Kaum zu glauben! Der Kabarettist wird heute 85
Deshalb bleibt Emil jung

Emil Steinberger schaut zwanzig Jahre jünger aus, als er ist. Trotzdem will er nicht mehr auftreten, sondern lieber als Zuschauer ins Theater gehen.
Publiziert: 05.01.2018 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2023 um 10:03 Uhr
Der Kabarettist will künftig als Zuschauer ins Theater
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Happy Birthday Emil Steinberger!Der Kabarettist will künftig als Zuschauer ins Theater
Anita Plozza

Nicht versteckt, nur etwas abseits sitzt Emil Steinberger in einer Basler Buchhandlung und signiert seine Bücher, CDs und DVDs. Ihm gegenüber sitzt seine Frau Niccel (52). Kunden erkennen ihn und sprechen ihn an. Emil grüsst freundlich zurück, hält ein Schwätzchen und strahlt. Warum nur sieht der Mann auch mit 85 Jahren noch immer aus wie 65?

Als Antwort kommt zuerst Emils typisches Schmunzeln: «Ich weiss es auch nicht. Als ich kürzlich mit Niccel in der Drogerie war, um ihren Lippenstift zu kaufen, habe ich zum ersten Mal gesehen, wie viele Schönheitsprodukte für Männer es gibt. Verrückt! Wer braucht das alles?» Emil offenbar nicht. Der Sport kanns auch nicht sein: «Ja, ich bewege mich zu wenig. Das verbindet mich auch mit meiner Frau, wir sind beide überzeugte Sportmuffel», sagt er lachend. Und holt aus: «Oft schmunzle ich, wenn ich lese, was die Sportler alles für Beschwerden haben: Knie kaputt, Muskelrisse... für mich ist es nicht so eindeutig, dass Sport das Beste ist.»

Emil am TV

Zum 85. Geburtstag zeigt SRF  vier Mal Emil

Samstag, 6.1.2018, 14.20 Uhr, SRF 1: «Kassettenliebe» 

Samstag, 6.1.2018, 16.00 Uhr, SRF 1: «Emil auf der Post» 

Samstag, 6.1.2018, 20.10 Uhr, SRF 1: «Emil – No einisch» 

Sonntag, 7.1.2018, 18.50 Uhr, SRF 1: Emil ist Gast bei «G&G Weekend»

Zum 85. Geburtstag zeigt SRF  vier Mal Emil

Samstag, 6.1.2018, 14.20 Uhr, SRF 1: «Kassettenliebe» 

Samstag, 6.1.2018, 16.00 Uhr, SRF 1: «Emil auf der Post» 

Samstag, 6.1.2018, 20.10 Uhr, SRF 1: «Emil – No einisch» 

Sonntag, 7.1.2018, 18.50 Uhr, SRF 1: Emil ist Gast bei «G&G Weekend»

Nichts ohne seine Niccel

Seit 60 Jahren steht Emil auf der Bühne. Angefangen hat er in einem Ensemble, das sich bald auflöste. Lange habe er sich überlegt, ob er als Solokünstler allein weitermachen wolle. «Ich merkte rasch, dass ich es liebte, die Leute zum Lachen zu bringen. Also bin ich jeweils abends in und um Luzern aufgetreten.» Und sein Radius wurde schnell grösser. Als sogar Buchungen aus Deutschland kamen, wurde es schwierig, nach den Vorstellungen noch heimzufahren, um am nächsten Morgen wieder pünktlich im Büro zu sein. Es habe Zeiten gegeben, in denen er sieben Tage die Woche abends aufgetreten sei, da habe er seinen Job als Grafiker aufgegeben. 

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Emil Steinberger verliebt mit seiner Frau Niccel.
Foto: Siggi Bucher

Noch im vergangenen Jahr stand Emil regelmässig auf der Bühne. Für 2018 habe er sich jedoch vorgenommen, nichts zu tun. «Na ja, so gar nichts geht natürlich nicht. Ich mache keine Auftritte, aber natürlich gibt es immer etwas zu tun. Allein wenn ich an mein Archiv denke, das längstens mal aufgeräumt werden müsste.»

Er freue sich auch, mit Niccel einfach mal ins Theater oder ins Kino zu gehen. «Mal wieder Lorenz Kaiser, Marco Rima oder die Ex-Freundinnen auf der Bühne zu sehen, darauf freuen wir uns.» Auch reisen wollen die beiden wieder. «Ich würde so gerne wieder mal für drei oder vier Monate nach New York. Ins Leben dort eintauchen», schaltet sich Niccel ein.

New York ist die Stadt, die das Paar verbindet. Sie haben sich dort 1996 kennengelernt und 1999 geheiratet. «Es war eine tolle Zeit. Trotzdem sind wir gerne wieder zurückgekommen. Aber nach New York, um Ferien zu machen: gerne immer wieder!»

