr als hoch ein. Auch deshalb wurde der ESC in Malmö als «nationales Sonderereignis» deklariert. So wird die lokale Polizei von Kollegen aus dem ganzen Land und sogar aus Dänemark und Norwegen unterstützt. Vor Ort werde es die grösste Polizeipräsenz geben, die es in Schweden je gab, sagte Petra Stenkula, Leiterin des Polizeireviers Malmö, gegenüber dem schwedischen Fernsehsender «SVT». Auch das schwedische Militär ist involviert.
Ein solches Sicherheitsdispositiv sei in Skandinavien ungewöhnlich, sagt Journalist Torbjörn Ek (47) von der schwedischen Zeitung «Aftonbladet» gegenüber Blick. «Es wurde angekündigt, dass einige der Polizisten mit Maschinengewehren bewaffnet sein werden. Für uns Schweden ist dieser Anblick etwas Aussergewöhnliches und für einige ziemlich erschreckend», erklärt er. Seiner Meinung nach könne man das Sicherheitsdispositiv mit anderen ESC-Ausgaben – ausserhalb von Schweden – vergleichen. «Die Vorkehrungen sind wahrscheinlich nicht höher als in Tel Aviv 2019. Damals fand der Event nur wenige Monate, nachdem die Stadt unter mehreren Raketenangriffen gelitten hatte, statt. Der ESC in Kiew 2017 ging, kurz nachdem Russland auf der Krim einmarschiert war, über die Bühne.»
Keine konkrete, gezielte Bedrohung für ESC
In Schweden sei man aktuell besorgt, dass der ESC mit den Protesten in den Hintergrund gerät. «Dass die Veranstaltung dieses Mal völlig überschattet wird von der Tatsache, dass es so viele Proteste gibt und der Krieg zwischen Israel und der Hamas zu sehr im Mittelpunkt steht», so Torbjörn Ek.
Die Palästina-Gruppe Malmö sagte, dass sie auf 20'000 Demonstrationsteilnehmer hoffen und auf einen friedlichen Protest setzen. Trotz des massiven Polizeiaufgebots gebe es aktuell keine Gewalt-Ankündigung für den ESC: «Wir sehen derzeit keine konkrete gezielte Bedrohung für die Veranstaltung, aber es besteht eine Bedrohung für Schweden als Land und als Nation. Dazu gehört natürlich auch der ESC», sagt Per Engström, oberster Polizeichef von Schweden. Dem freudigen Eurovisionsgeist soll das Sicherheitskonzept nicht im Weg stehen: «Mit der Polizeidichte, die wir in der Polizeiregion Süd haben werden, werden Besucher sich auf jeden Fall sicher fühlen können.»
Wie Nemo das ganze vor Ort erlebt, ist nicht bekannt. In einem offenen Brief rief das Bieler Gesangstalent Ende März mit anderen ESC-Teilnehmern zur Waffenruhe im Nahen Osten auf. Weiter wolle Nemo sich nicht dazu äussern, heisst es von SRF.