Die ersten Minuten des Gesprächs mit der Zürcher Schauspielerin Deleila Piasko (31) drehen sich noch nicht um ihre neueste Arbeit, die Netflix-Serie «Transatlantic», sondern um die Frage, in welcher Sprache man sich am besten unterhalten sollte. Sie begrüsst uns im schönsten Zürideutsch – etwas später meint sie aber: «Komm, wir machen es doch auf Hochdeutsch!»
Das ergibt durchaus Sinn: Mit 20 Jahren brach Piasko ihre Zelte in Zürich ab, um in Berlin Schauspiel zu studieren. Sie lebt, mit wenigen Unterbrüchen, seit elf Jahren in der deutschen Hauptstadt und ist heute einer der schauspielerisch gefragtesten Exportschlager. Wer sich davon überzeugen möchte, sollte sich «Transatlantic» anschauen, in der Piasko die Rolle von Lisa Fittko (1909–2005) spielt, die gemeinsam mit dem sogenannten American Emergency Rescue Committee während des Nazi-Regimes im Zweiten Weltkrieg Jüdinnen und Juden die Flucht ermöglichte.
Ein Teil ihrer Familiengeschichte
Dass sie diese Rolle verkörpert, ist aufgrund ihrer schauspielerischen Fähigkeiten wenig verwunderlich – macht aber doppelt Sinn, wenn man einen Blick in ihre Biografie wirft. Piasko, Tochter eines Physikers und einer Tänzerin, ist jüdisch aufgewachsen und sagt: «Ich fühle mich als Jüdin.» Der Nationalsozialismus und seine Auswirkungen seien ein Teil ihrer eigenen Familiengeschichte. «Die Auseinandersetzung mit der Thematik war sehr persönlich und emotional», sagt sie zu Blick.
Eine weitere traurige Parallele zum Plot von «Transatlantic» ist Piaskos dritter Drehtag. Es war der 24. Februar 2022 – der Tag, an dem Russland seinen Angriffskrieg in der Ukraine startete: «Das hat meiner Rolle noch einmal ein anderes Gewicht gegeben. Uns war bewusst, dass wir Themen behandeln, die auf dem gleichen Kontinent tatsächlich stattfinden.» Am Set sei das spürbar gewesen – «diese Geschichte zu erzählen, ist dringender denn ja».
Lockt sie der Zürichsee zurück nach Hause?
Nebst dem Filmset ist Piasko auch auf der Theaterbühne zu Hause. Bis vor Kurzem war sie Teil des Ensembles am renommierten Burgtheater in Wien. «Es ist oft so, dass man in einen gewissen Spielrausch kommt, ähnlich wie beim Joggen. Man entwickelt eine Art Tunnelblick», erklärt Piasko. Mit der Netflix-Serie hat sie einen anseren Weg gewagt.
«Transatlantic» hält sich in der Schweiz in den Top 10 der Netflix-Charts. Eine so erfolgreiche Schauspielerin würde man darum gerne auch vermehrt in heimischen Produktionen sehen. «Mein Fokus liegt momentan aber auf Deutschland», sagt Piasko. Doch wer weiss, was die Zukunft bringt. Vielleicht lockt sie eines Tages ja der Zürichsee zurück in die Schweiz: «Sowas gibt es in Berlin nicht, das ist einmalig.»
«Transatlantic» ist momentan beim Streaming-Anbieter Netflix zu sehen