Vor drei Wochen gewann er in Los Angeles einen Emmy Award, den bedeutendsten Fernsehpreis der USA. Doch Komponist Mark Bächle (44) will sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen: Der Basler arbeitet bereits an seiner nächsten Filmmusik, für den Netflix-Thriller «The Good Nurse». «Ich bin ein Arbeitstier», sagt er am Telefon in seinem Ferienhaus in den Hamptons. «Wenn ich komponieren kann, bin ich am glücklichsten.»
Bächle zog mit 19 Jahren in die USA. Ursprünglich wollte er bloss ein Jahr am renommierten Berklee College of Music in Boston studieren. «Ich bekam ein Stipendium. Meine Eltern waren überzeugt, dass ich nach Ablauf des Jahres dann schon wieder heimkehren werde, um noch was Richtiges zu lernen», erinnert er sich lachend. Die Eltern irrten sich. Bächle schloss das vierjährige Musikstudium ab.
In Boston in eine Schweizerin verliebt
In Boston lernte er Ende der 90er-Jahre seine spätere Frau Charmaine Landicho (47) kennen. Die Genfer Psychologiestudentin war zu Besuch bei ihrem besten Freund, Bächles Uni-Zimmernachbar. Prompt verliebte er sich in sie. 2000 zogen sie zusammen nach New York. «Auch dort wollten wir eigentlich bloss ein Jahr bleiben», sagt Bächle. «Mittlerweile sind wir bereits 21 Jahre hier.»
Der Beginn seiner Karriere verlief harzig: Bächle musste Werbespots vertonen und machte Musik für Kindersendungen. Nach und nach erhielt er erste Aufträge, Soundtracks für kleinere Independent-Filme zu komponieren. Das gelang ihm, weil er in den Nullerjahren als Assistent von Elliott Goldenthal (67) arbeitete. Dieser gilt dank der Musik von Blockbustern wie «Heat» (1996), «Frida» (2002) und mehreren «Batman»-Teilen als legendär. «Von ihm lernte ich nicht nur ungemein viel, was Filmmusik angeht», sagt Bächle, «durch ihn konnte ich auch sehr viele Kontakte knüpfen.»
«Noah» und «Rebecca»
Der erste grosse Hollywood-Film, zu dem der Schweizer die Musik beisteuern konnte, war «Public Enemies» mit Johnny Depp (58) im Jahr 2009. Ein anderer Kinohit kam fünf Jahre später: «Noah» mit Russell Crowe (57). Ein riesiges Publikum erreichte letztes Jahr auch das Netflix-Drama «Rebecca», das Bächle orchestrierte.
«Die Musik zu einem Film muss in der Regel in ein bis zwei Monaten komponiert und eingespielt sein», erklärt Bächle. «Um das zu schaffen, werde nicht an den Kosten gespart.» Das sei für ihn das Reizvollste an seiner Arbeit. «Würde ich für mich eine Sinfonie schreiben, bräuchte ich dafür mindestens ein Jahr, weil ich alles selber machen müsste. Filmmusik hingegen muss schnell gehen, umso mehr Menschen sind involviert.» Bächle dirigiert bisweilen bis zu 200 Musiker.
Emmy für Dok-Reihe
Den begehrten Emmy Award gewann er für ein relativ kleines Projekt: die Vertonung der vierteiligen Dokumentarreihe «Tending Nature». «Wie alle in der Filmbranche hatte auch ich während der Corona-Pandemie nicht viel Arbeit», sagt Bächle. «Die gesamte Industrie stand praktisch still, mit Ausnahme von ein paar Dok- und Werbefilmen.»
In die Schweiz zurückkehren wird Bächle kaum mehr. «Wir sind hier längst heimisch geworden», sagt er. Das Leben in den USA könne zwar sehr unbarmherzig sein, «es bietet aber noch immer wahnsinnig viele Möglichkeiten».
Begeisterter Tambour
In der Schweiz hätte er eine solche Karriere wohl nicht machen können. «Man muss in Amerika härter arbeiten, noch kreativer und frecher sein als die anderen», glaubt Bächle. «Schafft man das, dann stellt sich irgendwann der Erfolg ein. Schafft man es nicht, bleibt man früher oder später auf der Strecke.»
Seine alte Heimat besucht Bächle gleichwohl regelmässig. «Als begeisterter Tambour komme ich gerne jedes Jahr an die Basler Fasnacht. Das ist für mich jeweils ein Highlight», sagt er lachend.