Emil Steinberger ist ein Phänomen. Auch mit 91 Jahren tourt der wohl bekannteste Komiker der Schweiz noch durchs Land. Blick hat mit ihm gesprochen – oder genauer: geschrieben. Denn der Grand Monsieur des Humors beantwortet Fragen am liebsten spätnachts, schriftlich.
Herr Steinberger, am 6. Januar sind Sie 91 Jahre alt geworden. Geboren am Dreikönigstag. Worauf waren Sie als Kind neugieriger, ein Stück vom Dreikönigskuchen oder die Geschenke?
Emil Steinberger: Da Neugierigsein eines meiner grossen Mottos ist, war in meiner Kindheit das Entdecken des im Brotteig versteckten Königs natürlich eine grosse Freude. Unter uns gesagt: Im Kindergarten musste ich das Christkind spielen, und später wurde ich mit goldiger Krone bereits zum «König». Was für eine Karriere!
Der gebürtige Luzerner Emil Steinberger – seit 2008 ist er Ehrenbürger – ist seit den frühen 70er-Jahren als Kabarettist im ganzen deutschsprachigen Raum erfolgreich. Sketches wie «S'Chileli vo Wasse» oder «Der Kinderwagen» sind Teil des Schweizer Kulturguts geworden. Zur ungemein grossen Popularität des gelernten Postbeamten trugen auch seine legendären Knie-Gastspiele oder die Hauptrolle im Film «Die Schweizermacher» bei. Nach einem längeren Aufenthalt in New York (USA) heiratete er 1999 seine heutige Gattin Niccel (57) und kehrte mit ihr in die Schweiz zurück. Seit 2014 lebt das Ehepaar in Basel.
Der gebürtige Luzerner Emil Steinberger – seit 2008 ist er Ehrenbürger – ist seit den frühen 70er-Jahren als Kabarettist im ganzen deutschsprachigen Raum erfolgreich. Sketches wie «S'Chileli vo Wasse» oder «Der Kinderwagen» sind Teil des Schweizer Kulturguts geworden. Zur ungemein grossen Popularität des gelernten Postbeamten trugen auch seine legendären Knie-Gastspiele oder die Hauptrolle im Film «Die Schweizermacher» bei. Nach einem längeren Aufenthalt in New York (USA) heiratete er 1999 seine heutige Gattin Niccel (57) und kehrte mit ihr in die Schweiz zurück. Seit 2014 lebt das Ehepaar in Basel.
91 und noch immer auf Tour und das erst noch mit vollem Haar. Wie schaffen Sie das nur?
Die Haarpflege ist meine tägliche Hauptarbeit. Ich begiesse die Haare morgens als Erstes mit Eiswasser, reibe sie dann mit Tafelbutter ein, um sie dann mit dem Föhn in Gegenrichtung zu föhnen, also gegen den Willen der Haare, damit sie sich wellenförmig auf den Haarboden legen. Aber auch vieles andere ist bei mir «voll», der Kalender, der Stundenplan, das Glas – nur ich selber war noch nie voll. Furchtbar, sagen Kollegen, «du weisst also gar nicht, was für ein Gefühl es ist, besoffen zu sein? Und das mit 91 Jahren!» So schafft man das.
Gemäss dem künstlichen Intelligenz-Tool ChatGPT sind Sie seit Jahrzehnten so beliebt, weil Sie auf intelligente, einmalige und nahbare Art und Weise Charaktere und Alltagssituationen darstellen, mit denen sich viele identifizieren können, und so eine besondere Nähe zum Publikum herstellen. Haben Sie etwas hinzuzufügen?
Hinzufügen möchte ich nur, dass die von ChatGPT servierte Schilderung über mein Schaffen vermutlich innert sensationell weniger Sekunden zu lesen war. Der Radiomann Guido Baumann schrieb 1973, dass ich ein Menschendarsteller sei. Das wäre noch eine kürzere KI-Antwort gewesen. Ich frage mich gerade, wieso sitze ich schon seit zwei Stunden am Computer, um die Blick-Fragen zu beantworten? KI hätte das doch innert Sekunden erledigt. Ich möchte noch bemerken, dass man den Namen ChatGPT, wenn man zwei Implantate im Gebiss hat, nicht mehr feuchtlos aussprechen kann.
