Sie verteilt im TV Millionen
Isabelle Paris hat die berühmteste Stimme der Schweiz

Seit knapp 20 Jahren ist Isabelle Paris Sprecherin bei SRF und wirkt dabei stets hinter den Kulissen. Sie vertont News-Sendungen oder «G&G», verkündet aber auch die Lottozahlen. Blick hat sie an ihrem Arbeitsort in Zürich-Leutschenbach getroffen.
Publiziert: 09.09.2024 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2024 um 17:08 Uhr
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SRF-Off-Stimme Isabelle Paris im Einsatz in den Studios in Zürich-Leutschenbach.
Foto: SRF/Oscar Alessio
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Wohl jede Schweizerin und jeder Schweizer hat sie schon einmal gehört. Doch erkannt wird sie nur von Freundinnen und Bekannten. Isabelle Paris (52) ist seit fast 20 Jahren eine der Off-Stimmen von SRF und prägt den Sender, ohne je am Bildschirm aufzutauchen. Am meisten spricht sie in Sendungen wie der «Tagesschau», «10 vor 10», «G&G» oder der «Rundschau» am Mittwoch. Und am Ende dieses Tages gibt sie jeweils auch die Lottozahlen bekannt.

«Diese Zahlen zu nennen, ist nach der ‹Rundschau› ein angenehmer Kontrast. Ich kann das Schwere abschütteln und wieder leicht und charmant sein. Ich muss einfach immer darauf achten, dass ich die Zahlen richtig nenne. Vor Jahren passierte mir in der ‹Tagesschau› ein Fauxpas, weil ich englischsprachig aufgewachsen bin und die zweite Ziffer einer Zahl im Deutschen zuerst genannt wird. ‹Frankreich wurde Weltmeister 1989›, sagte ich bei einer Live-Vertonung dreimal. Damit mir das nie mehr passiert, markiere ich seither immer einen Strich über jener Zahl, die ich zuerst nennen muss. Gerade bei der Lottoziehung wäre ein solcher Fehler fatal.»

Wobei Paris skeptisch ist, ob ein allfälliger Millionengewinn wirklich glücklich macht: «Ich spiele selbst nicht», sagt sie. «Ich bin abergläubisch und will das Schicksal nicht herausfordern. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, bin gesund, habe eine tolle Familie und einen extrem spannenden Job.»

Gute Nerven und stimmliche Haltung

Tatsächlich ist bei ihr und den anderen neun News-Sprecherinnen und -Sprechern kein Tag vorhersehbar, weil sich die Nachrichtenlage ständig ändert. Und viele der News-Beiträge auch Live-Teile enthalten. «Wir müssen die Beiträge dann aus dem Stand vertonen. Ich spreche oft über Bilder, die ich vorher noch nie gesehen habe. Das braucht gute Nerven und stimmliche Haltung. Wenn das Mikrofon aufgeht, sind Ruhe und Souveränität gefragt.»

Oft arbeitet Paris intuitiv und muss innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden, mit welcher Tonalität sie spricht. «Das braucht Fingerspitzengefühl und Erfahrung, gerade bei Kriegsopfern oder Menschen, die einen Schicksalsschlag erleiden.»

Das Wichtigste sei, jede Geschichte und Person ernst zu nehmen und nicht zu werten. «Und ich kann mich vorher informieren, sehe die Texte der Journalisten, spreche mich ein und überprüfe vorgängig die Aussprache von Orten und Namen. Eine TV-Story ist wie ein Kuchenteig. Und ich als Sprecherin bin für die Dekoration verantwortlich.»

In Lagos aufgewachsen

Auch Paris' Leben vor dem SRF-Job war nicht alltäglich. Geboren und aufgewachsen ist sie in der nigerianischen Millionenstadt Lagos, wo ihr Vater arbeitete. «Ich war 13, als wir nach Zürich kamen.» Nach der Matur studierte sie ein Jahr Anglistik. «Doch ich merkte, dass ich dort eingehen würde wie eine Blume ohne Wasser.» Deshalb besuchte sie die damals noch existierende European Film Actor School in Richterswil ZH und wurde bald darauf im deutschen Wuppertal ans Schillertheater engagiert. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich mit einer Nebenrolle in der ARD-Soap «Verbotene Liebe», wo sie die Sekretärin eines Musikmanagers spielte.

Bis sie ihr jemand sagte, dass sie eine ganz tolle Stimme habe und eigentlich fürs Radiomachen geboren sei. Eine Spontanbewerbung brachte sie nach Zürich zurück, zum damals neu gegründeten Radio Energy. Drei Jahre später wurde eine Stimme als Off-Sprecherin bei SRF frei. Und Paris setzte sich gegen mehrere Hundert Mitbewerber durch.

Mittlerweile gibt sie ihr Können auch an Schulungen weiter. Hoffnungslose Fälle gebe es keine. «Ich höre in jeder Stimme etwas Schönes. Und es ist dann mein Job als Coach, das herauszukitzeln. Viele haben auch einfach Angst. Den Menschen die Angst zu nehmen, umfasst 50 Prozent meines Trainings.»

Was den Blick-Journalisten natürlich zur Frage reizt, was denn an seiner Stimme schön sei? Paris lacht. «Sie haben eine sonore Stimme und einen prägnanten Berner Dialekt. Einen warmen Ton, etwas Ruhiges, sehr Angenehmes.»

Durchzug und Schreien sind Gift

Zu ihrer eigenen Stimme sagt sie: «Was ich von anderen höre über mich: Meine Stimme löst Glaubwürdigkeit aus. Ich habe eine etwas tiefere Stimme, die wohl gut zu News und Dokumentationen passt, weil sie etwas Seriöses unterstützen kann.»

Stimmen verändern sich mit der Zeit, auch die von Paris. «Früher hatte ich eine leicht höhere Stimme. Die schönste und satteste Stimme hatte ich, als ich schwanger war. Da wirkten wohl die Hormone.»

Gift für die Stimme sei Herumschreien. «Durchzug ist auch nicht gut. Ich habe immer einen Schal dabei. Und ich bin sehr streng mit mir und höre alles. Früher hatte ich meine eigene Stimme übrigens gar nicht so gern. Ich musste sie erst lieben lernen. Nun weiss ich genau, wie sie wirkt und funktioniert.»

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