Ich sass auf dem Sofa, kuschelte mich an meine Mutter. Auf dem Bildschirm wurde die Natur Schottlands mit Loch Ness gezeigt, kurz danach setzte Gunvor zu ihrem Lied «Lass ihn» an. Damals, 1998, war ich sechs Jahre alt – es ist meine erste Erinnerung an den Eurovision Song Contest. Trotz der Schweizer Null-Punkte-Pleite war ich von da an vom ESC fasziniert.
25 Jahre später bin ich bereits zum achten Mal vor Ort beim grössten Musikwettbewerb der Welt dabei. Und die Harmonie begeistert mich jedes Mal aufs Neue. So viele Nationen kommen an einem Ort zusammen, um sich, die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede zu feiern. Einen erbitterten Konkurrenzkampf gibt es nicht. Weder unter den Künstlern, noch bei den Fans. Eine solche Haltung täte nicht nur zum Beispiel dem Fussball gut, sondern der ganzen Welt.
Bewegende Austragung im Namen der Ukraine
In Liverpool ist der ESC-Geist besonders intensiv zu spüren. Die diesjährige Ausgabe wird erstmals von zwei Ländern organisiert: Grossbritannien trägt den Event für die Ukraine aus. «Vereinigt durch Musik», lautet das Motto.
Zu Beginn des ersten Halbfinals wurde die Geschichte zweier Kinder gezeigt. Ein Junge, der sich über den ESC in seiner Heimatstadt freut. Und ein Mädchen, das als Flüchtlingskind Teil seiner Schulklasse wird. Die Bilder bewegten mich, ich musste meine Tränen zurückhalten.
«Im Krieg gibt es keine Gewinner», sagte der Sänger Zoran Prodanović von der kroatischen Band Let 3 nach seiner Finalqualifikation. «Bei Eurovision gibt es keine Verlierer.» Hier sind alle Gewinner.