Haben Sie je eine Frage an KI gestellt?
Aber sicher, sonst wäre ich ja nicht, wie ich schon sagte, neugierig. KI sollte mir ein Märchen von einer Spinne erzählen, die im Rachen eines Haifischs die Orientierung verloren hat. Wir Anwesenden konnten über das Resultat nur sagen: «Hut ab!»
Sehen Sie KI als Segen oder Fluch?
Da ich kein Vertrauen in gewisse Welt-Politiker habe, die sich dem Bösen und der Lüge verschrieben haben, um ihre Macht zu erhalten oder auszubauen, muss ich befürchten, dass KI verantwortungslos und für den reinen Machterhalt eingesetzt werden wird. Es werden dadurch in den nächsten Jahren neue Katastrophen auf uns zukommen. Natürlich können Gesetze geschaffen werden, die der KI Grenzen setzen sollen. Aber wir wissen alle, wie kompliziert und zeitraubend es ist, solche Vorschriften weltweit in Kraft zu setzen und den Missbrauch zu ahnden. Vermutlich ist es schon jetzt zu spät.
Letzten Monat haben Onlinebetrüger in Ihrem Namen eine Website aufschaltetet. Haben Sie Anzeige erstattet?
Natürlich haben wir diese Seite beim zuständigen Provider gemeldet und auch beim Nationalen Zentrum für Cybersicherheit und wurden von beiden gelobt. Dass viele Zeitungen darüber berichteten, war aber eher kontraproduktiv, weil in den sozialen Medien noch mehr Fake-Emil-Steinbergers auftauchten, gegen die wir auch wieder vorgehen mussten. Das ist längst nicht mehr witzig und frisst viel Zeit und Nerven. Ich möchte nicht, dass meine Fans durch solche Kriminelle geschädigt werden, aber es ist ein fast aussichtsloser Kampf.
Sie und Ihre Frau wurden kürzlich vom Türsteher nicht zur Bundesratsfeier von Beat Jans in Basel eingelassen. Wie sehr hat Sie das geärgert?
Wir wollten dem herzerfrischenden, neuen Bundesrat Beat Jans irgendwo auf der Strasse gratulieren und landeten plötzlich in einer Schlange vor dem Volkshaus in Basel. Plötzlich standen wir vor einem Türsteher mit eindeutigen Kompetenzen. Er liess uns nicht rein, da wir keine Badges besassen. Erst da bemerkten wir, dass wir in einer Schlange für geladene Gäste gelandet waren. Direkt hinter uns stand die Politikerin Jacqueline Badran, die uns gerade freudig begrüsst hatte und sich wunderte, warum wir kehrtmachten. Und so setzte sie alle Hebel in Bewegung, unterstützt durch Eva Herzog und andere, dass wir doch noch ins Volkshaus durften.
Dann hat es doch geklappt!
Wie ein Wunder hingen plötzlich die Badges um unsere Hälse, und wir durften an einem Essen zu Ehren von Bundesrat Beat Jans teilnehmen. Der verrückteste Moment war, als Beat Jans plötzlich hinter mir stand. In einem Saal von 300 essenden, geladenen Gästen. Und ich im Strassenanzug!
Wie finden Sie den Zustand der Humor-Sendungen bei SRF?
Kürzlich sahen wir die politischen Jahresrückblicke von Dieter Nuhr und Urban Priol. Zwei Feuerwerke oberster Klasse, wie es auch Michael Mittermeier ist. So etwas gibt es leider bei uns in der Schweiz nicht. Wir können das nicht, beherrschen es nicht, wagen es auch nicht. Denn jeder würde mit einer Flut böser Briefe überhäuft. Beschwerdebriefe und Mails würden beim SRF die Briefkästen füllen. Themen, die man satirisch behandeln könnte, gäbe es bei uns genauso wie in Deutschland. Aber vielleicht fehlt uns einfach der Mut, die Zustände humoristisch darzustellen. Obwohl, im Archivkeller des SRF gäbe es noch viele gute Beispiele, wie man das früher gemacht und gewagt hat. Aber das Wort Archiv passt nicht mehr zum jugendlichen Publikum, das man auf allen Sendern nur noch anpeilt.
