Nicolas Senn blickt auf TV-Karriere zurück
«Ich wurde ins kalte Wasser geworfen»

Nicolas Senn feiert die 200. Ausgabe von «Potzmusig». Mit der «Glückspost» spricht der Ostschweizer Hackbrettvirtuose über die Sendung, die Musik und seine Zukunftspläne.
Publiziert: 16.03.2024 um 12:13 Uhr
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Nicolas Senn wird überall erkannt, nicht nur als Hackbrettspieler, …
Foto: Keystone
Irene Lustenberger, Glückspost
Glückspost

Kaum aus dem Auto ausgestiegen, wird Nicolas Senn (34) angesprochen. Auch als er das «Rössli» in Appenzell betritt, heisst es von allen Seiten «Hoi Nicolas». Der Ostschweizer grüsst und lächelt. Er ist es gewohnt, erkannt und angesprochen zu werden, nicht nur in seiner Heimat, sondern in der ganzen Schweiz. Seit vielen Jahren ist er nicht nur als Hackbrettspieler, sondern auch als «Potzmusig»-Moderator im ganzen Land unterwegs. Am 16. März feiert er bereits die 200. Ausgabe der beliebten Sendung (18.40 Uhr, SRF 1). In der Jubiläumsausgabe sind Formationen mit dabei, die noch nie in der Show waren oder noch nie zusammen gespielt haben. So darf sich das TV-Publikum unter anderem auf Raphael Fuchs & Co. mit ihrem Hit «Am Morge am 2», René Jakober mit seinem talentierten Sohn Philipp sowie die kreative Kollaboration zwischen Hess-Rusch-Hegner und den Enderlin Chicks freuen. Zudem werden bekannte Instrumentalisten vor Ort ein Stück komponieren und dieses dann spielen.

An seine erste Sendung im August 2012 kann sich der Moderator noch gut erinnern: «Ich hatte mein Vorbild, den Hackbrettspieler Walter Alder, zu Gast, und war sehr nervös. Speziell war auch, dass viele meiner Angehörigen im Publikum sassen.» Er habe damals nicht zu denken gewagt, dass er zwölf Jahre später noch immer durch die Sendung führen würde. «Als Teenager durfte ich mit meinem Hackbrett in der 200. Ausgabe der Vorgänger-Sendung ‹Hopp de Bäse› auftreten. Ich fand es unvorstellbar, 200 Sendungen zu machen», erinnert er sich.

Als er «Potzmusig» zum ersten Mal moderierte, war er 22 Jahre alt. «Ich wurde damals ins kalte Wasser geworfen», sagt er. Mittlerweile sei er routinierter und das Team eingespielt. «Durch die jahrelange Tätigkeit sind wir gut vernetzt. Deshalb ist die Sendung persönlicher geworden. Ich lerne nicht mehr die Namen von mir fremden Musikern auswendig, sondern kenne meine Gäste inzwischen.» Zudem seien sie oft mit einem kleinen, agilen Produktionsteam unterwegs und mit Sendungen aus Ländlerlokalen in der ganzen Schweiz nah an der Szene dran. Oder an Anlässen wie dem Appenzeller Ländlerfest, dem Bündner Ländlerkapellentreffen oder dem Heirassa-Festival in Weggis LU. «Bei einer solchen Live-Sendung hat mich mal eine Dame abgeküsst», erzählt er und lacht. Kürzlich habe er zudem erfahren, dass sich ein Pärchen dank «Potzmusig» kennengelernt hat. «Eine junge Jodlerin ist in der Sendung aufgetreten. Ein Wirt aus dem Kanton Bern hat sie gesehen und zu seiner Mutter gesagt, dass das eine Frau für ihn wäre. Inzwischen sind die beiden verheiratet und haben zwei Kinder.»

Konzert auf dem Kilimandscharo

Nicolas Senn ist nicht nur Moderator, sondern auch Hackbrettspieler. «Es ist ein spannendes Instrument, nur schon, wenn man die vielen Saiten sieht. Und der Klang ist einmalig. Man hört sofort, wenn jemand Hackbrett spielt», beschreibt er die Faszination. Er spielt immer noch auf dem Instrument, auf dem er begonnen hat, besitzt aber unter anderem auch dasjenige seines ehemaligen Lehrers und für Auftritte im Ausland eine Kopie von seinem. Und wie viele Schläger, im Fachjargon Rüetli genannt, hat er denn schon verbraucht? «Das ist eine gute Frage. Bis vor fünf Jahren spielte ich auf Holz-Rüetli, da gingen unzählige kaputt, manchmal sogar während des Spielens.» Heute benutzt er Carbon-Rüetli, die fast unzerstörbar seien.

