Schauspielerin allein – und glücklich
Darum will Esther Gemsch keine neue Liebe

Bei der Berner Schauspielerin läuft es beruflich aktuell rund. Im Gespräch spricht sie über ihre Rollen und reflektiert ehrlich das ständige Auf und Ab ihrer Karriere, das Älterwerden und das Leben als alleinstehende Frau im Zürcher Niederdorf.
Publiziert: 09.03.2025 um 15:54 Uhr
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Aktualisiert: 09.03.2025 um 16:11 Uhr
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«Ich bin schon ein Gwunderfitz, aber auch ein Schisshase», sagt Esther Gemsch.
Foto: Linda Käsbohrer

Auf einen Blick

  • Esther Gemsch spielt in mehreren Serien und reflektiert über ihr Leben
  • Sie betont die Wichtigkeit von Freundschaften und Selbstakzeptanz im Alter
  • Mit 68 Jahren verkörpert sie Rollen in drei verschiedenen Produktionen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Aurelia Robles (Text) und Linda Käsbohrer (Fotos), GlücksPost
Glückspost

Beim Spaziergang durch das Zürcher Niederdorf erzählt Esther Gemsch (68) von ihrer neusten Rolle: Bald wird die Schauspielerin in der RSI-Serie «La linea della palma», die auf einer wahren Geschichte basiert, «una duchessa» spielen. Eine reiche Herzogin, die in ihrem Palazzo in Lugano residiert. Gerade soeben ist sie von den ersten Leseproben in Rom (I) zurück.

Die gebürtige Bernerin verkörpert zurzeit gleich mehrere Rollen. Sie stand für den italienischen Kinofilm «Die Vorkosterinnen» vor der Kamera und wird im Herbst in «Hallo Betty» als 93-jährige Version der legendären Kochbuchautorin Betty Bossi zu erleben sein. Aktuell ermittelt sie erneut als Detektivschülerin Doro Iselin in der zweiten Staffel der SRF-Serie «Die Beschatter – Detektive am Rhein» (dienstags, 20.10 Uhr, SRF 1 und Play Suisse).

Glückspost: Ihre TV-Figur lässt sich zur Detektivin ausbilden, muss sich beruflich neu finden. Was haben Sie für eine Verbindung zu Ihrer Rolle?
Esther Gemsch: Es hat sehr viel mit meinem Leben zu tun. Ich musste mich sehr oft wiederfinden. Auch Lisbeth Rohner in «Lüthi & Blanc» war eine Figur, die sich immer neu erfinden musste. Ich sollte mal jemanden spielen, der ein stabiles Leben hat. Vielleicht würde das auf mein Leben abfärben (lacht).

Aber wäre sicher weniger spannend.
Stimmt. Ich mag gebrochene Figuren. Bei meiner jetzigen, Doro, ist die spannende Frage, wo sie ihre Nische in dieser Truppe voller junger Leute findet. Wie kann sie sich einsetzen? Da sind ein paar lustige Sachen dabei.

Wären Sie selbst eine gute Detektivin?
Nein. Ich bin schon ein Gwunderfitz, aber auch ein Schisshase. Ich höre sehr viele Krimi-Podcasts, lese oder schaue Krimis, aber wenn es zu heftig wird, höre ich auf, weil ich Angst bekomme.

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Mit «Die Beschatter» und «La linea della palma» wirken Sie in zwei Serien mit. Wie wichtig sind solche wiederkehrenden Engagements?
Es ist immer ein Geschenk, wenn man eine durchgehende Rolle in einer Serie spielen und diese entwickeln darf. Es gibt Kontinuität im Spiel und man ist hoffentlich in eine gute Truppe eingebunden.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Typ wieder mehr gefragt ist?
Im Moment fühlt es sich danach an. All die vergangenen Jahre waren ein einziges Auf und Ab. An einem Tag bist du gefragt wie verrückt, und morgen weiss kaum jemand noch, wie du heisst und dass es dich gibt. Ich habe phasenweise viel Fernsehen gemacht, danach ausschliesslich Theater, dann wieder TV und Kino. Ich will mich keinesfalls beklagen, gar nicht. Mit dem Auf und Ab muss man lernen umzugehen.

