Mike Müller über Corona, Sommer und Theater
«Es gibt keinen gescheiten Grund, noch mehr Tote zu riskieren»

Auch wenn Mike Müller beim SRF-Quiz-Sommerspecial auftritt und wieder Theatervorstellungen geben kann, lässt ihm die Pandemie keine Ruhe. «Unsere Branche steht noch nicht wieder auf beiden Beinen», sagt der beliebte Schauspieler im Interview.
Publiziert: 21.08.2021 um 18:08 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2021 um 12:05 Uhr
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Das SRF-«1 gegen 100»-Sommerspecial vom Samstag, 21. August (v.l.): Mike Müller, Christa Rigozzi, Ramon Zenhäusern und Moderatorin Angélique Beldner (zurzeit coronabedingt in der «1 gegen 50»-Version).
Foto: SRF/Oscar Alessio
Jean-Claude Galli

Schauspieler Mike Müller (57) tritt am Samstag im Sommerspecial der Quizsendung «1 gegen 100» mit anderen Prominenten wie Christa Rigozzi (38) oder Ramon Zenhäusern (29) an. Er spielt auch wieder Theater. Trotzdem lässt ihm die Pandemie keine Ruhe. «Unsere Branche steht noch nicht wieder auf beiden Beinen», sagt er.

Herr Müller, den Sommer musste man heuer bisher mit der Lupe suchen. Vermissen Sie ihn?
Mike Müller: Schon ein wenig. Ich liebe richtige Sommer mit Hitzetagen. Doch wir waren verwöhnt mit drei tollen Saisons hintereinander. Und ich möchte auch nicht jammern: Viele hat der Regen schwer getroffen, mit Überschwemmungen und Ernteausfällen.

Wie sieht Ihr perfekter Sommertag aus?
In einer hellen, warmen Nacht möglichst lange draussen bleiben und Weisswein trinken.

Welches Badehosenmodell bevorzugen Sie, welches ist Ihre Lieblingsglace?
In meinem Alter und mit meiner Figur trägt man Boxershorts, unifarben, auf keinen Fall Experimente über 40. Und ich esse sehr wenig Glace, das tut mir figurtechnisch nicht gut.

Was mögen Sie im Badi-Restaurant am liebsten?
Leider Pommes frites oder Birchermüesli. Ich gehe ja viel schwimmen, mindestens einen Kilometer am Stück. Hinterher habe ich jeweils «Gluscht» auf einen Nussgipfel oder ein Birchermüesli, eine klassische Kindheitserinnerung.

Wo haben Sie schwimmen gelernt?
In Solothurn. Ich konnte sehr früh schwimmen, meine Eltern gingen häufig in die Badi mit mir, später auch mit meinem jüngeren Bruder Tobi. Ich wollte unbedingt die Schwimm-Abzeichen machen. Dann kam die Veloprüfung dazwischen, und auf diesen roten Wimpel war ich sehr scharf. Ich bekam ihn schliesslich auch.

Wo haben Sie heuer Ihre Sommerferien verbracht?
In Spanien, eine Woche lang. Schön war, mit Freunden zusammen zu sein und im Meer zu baden. Mühsam war, dass es Leute gibt, die finden, man müsse die Maske nicht richtig tragen. Es wäre ja eigentlich eine geringe Anforderung an die Intelligenz. Ich empfinde das als eine Machtdemonstration, auch in den Schweizer Zügen, sehr unappetitlich.

Sie sind zurzeit mit «Erbsache» und «Heute Gemeindeversammlung» unterwegs. Stellen Sie in Ihrem Publikum Unterschiede fest im Vergleich zu den Auftritten vor dem Februar 2020?
Nein. Als wir ab dem 19. April vor 50 maskierten Leuten wieder beginnen durften, war die Stimmung gut, weil alle froh waren, endlich wieder etwas schauen zu können. Und ich war glücklich, durfte ich wieder spielen. Mit Masken im Publikum lernten wir ja schon letzten Sommer umgehen. Aber unsere Branche steht noch nicht wieder auf beiden Beinen. Ich spüre eine starke Zurückhaltung. Man merkt das an den Ticketverkäufen. Und ich verstehe auch, dass die Leute Bedenken haben und zuwarten wollen. Die aktuell steigenden Zahlen sind höchst ungünstig für uns.

Mike Müller: Ein Mann zu jeder Jahreszeit

Der gebürtige Grenchner Mike Müller (57) kam über ein Philosophiestudium zur Schauspielerei. Schweizweit bekannt wurde er durch seine Parodien im SRF-Magazin «Viktors Spätprogramm» – insbesondere als Vortragsexperte Hanspeter Burri. Mit Viktor Giacobbo (69) bestritt Müller von 2008 bis 2016 den satirischen Wochenrückblick «Giacobbo/Müller» und 2019 die Jubiläumstournee des National-Circus Knie. Als Bestatter Luc Conrad holte er zwischen 2013 und 2019 in sieben Staffeln Topquoten, die SRF-Serie «Der Bestatter» wurde mehrfach ins Ausland verkauft. Er glänzte aber auch in Spielfilmen, zuletzt 2020 in «Moskau Einfach!» von Micha Lewinsky (48).

