Auf einen Blick
- Erich Vock und Hubert Spiess verabschieden sich von der Bühne
- Die kleine Niederdorfoper war ihr grösster Erfolg trotz Kritik
- Nach der Premiere 2009 waren alle 106 Vorstellungen ausverkauft
- Maja Brunner und Viola Tami werden zum Abschied emotional
- Letzte Aufführung am 9. Februar 2025, danach grosses Fest
Zwei ganz grosse Theater-Macher verabschieden sich vom Rampenlicht: Erich Vock (62) und sein Ehemann Hubert Spiess (60) stehen in den nächsten Monaten zum letzten Mal auf der Bühne. Mit «Die kleine Niederdorfoper», die am Donnerstag Premiere feiert, gibt das Paar seinen Abschied. «Die Verkörperung von Bauer Heiri ist sicherlich meine wichtigste Rolle und unser grösster Erfolg», sagt Erich Vock beim Probenbesuch von Blick im Zürcher Bernhard Theater. Doch der Erfolg war nicht immer sicher.
Als das Paar 2009 das Schweizer Traditionsstück zum ersten Mal auf die Bühne brachte, gab es viele kritische Stimmen. «Zwei Wochen vor der Premiere erschien damals ein ganzseitiger Artikel im ‹Tages-Anzeiger›, in dem viele Leute zu unserem Vorhaben befragt wurden und allesamt sagten, das dürfe man nicht machen», erinnert sich Erich Vock. «Die kleine Niederdorfoper» hatte damals schon einen Legendenstatus. Die Aufführungen mit Grössen wie Anne-Marie Blanc (1919–2009), Margrit Rainer (1914–1982) und Walter Roderer (1920–2012) blieben unvergesslich. Und für viele war unvorstellbar, dass eine andere Person als Ruedi Walter (1916–1990) das Bäurerlein Heiri, das nach dem Verkauf eines Kalbes sein Geld im Zürcher Niederdorf verprassen will, verkörpern kann. Trotzdem wollten viele sehen, wie sich Erich Vock in dieser Hauptrolle schlägt. «Wir wussten schon, wie viele Tickets wir verkauft haben, das hat uns beruhigt», sagt Hubert Spiess. «Trotzdem waren die kritischen Stimmen da, das war nicht lustig. Wir haben sehr schlecht geschlafen vor der Premiere.»
Jörg Schneider war anfangs skeptisch
Die Kritiker wurden nach der Premiere des Besseren belehrt. «Die kleine Niederdorfoper» wurde zum grossen Erfolg. Nach der Premiere waren alle 106 Vorstellungen restlos ausverkauft. Auch Volksschauspieler-Legende Jörg Schneider (1935–2015) sei anfangs kritisch gewesen, erinnert sich Vock. «Er war skeptisch, weil wir vier Monate am selben Ort spielten. Früher spielte man ein paar Wochen und tourte dann mit dem Stück durch die Schweiz, wir blieben vier Monate am selben Ort. Aber dass wir am Ende so einen Gross-Erfolg hatten, freute am Ende auch ihn.»
2011, 2013 und 2019 wurde das Stück nochmals im Bernhard-Theater aufgeführt. Und nun eben auch in diesem Jahr – zum letzten Mal. Eine, die seit der ersten Produktion im Jahr 2009 dabei ist, ist Sängerin Maja Brunner (73). Sie spielte damals wie heute die Rolle der Kellnerin Irma. «Dieses Stück hat eine Magie, die man fast nicht erklären kann», sagt sie. «Es ist berührend, es ist lustig. Der Sinn der Sache ändert sich nie. In Zeiten von Influencern sehen wir, wie die Menschen Anerkennung wollen. Und darum geht es auch in der kleinen Niederdorfoper.»
Maja Brunner ist noch nicht wehmütig, Viola Tami schon
Dass sie zum letzten Mal mit Erich Vock und Hubert Spiess spielt, hat sie noch nicht richtig präsent. «Wehmütig bin ich noch nicht. Erst einmal freue ich mich auf die Spielzeit. Aber Anfang Februar, wenn die Spielzeit zu Ende geht, wird es wohl anders aussehen», sagt Brunner.
Moderatorin Viola Tami (43), die im Stück als Varieté-Sängerin Olly Moreen zu sehen ist, ist schon jetzt nachdenklich: «Für mich ist es sehr speziell und emotional, auch während der Proben. Ich arbeite für Erich Vock seit knapp 20 Jahren und habe fast jedes Jahr eine Produktion für ihn gespielt. Das ist schon ein Lebensabschnitt, der nun zu Ende geht», sagt sie. «Natürlich freue ich mich für seinen Ruhestand, aber ich finde es auch sehr schade. Er ist ein ganz Grosser, der nun geht. Ich sauge derzeit jeden Moment nochmal auf.»
Das Augenwasser steige etwas schneller
Auch für Hubert Spiess und Erich Vock ist die ganze Sache eine emotionale Angelegenheit. «Schon während der Probe steigt das Augenwasser etwas schneller. Aber es ist schön, wir geniessen es auch sehr. Jeden Moment», so Hubert Spiess. Langweilig wird den beiden bis zum Bühnenabschied garantiert nicht: Neben der kleinen Niederdorfoper bringen die beiden auch das Kinder-Musical «Emil und die Detektive» auf die Bühne. «Wir wollen, dass es uns richtig zum Hals raushängt», meint Vock mit einem Lachen. Am 9. Februar 2025 fällt der letzte Vorhang, einen Tag später gibt es ein grosses Fest für die Wegbegleiter. «Und danach räumen wir unsere Büros. Im März geht es dann los mit dem Auto zu unserem Haus nach Spanien. In kleinen Etappen.», so Hubert Spiess. Vock sei die Reisen allesamt schon am Planen.
Doch können sich die beiden, die jahrelang ihr Leben der Bühne hingaben, tatsächlich vom Rampenlicht verabschieden? Maja Brunner weiss nicht so recht: «Ich habe mir schon oft Gedanken dazu gemacht, bin mir aber unsicher. Sie werden sicher zwei, drei Jahre das nachholen, was bisher nicht ging. Und dann mal schauen. Sie sind ja relativ jung, wenn ich das mit anderen Schauspielern vergleiche, die noch mit Neunzig auf der Bühne stehen.»
Geringe Chance auf Bühnen-Comeback
Erich Vock winkt ab. Er schätzt die Chance, nach der Dernière im Februar noch einmal auf die Bühne zu stehen, auf nur zwei Prozent. «Ich habe viele Leute gesehen, bei denen ich fand, dass sie zu lange auf der Bühne standen und dass die Arbeit nicht mehr die Qualität hat, wie zu den besten Zeiten. Dass mir das auch passiert, war mir immer ein Graus, schon als junger Mensch», so Vock. Er freue sich jetzt in erster Linie darauf, die Dinge zu tun, die er machen könne, wenn er nicht mehr Theater spielt. «Darum mache ich dieses Buch am 9. Februar zu.»
«Die kleine Niederdorfoper» läuft vom Donnerstag, 24. Oktober 2024, bis 9. Februar 2025 im Bernhard Theater in Zürich.
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