Heute zählt das Wort mehr als die Mimik

Was hält Emil von der heutigen Art des Humors? «Wir haben uns früher beim Spielen mehr Zeit genommen, heute zählt das Wort mehr. Ich spiele halt gern auch mit der Mimik, das fehlt bei vielen. Und früher machte man über ein Thema – zum Beispiel Politik – eine ganze Nummer, heute wird alles angeschnitten, es geht rasch von einem Thema zum anderen. Wichtig scheint einfach, Gags zu landen.» 

Welches war sein eindrücklichstes Erlebnis auf der Bühne? «Erfreulich war, dass an drei Vorstellungen Frauen direkt von der Vorstellung in den Gebärsaal rasten. Durchs Lachen wurden anscheinend die Wehen ausgelöst. Da bin ich dann gerne Götti geworden.»

Ein anderes Mal, als er im Gefängnis spielte, durfte der Saal aus Sicherheitsgründen nicht abgedunkelt werden. «Das mag ich gar nicht, ich sehe die Leute während der Vorstellung nicht gerne an. Da stand ich also 400 Gefängnisinsassen gegenüber und habe ausgerechnet die ‹Polizeihauptwache› gespielt. Dabei schaute ich in verschiedene Gesichter und dachte, läck, dieser sieht böse aus, aber jener dort sieht ja schön und lieb aus, was hat der wohl gemacht, dass er hier sitzt? So in Gedanken versunken, habe ich meinen Text vergessen. Dann hat mir einer der Gefangenen den Text zugerufen, er konnte die Nummer auswendig!»

Das Publikum war auch Ideenlieferant

Speziell – und damals neu – war Emils Idee, das Publikum zu fragen, was er spielen solle. «Das war eine echte Herausforderung. Da kamen Ideen zu Situationen wie zum Beispiel ‹Beim Frauenarzt›, ‹Der 90-Jährige, der eine 80-Jährige geheiratet hat›, ‹Ein Tankstellenwart der kein Benzin mehr hat›. Das machte grossen Spass, war jedoch auch ein Risiko. Was, wenn mir dazu nichts eingefallen wäre? Heute wäre ich nicht mehr so mutig.» 

Inzwischen hat Emil die Bücherberge abgearbeitet, alles ist signiert. Fürs Foto will er seine Niccel mit dabei haben: «Wir verbringen jede Minute zusammen. Sie ist alles für mich, mein Glücksbringer, mein Management, mein Gedächtnis. Wir haben genau die gleichen Ansichten – es ist einfach alles sehr harmonisch», erklärt der Kabarettist sein Liebesglück. 

Franz Hohler (74) gratuliert seinem Freund Emil zum Geburtstag

Lieber Emil,

Wer hätte gedacht, als wir Ende 1969, Anfang 1970 im Kleintheater Luzern die Ideen durchspielten, die Du und ich zusammengetragen hatten, und sie mit einem Revox-Tonbandgerät aufnahmen, dass damit der Komiker Emil geboren war, dem mit seiner Figur eine beispiellose Karriere bevorstand?

Ich.

Ich hatte Dir, nachdem ich Dich und Deine Arbeit kennengelernt hatte, vorgeschlagen, ein Programm zusammen zu entwickeln, bei dem ich darauf achten würde, dass Du nur das machst, was Deine wirkliche Stärke ist. Deinen «Emil» hattest Du damals schon, Du wusstest, dass Du Deine Mitschüler und Mitministranten zum Lachen gebracht hattest, Du hattest immer wieder Kabarett gespielt, im Ensemble und allein, und zu Deinem wirklichen Emil fehlte nicht mehr viel.

Dass Du mir, dem zehn Jahre Jüngeren, vertraut hast, spricht für Deine Risikobereitschaft und Deine Experimentierfreudigkeit, die ich an Dir immer bewundert habe. Kaum hattest Du unerschrocken und mit null Reserven im Rücken ein Kleintheater gegründet, zogst Du schon mit der Eröffnung des «Kino Moderne» nach. Du hast einfach immer daran geglaubt, dass aus dem, was du anpackst, etwas wird.

Ich auch.

Der erste grosse Zweifel kam, nachdem das neue Programm («Geschichten, die das Leben schrieb»), von der «Luzerner Neuste Nachrichten» verrissen wurde. Es sei Dir schwarz geworden vor Augen, sagtest Du mir seinerzeit am Telefon. Meine Empfehlung war: Halte Dich ans Publikum! Und das stürmte sofort die Säle, wo immer Du auftratst.

Das zweite Programm («E wie Emil») entstand auf ähnliche Art. Nachher brauchtest Du meine Mithilfe nicht mehr. Ab und zu kam ich noch als Coach vorbei und machte mir Notizen, und bei jedem meiner kleinen Fragezeichen sah ich, dass Du ganz genau wusstest, wie Du Deine Nummern bautest, wo es eine Pause brauchte und wo nicht, wie das Timing sein musste, damit eine Pointe sass. Was nach Improvisation und Causerie aussah, war Massarbeit. Das letzte Mal fragtest Du mich bei Deinem Programm «Emil – No einisch» um meine Eindrücke. Du würdest es gern noch ein bisschen kürzen, es dauere ja mit der Pause fast drei Stunden. Bei jedem Vorschlag, den ich Dir machte, konntest Du mir sogleich sagen, warum Du gerade das nicht weglassen wolltest, und so musstest Du halt diese drei Stunden durchstehen. Dass Du das geschafft hast, wochenlang Abend für Abend, ist grossartig. Es ist für mich auch eine Ermutigung für das eigene Alter.

