Emil und Niccel Steinberger
«Unsere Liebe ist auch nach 25 Jahren noch frisch»

Sie sind Tag und Nacht zusammen. Emil und Niccel Steinberger erzählen, wie sie es schaffen, sich nicht auf die Nerven zu gehen, was sie während der Pandemie gemerkt und gelernt haben und was Emil mit 88 Jahren noch vorhat.
Publiziert: 23.05.2021 um 16:42 Uhr
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Starkomiker Emil Steinberger mit Gattin und Künstlerin Niccel Steinberger. Humor ist ein Rezept ihres Liebesglücks.
Foto: Zvg
Interview: Flavia Schlittler

Zwei Individuen, eine Symbiose. Der bekannteste Schweizer Kabarettist Emil Steinberger und seine Gattin, Künstlerin Niccel, ergänzen sich in Liebe, Kreativität und Gleichtakt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie auf die meisten Fragen nicht zwei Antworten geben, sondern nur eine, die für beide stimmt. Wer mit ihnen sprechen will, tue dies am besten um zwei Uhr morgens, den Tag nutzten sie für die Fertigstellung seiner Biografie. Es war denn auch um die Zeit, die sie sich genommen haben, das Interview schriftlich zu beantworten.

SonntagsBlick: Herr und Frau Steinberger, am 28. Mai feiern Sie Ihren 22. Hochzeitstag. Welche Gefühle löst das aus?

Emil und Niccel Steinberger: Wir sind in diesem nun Jahr seit 25 Jahren Tag und Nacht zusammen, also ein Vierteljahrhundert. Das Schöne ist, dass es sich gar nicht so anfühlt, sondern immer noch frisch. Die nächsten 25 Jahre können kommen.

Die Trennung nach 27 Jahren von Microsoft-Gründer Bill Gates und Melinda sorgte für grossen Wirbel. Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?
Menschen, die in dieser Liga arbeiten und leben, haben es als Paar nicht gerade leicht. Von daher sind 27 Jahre Gemeinsamkeit schon eine tolle Leistung. Wenn man merkt, dass es für beide oder einen von ihnen nicht mehr stimmt oder nie so richtig gestimmt hat, ist eine Trennung sicher besser, als krampfhaft beieinander zu bleiben und darunter zu leiden.

Sie sind Tag und Nacht zusammen da geht man sich doch auch mal auf die Nerven.

Wir kleben nicht Stunde um Stunde aneinander, sondern arbeiten beide sehr konzentriert und fleissig in Büro und Atelier – und freuen uns auf die nächste gemeinsame Kaffeepause.

Wie würden Sie Ihr Eherezept beschreiben?
Man nehme eine Prise Verliebtheit … Nein, im Ernst, ein Rezept gibt es nicht. Aber wichtig ist sicherlich, dass wir beide von Anfang an in unserer Beziehung gleichberechtigt waren, uns gegenseitig ernst nehmen. Wir lieben es nicht, wenn Paare sich nach dem Schema «Männlein, Weiblein» aufteilen.

Wie wichtig ist Humor in einer Ehe?
Extrem wichtig – vor allem, dass man über die gleichen Dinge lachen kann. Wenn man dem Partner erklären muss, warum man über etwas gelacht hat oder sich sogar dafür entschuldigen muss, ist schon der Wurm drin.

Wann werden Sie ernst?
Wenn es einem von uns nicht gut geht oder wenn einer von uns durch andere schlecht oder ungerecht behandelt wird, dann können wir sehr ernst werden.

Herr Steinberger, Sie sind 88 Jahre alt. Wie sehr setzen Sie sich mit der Vergänglichkeit auseinander?
Man kommt ja nicht drum herum, sich in meinem Alter auch damit zu befassen, dass es plötzlich zu Ende sein könnte, in Zeiten von Corona noch mehr. Aber es ergibt keinen Sinn, sich deshalb irrezumachen oder sich wie ein Mantra immer wieder zu sagen: «Ich bin alt – ich bin alt.» Ich fühle mich nicht wie 88 und konzentriere mich lieber auf meine schönen Projekte, die ich noch verwirklichen will.

Frau Steinberger, wie machen Sie das?
Seit dem Tod meines Bruders Chris vor vier Jahren, der mit 54 viel zu früh gehen musste, ist mir noch viel bewusster geworden, dass jedes zusätzliche Lebensjahr ein kostbares Jahr ist. Und das gilt auch für jedes gemeinsame Jahr mit Emil. Abgesehen davon: Keiner weiss, wer von uns beiden früher gehen muss. Das betone ich immer wieder gegenüber Emil.

Herr Steinberger, Sie sind letztes Jahr laut geworden. Vom Bundesrat forderten Sie klarere Vorschriften, von der SRG mehr Humor.
Es ist nicht einfach, Vorschriften zu erlassen, die für ein ganzes Land Gültigkeit besitzen sollen. Deshalb gab es immer wieder Bestimmungen, bei denen das Wort «empfohlen» angehängt wurde. Bei der SRG hatten sie es nicht begriffen, dass wir während des Tages nicht nur immer Musik und Gesang hören wollen, sondern auch Komik, was der medizinisch bewiesenen Heilkraft des Lachens gerecht geworden wäre. Eine traurige Erkenntnis ist, dass sich durch die Pandemie unsere Gesellschaft immer stärker spaltet. Wir hätten nicht erwartet, dass es so viele egozentrische Menschen bei uns gibt, die behaupten, Corona existiere nicht, die Massnahmen seien ein Betrug und unsere Demokratie sei in Gefahr. Zum Glück handelt es sich dabei um eine Minderheit, denn Egoisten dürfen für ein Land wie die Schweiz nicht massgebend sein.

Hat Ihnen die Corona-Krise Schaffenszeit und Lebenszeit gestohlen?
Sicher forderte uns die Pandemie ab, flexibel zu sein und viele Vorhaben abzusagen oder auf ungewiss zu verschieben. Aber Lebenszeit hat uns das sicherlich nicht gestohlen. Wir haben auch kostbare, wichtige Erfahrungen sammeln können. Und wir sind uns bewusst, dass wir in der Schweiz doch gut durch diese Krise geführt werden. Kürzlich hat jemand schön gesagt: «Wenn das Masketragen unser einziges Problem ist, dann geht es uns doch sehr gut.»

Sie sind keine Impffreunde ...
Nein. Und wir haben uns auch Zeit gelassen. Es gab anfänglich ja viele Kontroversen um die Impfstoffe. Doch wir haben uns dafür entschieden, um diesem Virus endlich den Garaus machen zu können und andere und uns zu schützen.

Was wollen Sie beide noch erleben?
Wir fiebern dem Moment entgegen, wo Emils Autobiografie fertig ist und wir wieder gemeinsam im Atelier malen können. Sie ist ein wahrer Gewaltakt und wird uns die nächsten Monate viel Kraft abverlangen. Es ist auch schön mitzuerleben, wie Niccel Erfolge mit ihrer Kunst feiert.

Heute ist Pfingsten. Glauben Sie an Gott?
Vielleicht wäre auch die Frage interessant. Glaubt Gott an uns?

Liebe ist ...
Emil Steinberger: Ein Zustand, an dem sich die Pharmaindustrie nicht bereichern kann.
Niccel Steinberger: Worauf jeder Mensch Anspruch hat.

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