Der gebürtige Grenchner Mike Müller (57) kam über ein Philosophiestudium zur Schauspielerei. Schweizweit bekannt wurde er durch seine Parodien im SRF-Magazin «Viktors Spätprogramm» – insbesondere als Vortragsexperte Hanspeter Burri. Mit Viktor Giacobbo (69) bestritt Müller von 2008 bis 2016 den satirischen Wochenrückblick «Giacobbo/Müller» und 2019 die Jubiläumstournee des National-Circus Knie. Als Bestatter Luc Conrad holte er zwischen 2013 und 2019 in sieben Staffeln Topquoten, die SRF-Serie «Der Bestatter» wurde mehrfach ins Ausland verkauft. Er glänzte aber auch in Spielfilmen, zuletzt 2020 in «Moskau Einfach!» von Micha Lewinsky (48).

Haben Sie an Ihrem eigenen Verhalten eine Veränderung festgestellt?
Ich trage immer noch dann eine Maske, wenn ich finde, es passt. Auch wenn mir die Leute sagen, dass es keine mehr brauche. Wenn man sich schützen will, soll man das tun können. Ich persönlich hätte die Maskenpflicht in Innenräumen durchgezogen. Es gibt keinen gescheiten Grund, noch mehr Tote zu riskieren. Ich gehe auch nicht mehr so nah an die Rampe heran beim Spielen, wenn ich laut bin, sondern spreche lieber auf die Seite hinaus. Zum Glück ist Küssen mit einem Schauspieler auf der Bühne schwierig (lacht). Aber ich finde, wenn man geimpft ist und eine Maske trägt, ist man auf der sicheren Seite. Und irgendwann muss man die Orgel auch wieder laufen lassen können.

Haben Sie eine kluge Idee, wie man die Impfquote erhöhen könnte?
Ehrlich gesagt nein, da bin ich ratlos. Ich kenne Leute, die sich nicht impfen lassen wollen, weil sie Angst haben. Das muss man akzeptieren. Ich will auch nicht über alle Impfskeptiker herziehen. Aber bei einem Grossteil muss ich sagen: Ihr seid schlicht und einfach verwöhnt. Ihr wisst nicht mehr, was Polio bedeutet. Ich hatte noch einen Schulkameraden mit Kinderlähmung, das war schlicht nicht lustig. Man vergisst, was wir der Medizin alles zu verdanken haben. Und es ist eine Schande, dass wir mit einer Quote von 80 Prozent diese Pandemie innert vier Wochen bodigen könnten, und wir tun es nicht. Das finde ich asozial.

Und was halten Sie von Showgrössen, die vor Publikum auftreten, sich aber gleichzeitig über die Massnahmen aufregen?
Wenn Künstler während ihres Auftritts Massnahmen ändern wollen, ist das übergriffig fürs Publikum und zeugt von einem übersteigerten Ego. Da finde ich Gölä und Trauffer konsequent und ehrlich, die sagen, wir verschieben unsere Konzerte lieber nochmals.

Ihr Branchenkollege Marco Rima will aus Protest gegen die Massnahmen überhaupt nicht mehr auftreten ...
Ja, soll er doch. Ich bin froh, dass es Tramchauffeure, Verkäuferinnen und Pöstler gibt, die einfach arbeiten. Wenn es ein paar Künstler gibt, die sich wichtig nehmen und Schwierigkeiten machen, muss ich sagen, ist mir das recht egal.

Wann kommt eigentlich das erste grosse Corona-Comedy-Programm? Und wer wird es machen?
In der ersten Welle dachte ich, ich halte am besten die Klappe. In der zweiten und dritten Welle dachte ich, man müsste sich dies ernsthaft überlegen. Aber wäre es auch abendfüllend? Zu sagen, alle, die sich nicht impfen lassen, gehören auf den Mond: Damit kann man keine Stücke machen. Witze und Sprüche gibt es ja schon seit geraumer Zeit, siehe Twitter etc. Und Covid beschränkt sich ja nicht nur auf die Theaterbühne. Wann das erste Musical kommt, weiss ich nicht. Mir selber kommt einfach nicht sehr viel Lustiges zum Thema in den Sinn, dafür sind zu viele Menschen gestorben.

Welche neuen Projekte verfolgen Sie denn? Und wann folgt der nächste Film?
Film ist etwas schwierig zurzeit. Und für jene Serienstoffe, die ich wollte, fand ich keine Partner. Andere Geschichten sind noch nicht spruchreif. Ich konzentriere mich jetzt darauf, die zwei aktuellen Projekte wieder zum Laufen zu bringen. Mit genug Kondition und Lust. Nicht dass die Leute das Gefühl haben: Der arme Cheib bricht jetzt gleich zusammen und ich bekomme noch Geld zurück. Es sollte leicht und luftig sein.

Wie weit sind Sie eigentlich von der Ergreifung der Weltherrschaft entfernt, die Sie auf Ihrer Homepage als grosses Ziel angeben? Und welche Staatsform würden Sie wählen?
Im Moment läuft es gerade nicht so gut (lacht). Und alles andere als eine Demokratie wäre für einen Schweizer nicht akzeptabel. Aber wir sehen ja schon bei uns, wie schwierig es ist, sie herzustellen und zu erhalten. Es braucht Tradition und Erfahrung, die verunglückte Nationenbildung der Amerikaner in Afghanistan ist der beste Beweis.

Wo wäre der Regierungssitz?
Natürlich in Olten, dann würde ich wieder pendeln. Am besten gleich im Bahnhofbuffet oder in einer nahen, stillgelegten Fabrik. Da findet sich immer etwas. Ein paar Böden reinziehen, Anschlüsse installieren und fertig.

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