Müssen die Royals persönlich vor Gericht aussagen?
Meghan, Harry und der Streit mit der britischen Presse

Vorsichtshalber haben sie einen ganzen Ozean zwischen sich und die neugierigen Beobachter gebracht. Mit ihrem Umzug nach Kalifornien haben Herzogin Meghan und Prinz Harry sich neben dem Königshaus auch von der britischen Presse verabschiedet.
Publiziert: 19.01.2021 um 18:53 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2021 um 07:58 Uhr
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Herzogin Meghan und Prinz Harry haben sich vor rund einem Jahr vom britischen Königshaus zurückgezogen.
Foto: Getty Images

Der Streit zwischen Prinz Harry (36), seiner Frau Herzogin Meghan (39) und der britischen Presse ist mehr als ein Jahr nach ihrem Abschied von England noch nicht abgehakt. Am Londoner High Court könnte sich in diesen Tagen entscheiden, ob bald Ruhe einkehrt zwischen beiden Seiten – oder die ganz grosse Schlammschlacht noch bevorsteht.

Meghan, aber auch Prinz Harry wollen trotz ihres Scheidens aus dem Königshaus nicht kampflos akzeptieren, wie tief ihr Privatestes immer wieder an die Oberfläche gezogen wurde. Konkret geht es um eine Klage gegen den Verlag der «Mail on Sunday», Associated Newspapers, der Anfang 2019 in mehreren Artikeln aus einem privaten Brief von Meghan an ihren Vater Thomas Markle (76) zitierte.

Anwalt Justin Rushbrooke verurteilte dies bei einer virtuellen Anhörung am Dienstag als «klaren und ernsthaften Eingriff in das Recht auf Privatsphäre». Es gebe keine «tragfähige Verteidigung», den der Verlag dafür vorbringen könne – im Gegenteil: In einem der Zeitungsartikel habe die Zeitung selbst geschrieben, es handele sich um eine «sehr persönliche handschriftliche Nachricht».

Müssen die Royals persönlich vor Gericht aussagen?

Im konkreten Fall müssen die Richter nach einem entsprechenden Antrag entscheiden, ob die Royals persönlich vor Gericht erscheinen und aussagen müssen – einen Termin, den Meghan unbedingt vermeiden möchte. Ihre Anwälte wollen daher ein Schnellverfahren, ein sogenanntes Summary Judgement, erwirken – also ein Urteil zugunsten der 39-Jährigen ohne tatsächliche Verhandlung mit Zeugenaussagen.

Harry, Meghan und die Öffentlichkeit – es war und ist eine Art Hassliebe. Für die britischen Klatschblätter war Prinz Harry schon seit Teenager-Tagen ein gefundenes Fressen. Anders als der glattgebügelte, stets königlich lächelnde William (38) lieferte sein jüngerer Bruder mit schöner Regelmässigkeit Stoff für Skandale: nackter Harry, Harry im Nazi-Kostüm, pöbelnder Harry, knutschender Harry – alles wurde genüsslich ausgeschlachtet.

Jeden Wimpernschlag der Royals zu dokumentieren, ist gute britische Tradition. Nicht nur «Sun» oder «Daily Mail», auch die Nachrichtenagentur PA berichten über so gut wie jedes Wippen mit dem Fuss, jeden Designer-Schal am Hals und erst recht über jedes Wort, das den Windsors über die Lippen geht. Als mit der ehemaligen US-Schauspielerin Meghan Markle 2018 eine weitere Prise Glamour, aber auch afroamerikanische Wurzeln ins Königshaus einzogen, gab es kein Halten mehr. Die Berichterstattung schwankte von Begeisterungstaumel über voyeuristische Paparazzi-Exzesse bis hin zu Kommentaren mit deutlichen rassistischen Untertönen.

Der verhandelte Fall werfe die verstörende Frage auf, wer die Kontrolle über einen privaten Brief haben sollte, sagte Anwalt Rushbrooke. «Ist es die Verfasserin des Briefes oder ein Redakteur der ‹Mail on Sunday›?» Es könne nur eine Antwort auf diese Frage geben – und dabei sei es nicht ausschlaggebend, ob die Verfasserin eine Herzogin oder ein ganz normaler Bürger sei. «Und die Antwort ist nicht der Redakteur der ‹Mail on Sunday›.»

Selbst gewählte Inszenierung

Prinz Harry zog schon 2019 die Parallele zu seiner Mutter, Prinzessin Diana (1961–1997), die ebenfalls extrem unter der medialen Verfolgung litt. «Meine grösste Angst ist es, dass Geschichte sich wiederholt», schrieb Harry bereits im Herbst 2019 auf seiner Webseite. «Ich habe meine Mutter verloren und nun sehe ich, wie meine Frau den gleichen mächtigen Kräften zum Opfer fällt.»

Gleichzeitig ist es jedoch auch genau jenes überbordende Interesse an ihrem Leben, von dem Harry und Meghan – ganz praktisch im finanziellen Sinne – künftig leben wollen. Für Netflix wollen sie Dokumentationen und Spielfilme produzieren, der geschlossene Vertrag wiegt mehr als 110 Millionen Euro. Auch mit der Streaming-Plattform Spotify besiegelte das Paar einen Millionenvertrag und liess beim Podcast-Debüt selbst den einjährigen Sohn Archie vors Mikrofon. Das ist viel selbst gewählte, aber sehr bewusst arrangierte Öffentlichkeit. Eine streng formalisierte Befragung vor Gericht passt nicht zu dieser Inszenierung.

Meghans Vater will Prozess möglichst schnell

Thomas Markle liess im vergangenen Jahr über den Verlag Associated Newspapers verlauten, er wolle den Prozess, in dem er als Zeuge für den Verlag geladen werden dürfte, am liebsten so schnell wie möglich über die Bühne bringen. Keiner seiner Verwandten sei älter als 80 geworden, auch er könne also schon bald sterben. Das Gericht überzeugte er damit nicht: Für die Sachlage seien Thomas Markles Aussagen nicht unbedingt entscheidend, hiess es von den Richtern. Ausserdem gebe es keine medizinischen Hinweise darauf, dass Markle nicht auch später im Jahr 2021 noch aussagen könne.

Bislang verhindert die Pandemie ohnehin die Reise über den Atlantik - doch das wird nicht ewig so bleiben. Dass Meghan und Harry, wenn es wieder möglich ist, der alten Heimat mal wieder einen Besuch abstatten, gilt als wahrscheinlich. Ob der Zeugenstand im Londoner High Court Teil der Reiseroute sein wird, ist die grosse Frage. Für den Boulevard wäre es ein Fest – für die Royals wohl weniger. Zunächst blieb offen, ob bei der für zwei Tage angesetzten Anhörung in London auch eine Entscheidung zu erwarten ist. (SDA)

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