Emil, Du bist ein Phänomen – machs weiter gut, ich gratuliere Dir zu Deinem unwahrscheinlichen Geburtstag!

Herzlich,

Franz

PS: Meine Geburtshilfe hast Du nie vergessen. Als es noch Musik-Kassetten gab, wolltest Du mir eine schenken, in der statt der Kassette ein kleiner Goldbarren steckte. Du hieltest sie bereit, als ich in eine Vorstellung kam. Die Vorstellung begann allerdings etwas später, und niemand wusste, warum. Der Grund: Die Kassette mit dem Goldbarren war unter die normalen Kassetten geraten, die zum Verkauf auslagen, und als Du das merktest, bist Du voller Schrecken raus ins Foyer und hast den ganzen Merchandising-Tisch durchsucht, bis Du die Spezialanfertigung gefunden hattest.

Franz Hohler: «Das Publikum stürmte sofort die Säle, wo immer Du auftratst.»
Franz Hohler: «Das Publikum stürmte sofort die Säle, wo immer Du auftratst.»

Lieber Emil,

Wer hätte gedacht, als wir Ende 1969, Anfang 1970 im Kleintheater Luzern die Ideen durchspielten, die Du und ich zusammengetragen hatten, und sie mit einem Revox-Tonbandgerät aufnahmen, dass damit der Komiker Emil geboren war, dem mit seiner Figur eine beispiellose Karriere bevorstand?

Ich.

Ich hatte Dir, nachdem ich Dich und Deine Arbeit kennengelernt hatte, vorgeschlagen, ein Programm zusammen zu entwickeln, bei dem ich darauf achten würde, dass Du nur das machst, was Deine wirkliche Stärke ist. Deinen «Emil» hattest Du damals schon, Du wusstest, dass Du Deine Mitschüler und Mitministranten zum Lachen gebracht hattest, Du hattest immer wieder Kabarett gespielt, im Ensemble und allein, und zu Deinem wirklichen Emil fehlte nicht mehr viel.

Dass Du mir, dem zehn Jahre Jüngeren, vertraut hast, spricht für Deine Risikobereitschaft und Deine Experimentierfreudigkeit, die ich an Dir immer bewundert habe. Kaum hattest Du unerschrocken und mit null Reserven im Rücken ein Kleintheater gegründet, zogst Du schon mit der Eröffnung des «Kino Moderne» nach. Du hast einfach immer daran geglaubt, dass aus dem, was du anpackst, etwas wird.

Ich auch.

Der erste grosse Zweifel kam, nachdem das neue Programm («Geschichten, die das Leben schrieb»), von der «Luzerner Neuste Nachrichten» verrissen wurde. Es sei Dir schwarz geworden vor Augen, sagtest Du mir seinerzeit am Telefon. Meine Empfehlung war: Halte Dich ans Publikum! Und das stürmte sofort die Säle, wo immer Du auftratst.

Das zweite Programm («E wie Emil») entstand auf ähnliche Art. Nachher brauchtest Du meine Mithilfe nicht mehr. Ab und zu kam ich noch als Coach vorbei und machte mir Notizen, und bei jedem meiner kleinen Fragezeichen sah ich, dass Du ganz genau wusstest, wie Du Deine Nummern bautest, wo es eine Pause brauchte und wo nicht, wie das Timing sein musste, damit eine Pointe sass. Was nach Improvisation und Causerie aussah, war Massarbeit. Das letzte Mal fragtest Du mich bei Deinem Programm «Emil – No einisch» um meine Eindrücke. Du würdest es gern noch ein bisschen kürzen, es dauere ja mit der Pause fast drei Stunden. Bei jedem Vorschlag, den ich Dir machte, konntest Du mir sogleich sagen, warum Du gerade das nicht weglassen wolltest, und so musstest Du halt diese drei Stunden durchstehen. Dass Du das geschafft hast, wochenlang Abend für Abend, ist grossartig. Es ist für mich auch eine Ermutigung für das eigene Alter.

Emil, Du bist ein Phänomen – machs weiter gut, ich gratuliere Dir zu Deinem unwahrscheinlichen Geburtstag!

Herzlich,

Franz

PS: Meine Geburtshilfe hast Du nie vergessen. Als es noch Musik-Kassetten gab, wolltest Du mir eine schenken, in der statt der Kassette ein kleiner Goldbarren steckte. Du hieltest sie bereit, als ich in eine Vorstellung kam. Die Vorstellung begann allerdings etwas später, und niemand wusste, warum. Der Grund: Die Kassette mit dem Goldbarren war unter die normalen Kassetten geraten, die zum Verkauf auslagen, und als Du das merktest, bist Du voller Schrecken raus ins Foyer und hast den ganzen Merchandising-Tisch durchsucht, bis Du die Spezialanfertigung gefunden hattest.

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