Der in Gais AR wohnhafte Hackbrettvirtuose blickt auf Konzerte im In- und Ausland zurück. «Unvergesslich ist der Auftritt auf dem Kilimandscharo für ein Spital in Kenia. Auch wenn der Aufstieg ziemlich anstrengend war», erzählt er. Prägend seien auch seine Auftritte in Russland gewesen. «Ich war damals 15 respektive 17 Jahre alt und zweimal einen Monat dort. Die Leute waren unglaublich nett. Sie hatten nichts, taten aber alles für uns», erinnert er sich. Genau deshalb könne er kaum glauben, was momentan dort drüben passiere.

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Ist er nicht gerade unterwegs, pflegt er seine Freundschaften. Nach der Kanti hat Nicolas Senn an der HSG St. Gallen Wirtschaft studiert und mit dem Master abgeschlossen. «Wir sind eine Gruppe von Freunden, die sich seit der Kanti, also seit fast 20 Jahren, kennen. Auch wenn wir unterschiedliche Wege gegangen sind, sehen wir uns oft.» Parallel dazu hat er Freunde aus der Musikszene, mit denen er zusammen spielt oder ein Konzert oder eine Stubete besucht. «Und natürlich treffe ich mich auch mit meinen Eltern und meinen drei jüngeren Brüdern». Senn ist zudem oft sportlich unterwegs, sei es beim Wandern im Alpstein oder beim Langlaufen. Gerade eben hat er wieder am Engadin Skimarathon teilgenommen. «Nicht zuvorderst, aber ich war dabei», sagt er lachend.

Ein weiteres Hobby des Ostschweizers ist das Fotografieren. Als Botschafter für Appenzeller Käse hat Senn bereits für zwei Kalender Sujets geknipst, in diesem Jahr stehen Appenzellerhäuser im Zentrum. «Ich finde das eine coole Aufgabe, weil mir diese Holzbaukunst in Verbindung mit der Appenzeller Landschaft sehr gefällt. Ich finde diese alten Häuser unheimlich schön.» Und so habe er einen Grund, am Sonntag rauszugehen und sich in den Appenzeller Dörfern und Weilern auf die Suche nach geeigneten Sujets zu machen.

Eine eigene Familie ist Thema

Der «Potzmusig»-Moderator und Musiker konnte sein Hobby zum Beruf machen und ist dadurch viel in der Welt herumgekommen. Würde er sich als privilegiert bezeichnen? «Auf jeden Fall. Ich hatte das Glück, dass ich nichts erzwingen musste, sondern im richtigen Moment Türen aufgegangen sind», sagt er. Wohl auch deshalb wirkt er geerdet und stets gut gelaunt. «Ob mich etwas auf die Palme bringt? Nicht viel. Das ist eine Stärke von mir, kann aber auch eine Schwäche sein. Ich bleibe auch in hektischen Momenten ruhig und zeige wenig Emotionen. Da gibt es Moderatoren, die aufgeregter sind als ich.»

Der Volksmusiker feiert im September seinen 35. Geburtstag. Einige seiner Freunde haben bereits eine Familie, er selbst eine Partnerin. Kann er sich eine eigene Familie vorstellen? «Das ist schon auch ein Thema, aber in den nächsten 2, 3 Jahren eher nicht.» Denn momentan sei er so viel unterwegs, dass seine Kinder nicht viel von ihrem Vater hätten. «Und ich möchte Zeit mit meinen Kindern verbringen und sie aufwachsen sehen.»

Fürwahr ist Senns Terminkalender voll, denn er ist als Moderator und Musiker sehr gefragt. Ein persönliches Highlight steht am Samstag, 13. April, an: «Nicolas Senns Musikantentreff» im KKL Luzern, wo er mit seinen Mitmusikerinnen der Sennemusig, seinem Bühnenpartner Elias Bernet von «Hackbrett meets Boogie-Woogie» sowie der Alphorn-Solistin Lisa Stoll auf der Bühne steht. Und welche Träume hat er denn noch? «Dass ich gesund bleibe und weiterhin Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen darf. Und wer weiss: Vielleicht geht irgendwo plötzlich wieder ein Türchen auf.»

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