Sie spricht mit starkem schottischem Akzent: Texas-Sängerin Sharleen Spiteri (53) erklärt im Blick-Interview, weshalb ihr der Lockdown gerade recht kam, was sie traurig macht und warum sie findet, dass ihr trotz über 40 Millionen verkaufter Alben immer noch nicht genug Respekt entgegengebracht wird.
Was macht Sie glücklich?
Sharleen Spiteri: Mein Hund. Mit meinen Freunden Karten spielen. Ein Glas guter Wein, am liebsten Margaux, dazu Käse essen.
Was hassen Sie?
Jede Form von Mobbing. Weil ich das selbst erlebt habe. Ich verabscheue es, wenn sich Menschen über andere stellen, sie quälen oder verunsichern. Das bringt mein Blut zum Kochen.
Wie war es bei Ihnen?
Ich wurde in der Schule konstant fertiggemacht, von einer Mädchen-Clique. Ich war etwas anders, wollte mich nicht anpassen. Ich war eine Aussenseiterin, das konnten viele nicht verstehen, also gingen sie auf mich los.
Sie haben eine 19-jährige Tochter. Erkennen Sie viele Ähnlichkeiten zwischen ihr und Ihnen, als Sie 19 waren?
Nein. Ich war damals Friseurin und ständig pleite. Mit 15 zog ich zu Hause aus. Ich war ein ziemlicher Wildfang. Dann stieg ich bei Texas ein. Meine Tochter lebt immer noch bei mir, sie geht an die Uni. Wir sind tatsächlich recht unterschiedlich.
Nach fünf Jahren haben Sie jetzt eine neue CD veröffentlicht. Wird das Songwriting mit dem Alter einfacher?
Das ist immer noch gleich aufreibend. Aber ich bin motivierter als früher. Weil die Wertschätzung für das, was ich tue, heute auch grösser ist. Es ist alles andere als selbstverständlich, in diesem Geschäft 35 Jahre überleben zu können. Ich liebe und wertschätze jeden Tag ein bisschen mehr, was ich habe und wer ich bin.
Wären Sie nicht gerne nochmals jung?
Nein danke. Ich hatte viel Spass, war aber auch sehr verunsichert. Ich liebe das Leben, das ich heute führe, die Freiheit und die Menschen, die ich um mich herum habe. Ich bin viel relaxter, kümmere mich nicht mehr darum, was andere von mir denken. Im Alter mistet man sein Leben aus, trennt sich schneller von Dingen oder Menschen, die einem nicht guttun.
Viele beklagen sich, dass es für Frauen in der Unterhaltungsindustrie schwieriger sei, älter zu werden, als für Männer. Ihre Meinung?
Es ist doch in jedem Geschäft schwieriger für Frauen, älter zu werden. Sucht eine Frau Mitte 50 einen neuen Job als Büroassistentin, wird sie diesen kaum bekommen. Das ist die Realität. Ähnliches gilt wohl auch für Frauen in ihren 30ern, die noch keine Kinder haben. Die will auch kaum jemand, weil man Angst hat, sie könnten bald schwanger werden. Ich glaube nicht, dass sich diesbezüglich viel verändert hat in den letzten Jahren.
Wie meinen Sie das?
Ich bin die Frontfrau einer Männerband. Und das seit über 35 Jahren ziemlich erfolgreich. Ich glaube nicht, dass ich genug Respekt dafür bekomme. Wäre ich ein Mann, würde ich längst wie ein Halbgott verehrt. Dennoch bin ich gegen Quoten. Ich finde, wenn eine Frau den Job nicht kann, soll sie ihn auch nicht bekommen. Ich fordere lediglich den gleichen Standard für Frauen und Männer.
Sie hatten Phasen, in denen es mit Ihrer Karriere nicht so toll lief. Wie gingen Sie damit um?
Ja, aber es gab Zeiten, in denen die Leute sogar über die Beatles die Nase gerümpft haben. Die Kunst ist es, auf dem Surfbrett zu bleiben. Jeder macht schwierige Zeiten durch. Das Wichtigste ist, dass man auf dem verdammten Brett bleibt und sich daran erinnert, dass schon bald wieder eine nächste Welle kommen wird.
Gleich mit ihrem ersten Song «I Don't Want a Lover» landeten Sharleen Spiteri und ihre Band Texas 1986 einen Riesenhit. Während Jahren gehörten sie zu den meistgespielten Pop-Bands im britischen Radio. Spiteri veröffentlichte auch Soloalben und spielte in Filmen mit. Die gebürtige Schottin hat eine Tochter und ist seit 2018 mit dem englischen Starkoch Bryn Williams (44) verheiratet. Mit «Hi» haben Texas nun ihr erstes Album seit fünf Jahren veröffentlicht.
Gleich mit ihrem ersten Song «I Don't Want a Lover» landeten Sharleen Spiteri und ihre Band Texas 1986 einen Riesenhit. Während Jahren gehörten sie zu den meistgespielten Pop-Bands im britischen Radio. Spiteri veröffentlichte auch Soloalben und spielte in Filmen mit. Die gebürtige Schottin hat eine Tochter und ist seit 2018 mit dem englischen Starkoch Bryn Williams (44) verheiratet. Mit «Hi» haben Texas nun ihr erstes Album seit fünf Jahren veröffentlicht.
Sie singen oft Duette, so auch auf der neuen CD mit den Rappern vom Wu-Tang Clan.
Ja, aber ich plane solche Kollaborationen nie. Die entstehen aus einem Impuls heraus mit Leuten, die ich schon länger kenne.
War das auch bei Rammstein so, mit denen Sie 2005 die Ballade «Stirb nicht vor mir» sangen?
Genau. Ich kannte die Jungs schon länger. Eines Tages rief mich Sänger Till Lindemann an, er habe dieses schöne Lied, das er gerne mit mir singen würde. Ich sagte: Klar, nur her damit!
Sie sind mit einem britischen Starkoch verheiratet. Wer rührt zu Hause mit dem Kochlöffel?
Ich habe immer gerne gekocht. In der Küche macht mir selbst mein Mann nichts vor. Aber natürlich ist es sehr angenehm, sich von ihm zwischendurch kulinarisch verwöhnen zu lassen.
Gingen Sie sich während des Lockdowns auch mal auf die Nerven?
Eigentlich nicht. Ich war zu sehr mit trauern beschäftigt. Meine Mutter starb eine Woche, bevor der Lockdown begann. Sie hatte Lungenkrebs und bekam die Diagnose gerade mal zwei Wochen vor ihrem Tod. Der Lockdown kam mir sehr gelegen. Ich musste nicht die zufriedene Texas-Sängerin spielen, die ich unter normalen Umständen hätte sein müssen, sondern konnte in aller Stille mein Leid lindern.
Haben Sie in der Zeit auch neue Hobbys entdeckt?
Ich habe viel gemalt, auch viel gehäkelt. Ich habe wieder angefangen zu töpfern. Und mein Garten ist inzwischen ziemlich makellos, würde ich behaupten.