Bewährungsprobe für Nathalie Wappler und Susanne Wille
SRF-Serie «Frieden» als Test für die Zukunftsstrategie

Der neue Sechsteiler «Frieden von Petra Volpe (Idee und Drehbuch) und Michael Schaerer (Regie) ist Beispiel dafür, wohin sich das SRF im fiktionalen Bereich bewegen möchte. Mit der anspruchsvollen und kostspieligen Produktion erhofft man sich auch im Ausland Chancen.
Publiziert: 12.11.2020 um 21:55 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2020 um 20:16 Uhr
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«Marie-Louise» von Leopold Lindtberg und Franz Schnyder aus dem Jahre 1944: Das französische Mädchen Marie-Louise (Josiane Hegg), traumatisiert durch Bombenangriffe, soll sich in der Schweiz erholen können. Richard Schweizer erhielt für sein Drehbuch den Oscar.
Foto: Praesens-Film/SRF (ZVG)
Jean-Claude Galli

Obschon Petra Volpe (50) mit dem Drehbuch zu «Frieden» vor dem Amtsantritt von SRF-Direktorin Nathalie Wappler (52) und Kulturchefin Susanne Wille (46) begonnen hat, ist der Sechsteiler ein Musterbeispiel für ihre Fiktions-Ansprüche: Mit ambitionierten und historisch fundierten Serien-Produktionen die einheimischen Zuschauer begeistern und dank ausländischer Partner (in diesem Fall Arte) gleichzeitig ausserhalb der Landesgrenzen vermehrt Zuspruch finden. Dabei soll auch die neue SRG-Streaming-Plattform «Play Suisse» helfen.

Urs Fitze, Leiter Fiktion SRF, sagt dazu: «Die ersten vier Episoden haben bei der linearen Ausstrahlung auf SRF 1 ein grosses Publikum gefunden.» Die erste Folge sahen 595'000 Zuschauer, was einem Marktanteil von 30,5 Prozent entspricht.

Für eine Quoten-Bilanz sei es aber zu früh, so Fitz, da sämtliche sechs Episoden seit Samstag auf Play Suisse und Play SRF online zur Verfügung stehen und diese Nutzungszahlen am Schluss für eine Bewertung der Gesamtreichweite ebenso berücksichtig werden müssen wie auch die zeitversetzte Nutzung mittels Replay.

Volpe, die zuletzt 2017 mit «Die göttliche Ordnung» für Furore sorgte, bringt in «Frieden» die grossen internationalen Bögen von 1945 mit der kleinen Schweiz zusammen. «Vor Jahren bin ich auf den Begriff Rattenlinien gestossen. Das war die vom US-Geheimdienst geprägte Bezeichnung für die Fluchtrouten führender Vertreter des NS-Regimes. Eine dieser Linien führte durch die Schweiz. Gleichzeitig wurde ich auf die Buchenwaldaktion aufmerksam. Die Schweiz hatte sich nach langem Ringen bereit erklärt, Flüchtlinge aus diesem KZ aufzunehmen. Es hat mich nicht mehr losgelassen, dass Täter und Opfer gleichzeitig hier waren.»

CH-Filmklassiker als Grundlage für «Frieden»

Im Zentrum der Serie stehen drei jungen Menschen. Fabrikantentochter Klara Frey (gespielt von Annina Walt, 24) arbeitet in einem Flüchtlingsheim, wo sie auf jugendliche KZ-Überlebende trifft. Diese Begegnung löst Konflikte mit ihrer Familie und ihrem Gatten Johann Leutenegger (Max Hubacher, 27) aus. Klaras Schwager Egon Leutenegger (Dimitri Stapfer, 32) hingegen ist Idealist: Als ambitionierter Bundesbeamter will er geflüchtete Nazis enttarnen und der Justiz zuführen.

Das SRF spricht von einem «fiktional wenig erzählten Kapitel der Schweizer Vergangenheit». Was aber höchstens für die Neuzeit zutrifft. Gerade zwischen 1944 und 1950 hatte die Schweiz dank der Produktionsfirma Praesens ihre international erfolgreichste Filmphase überhaupt – mit Werken wie «Marie-Louise», Die letzte Chance», «Die Gezeichneten» oder «Vier in einem Jeep», ausgezeichnet mit zwei Oscars und zwei Golden Globes.


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