Wie abstrahiert man dies von der eigenen Person?
Ich werde dieses Jahr 69 und verfüge langsam über die notwendige Gelassenheit, sodass es mich nicht mehr ängstigt. Es braucht viel Kraft. Und wenn es in gewissen Momenten nicht nur beruflich, sondern auch privat nicht so rosig aussieht, nehme ich es sehr wohl persönlich. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich rundherum nur noch Absagen von Menschen und Projekten bekomme, fühle ich mich irgendwann wie nicht mehr vorhanden.

Woran orientieren Sie sich in solchen Zeiten?
Meine drei Töchter waren immer der Boden unter meinen Füssen. Den Pickel einfach hinzuschmeissen, mich gehen zu lassen und aufzugeben, war und ist niemals eine Option für mich. Verantwortung für Kinder ist eine lebenslange Angelegenheit. Ich will ihnen immer ein Vorbild sein, so gut ich kann. Manchmal ist es mir wohl besser, manchmal weniger gut gelungen.

Haben Sie ein Beispiel?
Eine intime Frage. Wohl in Momenten, in denen ich drohte, an mir selbst zu verzweifeln und mich in meiner totalen Verletzlichkeit gezeigt habe. Und auch wenn ich gewisse falsche Entscheide bezüglich Menschen gefällt habe.

Das hört sich so an, als hätten Sie Ihre Gefühlslage nie tabuisiert oder versteckt?
Nein, natürlich nicht. Denn der Anspruch an die totale Perfektion ist idiotisch. Ich sage es auch meinen Töchtern: «Versucht stets, eure 100 Prozent zu geben. Nur verwechselt diese nicht mit einem übermässigen Anspruch an Perfektion.»

Das Alter spielt in Ihrem Beruf stets eine Rolle. Wie leben Sie vor, dass Altern schön ist?
Indem ich Haltung vorlebe. Meine Haltung ist die Summe aus dem, was ich gelebt habe, meiner täglichen Dankbarkeit und Freude. Es gibt so viele Menschen, die nicht das Privileg haben, 69 zu werden. Arbeiten zu können und drei gesunde Kinder auf die Welt zu stellen, das letzte mit 40, dafür sollte man dankbar sein. Die eigene Person rückt dann von Platz eins in die Reihe fünf, ganz klar. Dann bist du nicht mehr das Wichtigste auf der Welt – und genau dieses Zurückstehen empfinde ich als gesund, wenn man in einem Job wie ich ist, in dem man ständig im Mittelpunkt steht. Es holt einen zurück.

An welche Stelle setzen Sie sich heute?
Schwierig zu sagen, weil ich so lange im Familienleben eingebunden war. Ich überlege noch immer, ob es für alle stimmt. Ganz ehrlich, ich bin mich noch am orientieren.

Seit sechs Jahren leben Sie im Zürcher Niederdorf. Wie schön ist es, alleine zu leben?
Als alle Kinder weg waren, war es ganz heftig für mich. Dann fing ich mit 58, nach dem Ende meiner Beziehung, auch wieder von vorne an. Da war ich erst einmal ein paar Jahre im Schock. Alles brach weg. Deshalb bin ich froh, mit dieser Wohnung einen Ort zu haben, wo ich mich selbst sein kann. Ich habe es lange sehr genossen, alleine zu sein, aber begann mich etwas abzuschotten, bekam Mödeli. Man muss sehr aufpassen, dass man nicht eiget wird und bei den Menschen bleibt. Dafür muss man sorgen – und zwar selbst.

