Am 14. November 2022 war es so weit: Die News-Formate von SRF sendeten erstmals aus den neuen Studios. Der Neustart sollte das Ende einer beinahe dreijährigen, kostspieligen Umbau-Odyssee sein – der Sender erntete nach der Lancierung aber fast ausschliesslich Spott für die Einrichtung, es gibt noch immer technische Mängel und mittlerweile möchte das erste Format lieber aus seinem alten Studio senden. Wie konnte es dazu kommen?
Das Prestige-Projekt
Mit neuster Technik sowie schickem und nüchternem Design wollte SRF schon 2019 – also vor der Corona-Pandemie – in ein neues News-Zeitalter starten. Der Plan: Die News-Formate wie die «Tagesschau», «10vor10» oder «Schweiz aktuell» sollten in einem für 70 Millionen Franken teuren Prestige-Neubau des Newsrooms senden – später auch Sportsendungen wie «Sport aktuell». Die Umbau-Massnahmen sorgten bei der Belegschaft für Ärger, da SRF eigentlich einen Sparkurs fahren wollte. Aus dem Start 2019 wurde nichts.
Technische Mängel
Am Leutschenbach wurde man ungeduldig – vor allem, weil sich die Umbauarbeiten unverhältnismässig lange hinzogen und erhebliche Mehrkosten mit sich brachten. Die neue, fortschrittliche Infrastruktur stellte sich als Problem dar. Da es für die Studiotechnik noch keine Erfahrungswerte gab, mussten zeitweise bis zu 30 Techniker eingesetzt werden. Kostenpunkt: Rund zehn Millionen Franken, die wiederum die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ärgerten. SRF liess damals auf Anfrage von Blick wissen, dass es sich nicht um zusätzliche Kosten, sondern lediglich «um Personalkosten von Mitarbeitenden, um das Projekt voranzutreiben.»
Häme fürs Interieur
Ende 2022 wurde dann endlich aus den neuen Räumlichkeiten gesendet. Doch statt Begeisterungsstürme auszulösen, sorgte SRF mit seinem «pièce de resistance» bei den Zuschauerinnen und Zuschauern für Spott. Die «Moderationsflächen», wie SRF die Sendepulte nennt, die umgeben von Arbeitspulten im Newsroom stehen, wirken klein und bald schon «schmürzelig». Ein User wettert nach der ersten Sendung: «Ich dachte, mit diesem Aluteil und der PC-Maus nebendran, dass SRF noch nicht fertig ist mit dem Umbau und das ein provisorisches Studio ist! Sorry, aber ich finde es richtig hässlich! Schaut mal, was die Nachbarn so machen, denn ein bisschen edler sollte es schon sein!» Es fallen Worte wie «lächerlich», «secondhand» oder «Besenkammerlook». SRF erklärt, man habe in diesem Zusammenhang mit Kritik gerechnet – es brauche immer Zeit, sich an Veränderungen zu gewöhnen.
Die «G&G»-Revolte
Gestern Donnerstag berichtete die «Aargauer Zeitung», das Gesellschaftsformat «Gesichter und Geschichten» weigere sich, ebenfalls in die neuen Studios umzuziehen. Die Probeaufnahmen in den Räumlichkeiten seien «miserabel» verlaufen, die rote Farbe wirke zu dominant – man wolle eher auf Pastelltöne setzen. Das Studio-Missverständnis ging sogar so weit, dass Redaktionsleiterin Paola Biason mit der Chefetage im Leutschenbach Klartext geredet habe. Der geplante Umzug am 20. März habe darum nicht stattgefunden – ganz zur Freude einer Redaktorin: «Endlich traut sich jemand, unüberlegte Entscheide unserer Geschäftsleitung nicht einfach hinzunehmen.»
Auf Anfrage von Blick bestätigte SRF, dass sich bei «Gesichter und Geschichten» «nun ganz andere Herausforderungen» als bei weiteren News-Formaten stellten: «Im Probebetrieb haben wir festgestellt, dass die Anforderungen betreffend Gestaltung, Farbgebung und Licht grössere Anpassungen notwendig machen, so, dass für die Sendungs-Migration mehr Zeit benötigt wird.» Es würden überdies aktuell mögliche Lösungsansätze diskutiert. Dem Vorwurf, dass Sendungen aus den alten Studios Zusatzkosten verursachen würden, widerspricht der Sender. «Was jedoch der Fall ist: Die potenzielle Synergie-Nutzung der Infrastruktur im News- und Sportcenter fällt derzeit weg», so SRF weiter. Es scheint, als seien die Diskussionen um die neuen Studios noch für längere Zeit nicht beendet.