US-Superstar Halle Berry (54) steht in ihrem neuen Film vor und hinter der Kamera
«Ich habe mir fast in die Hose gemacht»

Fast 20 Jahre nach ihrem Oscargewinn gibt Halle Berry nun ihr Regiedebüt. «Man muss den Mut haben, zu kämpfen», sagt sie. «Insbesondere, wenn du eine schwarze Frau in Hollywood bist.»
Publiziert: 13.08.2021 um 20:11 Uhr
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Halle Berry hat sich während des Drehs von «Bruised» mehrere Rippen gebrochen.
Foto: Getty Images
Interview: Dierk Sindermann

Sie dachte, ihr Stellenwert in Hollywood würde sich über Nacht ändern – «was nicht passiert ist». Nach ihrem historischen Oscargewinn für «Monster’s Ball» vor fast 20 Jahren glaubte Halle Berry (54), dass man ihr danach haufenweise grossartige Rollen anbieten würde. Zu ihrer Enttäuschung bekam sie nicht die Angebote, die sie sich erhofft hatte. Nun beschloss sie, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen. In ihrem neuen Film «Bruised» – er läuft demnächst auf Netflix – gibt sie ihr Regiedebüt. Und übernimmt auch die Hauptrolle als eine Martial-Arts-Kämpferin.

Sie spielen eine in Ungnade gefallene MMA-Kämpferin, die eine letzte Chance im Ring bekommt. Was hat Sie an der Rolle gereizt?
Halle Berry: Ich spielte schon immer gebrochene, etwas kaputte Filmfiguren, die es hart im Leben haben. Underdogs, missverstandene Menschen. Ich kann mich mit denen am besten identifizieren. Weil ich selbst in meinem Leben harte Erfahrungen machen musste und selbst teilweise gebrochen und sehr angeschlagen war. Rollen können einem sehr helfen, sich selbst zu heilen.

Inwiefern?
Wenn man tief in eine solche dunkle Rolle eintaucht, gibt man auch Sachen von sich preis, die sonst versteckt bleiben. Die Chance zu bekommen, die eigenen Torturen noch einmal zu beleuchten und damit umgehen zu können, zieht mich an. Es war das erste Mal so mit meiner Rolle als Leticia in «Monster’s Ball». Ich bin Regisseur Marc Forster bis heute so dankbar, dass er an mich geglaubt und für mich gekämpft hat, um diese Rolle zu bekommen …

… die Ihnen den Oscar als beste Hauptdarstellerin beschert hat. Als erster afroamerikanischen Schauspielerin überhaupt.
Das Traurige für mich ist, dass ich damals wirklich geglaubt habe, ich würde nicht lange die Einzige bleiben. Dass weitere schwarze Frauen schon sehr bald neben mir stehen würden. Doch jetzt sind 20 Jahre vergangen. Und jedes Jahr habe ich gedacht «Jetzt aber»! Es bricht mir das Herz, dass ich immer noch allein dastehe.

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Schauen Sie sich Ihre alten Filme an?
Früher nie. Doch für mein Debüt als Regisseurin hatte ich keine andere Wahl. Ich wollte das Beste aus mir als Schauspielerin herausholen. Es war echt das Härteste für mich, Szenen mit mir selbst immer und immer wieder studieren zu müssen.

Einige Szenen in «Bruised» sind ebenfalls hart zum Anschauen, weil Sie ganz schön hart einstecken müssen.
Umso stolzer bin ich darauf, dass ich das mit 54 hinbekommen habe! Wenn man bedenkt, dass früher eine Karriere mit 40 zu Ende war und du in meinem Alter vielleicht noch eine Oma-Rolle bekommen hast. Ich fand es anfangs selbst einfach nur verrückt, als die Produzentin mir vorschlagen hat, selbst vor der Kamera in den Ring zu steigen. Dabei war die Rolle ursprünglich einer 25-Jährigen auf den Leib geschrieben. Ich wusste, es würde hart. Und dass ich härter als je zuvor arbeiten müsste.

Sie brachen sich während der Dreharbeiten die Rippen und filmten trotzdem weiter.
Die Regisseurin in mir hat gesagt: «Wir können nicht stoppen.» Und auf die habe ich gehört (lacht).

Wie fühlte es sich an, die Kontrolle auf dem Set zu haben?
Um ehrlich zu sein, ich habe mir anfangs vor Angst fast in die Hose gemacht (lacht). Aber jedem Regisseur, den ich gefragt habe, geht es vor einem neuen Film so. Man macht sich Sorgen, ob man auch wirklich das Beste herausholen kann.

Wie gehen Sie mit Stress um?
Meditation hilft mir sehr. Sie gibt mir Klarheit vor schweren Entscheidungen, die ich treffen muss. Und auch meine Kinder geben mir viel Halt, auch innere Ruhe. Sie erinnern mich daran, was wirklich wichtig ist im Leben. Sie halten mich auf dem Boden.

Hat man als Regisseurin einen Vorteil, wenn man selbst lange vor der Kamera gestanden ist?
Ich glaube, man hat es nach 30 Jahren Schauspielerei einfacher, mit anderen Schauspielern zu kommunizieren. Man weiss selbst, was man vom Regisseur hören will. Ich liebe die Schauspielerei und ich liebe Schauspieler. Deshalb habe ich ihnen auch eine lange Leine gelassen, ihren eigenen Ansatz mit in ihre Rollen hineinzubringen.

Was wäre Ihr Tipp für junge Schauspielerinnen?
Man muss authentisch sein und möglichst viel von sich selbst in die Rollen hineinstecken. Und man muss den Mut haben, zu kämpfen. Insbesondere, wenn du eine schwarze Frau in Hollywood bist. Lass dich nicht von Furcht leiten, sondern von Wissen und Stärke.


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