Wie finden Sie da die Balance?
Beim Dreh zu «Hallo Betty» war ich zum Beispiel den ganzen Tag in einer tollen Equipe aufgehoben. Und dann, nach Drehschluss, stehe ich plötzlich draussen in der kalten Nacht. Es ist dunkel. Und ich bin einfach alleine. Da hatte ich das Gefühl, dass ich nicht einfach nach Hause gehen kann. Also bin ich in ein Restaurant gesessen, habe mir Pommes allumettes und ein Bier bestellt. Das ist dann wie eine Mittelstation, ein Übergang vom Miteinander in das Alleinsein. Übergänge und Mittelstationen, die ich mir so basteln muss.

Fühlen Sie sich manchmal einsam?
Es gibt Momente, in denen ich die Türe hinter mir schliesse und froh bin. Aber ebenso auch, in denen ich traurig bin. Dann habe ich meine sehr guten Freundinnen. Die Nähe zu Menschen brauche ich. Aber nicht mehr in Form einer Liebesbeziehung. Ich traue mir diesbezüglich selber nicht.

Wie meinen Sie das?
Ich habe das Vertrauen in meine Entscheidungsfähigkeit in Sachen Liebesbeziehung verloren. Also lebe ich froh und allein, und das ist gut so.

Sie sehen keine romantische Beziehung mehr für sich?
Nein, ich denke nicht. Die Nähe, die mir wichtig ist, finde ich in Freundschaften. Ich durfte lernen, dass dies wunderbar funktioniert – aber ich muss es mir aktiv holen, wie zum Beispiel das Gespräch am Abend. Es ging mir lange nicht so gut, wie es mir heute geht.

Was hat Sie das Leben gelehrt?
Wie wichtig es ist, sich selbst zu gefallen. Frauen meiner Generation haben gelernt, den anderen gefallen zu müssen. Freude an mir selber zu haben, an dem, was ich tue und bin, musste ich lernen. Na ja, ehrlich gesagt, ist auch das «work in progress». Aber ich bin gesund, mir geht es gut, und ich bin mir selber genug.

Was haben Sie für Erwartungen an sich?
Die gleichen wie eh und je: offen und interessiert zu bleiben. Als Privileg des Altwerdens empfinde ich, wieder an erster Stelle stehen zu dürfen und Zeit zu haben, über mich und mein Leben nachzudenken. Denn das Ziel kommt immer näher.

Den Tod als Ziel zu sehen, scheint mir schön.
Ja, es ist einfach so. Wollt ihr wirklich ewig leben?! Der Anspruch an mich ist, viel weniger zu beurteilen, zu urteilen und abzuurteilen. Mein Anspruch an mich ist, das Maul aufzutun, wenn es gefragt ist, meine Meinung zu sagen und nicht mehr herumzudrucksen und abzuwägen, was darf ich sagen und was darf ich nicht sagen.

Das haben Sie früher gemacht?
Natürlich! Ich bin 1956 geboren. Uns Frauen hat man angehalten, zu folgen, nett zu sein, zu glauben, zu tun, was verlangt wurde, und zu schweigen. Da hat sich wenigstens ein bisschen was geändert.

Was machen Sie, wenn Sie alleine daheim sind?
Ich lese, lisme sehr gern und schwebe gedanklich davon, höre gerne Podcasts wie zum Beispiel «Unter Pfarrerstöchtern».

Ist eigentlich Betty Bossi in Ihrer Küche vertreten?
Natürlich! Betty hat auch mir das Kochen und sicher auch die Freude am Kochen beigebracht. Als meine älteste Tochter Anna geboren wurde, hatte ich noch keine grosse Ahnung davon.

Und welches Mödeli gestehen Sie sich in Ihren vier Wänden doch zu?
Mit allem zusammen im Bett zu sitzen. Mit Laptop, Büchern, Zeitung, Kaffee, Essen. Ich gehe heim, lege mir vier bis fünf Kissen hinter den Rücken, habe die Lismete in der Hand, schaue etwas auf dem Laptop und bin einfach zufrieden. Von dort aus regiere ich über mein kleines Royaume. (Lacht laut.)

DCX STORY: doc7znvwsdy6esx479opuy [Das ist Esther Gemsch]

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