Was halten Sie von der Halbierungs-Initiative?
Es ist erschreckend, was mit so einer Initiative kaputtgemacht werden kann. Die Leute hören nur, dass sie weniger zahlen müssen, und sind dafür. Aber wenn sie mal schauen, was sie ohne zu murren monatlich an Netflix, Spotify und viele andere an Abokosten zahlen, da ist nicht die Rede von Abschaffen, Kosten-Halbieren und Ähnlichem.
Zurück zum Thema feiern. Im Mai steht die silberne Hochzeit mit Ihrer Gattin Niccel an. Schon Pläne für den 28. Mai?
Das muss ich schnell Niccel mitteilen. Das ahnt sie gar nicht. Wir haben ja nicht mal Silberbesteck. Im Ernst: Wir entscheiden solche Dinge oft sehr kurzfristig und spontan. Und es kommt leider immer wieder vor, dass wir zu kurzfristig überlegen, was wir unternehmen könnten. Aber dann ist schon alles ausgebucht, und wir machen uns in unseren vier Wänden eine gute Zeit.
Seit 27 Jahren sind Sie Tag und Nacht zusammen. Was ist Ihr Beziehungsgeheimnis?
Geheimnis? Das einzige Mal, dass Niccel mir etwas verheimlicht hat, war, als sie mithalf bei der Sendung «Verstehen Sie Spass?». Neun Monate lang musste sie mir das verheimlichen, was gar nicht einfach war. Aber sie hielt dicht. Da haben wir gespürt, was es für andere heissen muss, Seitensprünge und Ähnliches verheimlichen zu müssen. Das kennen wir zum Glück nicht.
Da muss doch mehr sein?
Wir haben das grosse Glück, uns für die gleichen Dinge zu interessieren und ähnliche Sachen zu lieben. Das betrifft Kunst, Kultur, Musik … sogar beim Essen haben wir sehr ähnliche Vorlieben oder Aversionen. Wir müssen manchmal selber darüber lachen. Wir sind füreinander da und machen uns bei unseren Projekten gemeinsam stark für die Sache. Das verbindet. Und wir empfinden uns gegenseitig immer noch als extrem anziehend und liebenswert. Das ist ein grosses Glück.
Gibt es Momente, in denen Sie die 32 Jahre Altersunterschied spüren?
Darüber sprechen wir nie. Es ist einfach kein Thema. Es passt alles zusammen. Wieso sollen wir darüber grübeln, ob es ein Wagnis ist, mit so einem Altersunterschied eine Beziehung einzugehen? Was wir nie gemacht haben in unserer Beziehung, gegenüber dem anderen mit dem Alter zu argumentieren – im Sinne von «dafür bist du noch zu jung – werd erst mal so alt wie ich» oder «das kannst du in deinem Alter nicht mehr verstehen». Es klappt einfach.
Ihr grösster Wunsch für das neue Jahr?
Ich wünsche mir, was sich sehr viele Menschen im Stillen wünschen, dass die Welt zur Besinnung kommt. So wie es jetzt aussieht, wird sich dieser Wunsch wohl nicht erfüllen. Niccel und mir tun die Kinder und Jugendlichen leid, die ihr ganzes Leben noch vor sich haben, die von einer schönen Zukunft träumen und sie planen möchten. Doch wir Älteren sorgen nicht nur dafür, dass das Klima immer verrückter spielt, wir legen auch noch die ganze Welt in Schutt und Asche, lassen den Nationalismus wieder aufkeimen, den Hass gegenüber anderen. Man meinte, alles sei auf einem so guten Weg gewesen. Aber die Schäden, die wir tagtäglich anrichten, werden zukünftige Generationen extremst belasten.