«Die Musik war mein Weg, mich selbst zu retten»
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Juanes über Kolumbien:«Die Musik war mein Weg, mich selbst zu retten»

Latin-Star Juanes (49) stört, dass Drogenbosse bejubelt werden
«Die Kartelle haben viel Unheil gebracht»

Er liefert den Soundtrack für den Sommer: Latin-Star Juanes (49) kommt dieses Jahr gleich zwei Mal in die Schweiz. Im Interview erklärt er, was ihn glücklich macht. Und was er verabscheut.
Publiziert: 28.06.2022 um 13:35 Uhr
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Lebt heute in den USA, kehrt aber regelmässig in seine alte Heimat Kolumbien zurück: Juanes.
Dominik Hug

Er ist einer der grössten Stars der Latin-Musik: Juanes (49) hat in den Nullerjahren die Hitparaden dominiert. Jetzt kehrt der Kolumbianer mit neuen Melodien und altem Elan zurück. Beim Zoom-Interview aus seiner Wahlheimat Florida (USA) erklärt Juanes, weshalb er gewisse Netflix-Serien geradezu verabscheut.

Wo erreichen wir Sie gerade?

Juanes: Zu Hause in Florida. Ich sitze in meinem Heimstudio, wo ich in den letzten Jahren sehr viel Zeit verbracht habe. Man konnte während Corona ja kaum mehr das Haus verlassen. Ich hatte zweimal Covid. Das erste Mal war unproblematisch, das zweite Mal furchtbar. Jetzt dürfen wir glücklicherweise wieder reisen. Ich freue mich riesig auf die Europa-Tournee. Gestern kehrte ich gerade aus Kolumbien zurück.

Sind Sie noch oft in Ihrer Heimat?

Ja. Meine Mutter lebt noch immer in Medellín, ebenso einige meiner Brüder und Schwestern.

Ist es heute anders da als zu den Zeiten, in denen Sie aufgewachsen sind?

Es hat sich markant verbessert. In den 80ern wurde das Land von Drogenkartellen regiert. Es war krass gefährlich. Wir wohnten in der Innenstadt, konnten kaum draussen spielen. Also verbrachte ich viel Zeit daheim, machte Musik mit den Geschwistern. Zum Glück ist es heute nicht mehr so schlimm. Aber natürlich haben wir noch immer soziale Probleme.

Aktivist für Menschenrechte

Juanes spielt seit seinem siebten Lebensjahr Gitarre. Schon als Teenager wird er in seiner Heimat zum Star. Mit dem Mega-Hit «La camisa negra» stürmt er 2005 auf der ganzen Welt die Hitparaden. Seither gehört er mit total 45 Nominationen zu den erfolgreichsten Solokünstlern in der Geschichte der Grammy-Awards. Als globaler Aktivist kämpft Juanes für Menschenrechte und Frieden, ist auch Mitbegründer der Mi Sangre Foundation. Juanes lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Florida (USA).

Juanes spielt seit seinem siebten Lebensjahr Gitarre. Schon als Teenager wird er in seiner Heimat zum Star. Mit dem Mega-Hit «La camisa negra» stürmt er 2005 auf der ganzen Welt die Hitparaden. Seither gehört er mit total 45 Nominationen zu den erfolgreichsten Solokünstlern in der Geschichte der Grammy-Awards. Als globaler Aktivist kämpft Juanes für Menschenrechte und Frieden, ist auch Mitbegründer der Mi Sangre Foundation. Juanes lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Florida (USA).

Kartell-Chefs wie Pablo Escobar erfreuen sich dank Netflix-Serien plötzlich grosser Popularität.

Diese Glorifizierung finde ich furchtbar. Die Kartelle haben extrem viel Unheil gebracht. Solange wir die Drogenpolitik nicht radikal verändern, wird der Krieg nie aufhören. Die Menschen haben ein Bedürfnis nach Drogen. Ob diese nun legal oder illegal zu bekommen sind, verändert unsere Gier danach kaum.

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Sie engagieren sich stark für Kinder in Not, auch für Frieden ohne Grenzen. Woher kommt dieser Drang, Gutes zu tun?

Vielleicht, weil ich während meiner Jugend so viel Leid mitansehen musste. Und ich dieses Leben dank der Musik hinter mir lassen konnte. Es ist unglaublich, wie meine Karriere verlaufen ist. Da sehe ich es als meine Pflicht, etwas zurückzugeben.

Worauf sind Sie stolz?

Darauf, einen Traum gehabt und diesen erfüllt zu haben. Auch wenn viele versuchten, mir diesen Traum auszureden. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich 1996 meine Heimat verliess, um in die USA zu ziehen. Ich sehe die traurigen Augen meiner Mutter beim Abschied. Rückblickend gesehen bin ich sehr stolz darauf, was ich seit jenem Tag aus meinem Leben gemacht habe.

Sie werden am 9. August 50 Jahre alt. Gibts eine grosse Party?

Nein, ich feiere mit meiner Frau und den Kindern. Ich versuche, dankbar zu sein für das Leben, das ich habe. Und bedanke mich jeden Tag bei Gott und dem Universum dafür – nicht nur an meinem Geburtstag. Zu meinem Geburtstag wird aber noch eine Biografie erscheinen.

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Haben Sie sie selbst geschrieben?

Nein, ein kolumbianischer Journalist. Er hat mit unzähligen Freunden von mir gesprochen, sie haben ihm Dinge erzählt, die ich längst vergessen habe. Mir graut schon jetzt (lacht).

Wollen Sie nochmals 20 sein?

Ich möchte die Zeit nicht zurückdrehen. Klar, wäre ich gerne wieder etwas unschuldiger. Anderseits bringt das Alter auch Entspannung mit sich. Ich fühle mich wohler in meiner Haut als je zuvor. Ich weiss heute besser, wer ich bin und was mir wichtig ist. Vor allem aber weiss ich heute, was ich nicht mehr will.

Was bereuen Sie?

Nichts. Ich machte viele Fehler, wie jeder andere Mensch auch. Aber Fehler zu machen, gehört zu unserer Entwicklung. Am Leben zu sein, ist ein Wunder. Gleichzeitig ist es auch eine extreme Herausforderung. Egal, wie reich oder erfolgreich man ist oder in welchem Land man aufwächst. Jeder leidet zwischendurch unter Frustrationen, hat Ängste, ist verunsichert, erlebt depressive Phasen. Und um die besser meistern zu können, muss man zuvor Fehler gemacht haben. Sie gehören zu unserer Weiterbildung.

Was ist der Sinn des Lebens?

Zu lieben. Die Geburt meiner drei Kinder war wie eine Erleuchtung. In jenen Momenten habe ich gespürt, dass es nichts Grösseres, Stärkeres gibt als die Liebe.

Konzerte: 3. Juli X-Tra Zürich, 7. Juli Montreux Jazz Festival

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