Kurt Aeschbacher (72) und Stammmoderatorin Barbara Lüthi (47) diskutieren heute Abend im SRF-«Club» mit ihren Gästen, was die Pandemie mit den Menschen gemacht hat. Im Interview mit Blick spricht Aeschbacher übers Alter, über seinen jüngeren Partner Leonardo und die Abstimmung zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Blick: Vor zweieinhalb Jahren wurden Sie vom SRF lieblos abgesetzt. Warum kehren Sie jetzt zurück?
Kurt Aeschbacher: Nun, das Ende meiner Talkshow ist längst Vergangenheit und hinterlässt bei mir weder Narben noch schlechte Gefühle. Ganz im Gegenteil. Offen zu sein für neue Ideen und die Freiheit zu geniessen, mich auf Herzensprojekte einzulassen, geniesse ich in vollen Zügen.
Was empfinden Sie dabei?
Ich freute mich riesig, als mich Barbara Lüthi angefragt hat. Das soll keineswegs meine Auferstehung aus der Altersversenkung sein, sondern hoffentlich ein inhaltlicher Beitrag zur Thematik dieses «Clubs», der sich auch mit dem wachsenden Graben zwischen Alt und Jung befasst.
Wenn Sie in den Spiegel schauen? Wie jung oder alt ist der Mensch, den Sie sehen?
Der Spiegel zeigt mir einen 72-jährigen Mann mit Runzeln und zunehmend schütterem Haar, in dem das Herz eines neugierigen Menschen voller Tatendrang schlägt.
Sie wirken noch sehr agil. Wie schaffen Sie das?
Indem ich mich nicht aufs Gartenbänkli zurückziehe und den Pflanzen beim Wachsen zuschaue, sondern mich gemeinsam mit jungen Menschen für neue Konzepte und Geschäftsideen begeistere. Indem ich Zeit und Erfahrung sozialen Institutionen zur Verfügung stelle und mir diese Arbeit für das eigene Dasein so manchen Glücksmoment schenkt. Indem ich aktiv Freundschaften pflege, die mich anspornen, andere Lebenskonzepte zu respektieren.
Und wo fühlen Sie sich alt?
Manchmal, wenn ich Kinder beobachte, die ihren Tag einsam am Smartphone verbringen und verlernt haben, zu spielen oder sich an einem Gespräch zu beteiligen.
Nennen Sie uns einen alten Menschen, der Ihnen imponiert.
Ich bewundere unsere 90-jährige Nachbarin in Südfrankreich, die als ehemalige Bäuerin mit uns Museen besucht, aus vielen wichtigen Werken der Weltliteratur zitiert und sich nächtelang engagiert über politische Entwicklungen äussert. Und ich freue mich, mit einer ebenso alten Freundin auch dieses Jahr eine Woche an den Salzburger Festspielen zu verbringen. Obwohl sie einen Rollstuhl braucht und fast blind ist, lässt sie sich von ihren Einschränkungen nicht behindern.
Und welcher junge Mensch?
Mein Partner Leonardo, der sich nie von unserem Altersunterschied irritieren liess und mich mit seiner Liebe zum glücklichsten Menschen macht.
Er ist deutlich jünger als Sie. Wie geht das?
Im Klartext: Leonardo ist über 30 Jahre jünger als ich. Ein glückliches Zusammenleben scheitert aber nicht am Altersunterschied, sondern höchstens am gegenseitigen Respekt, am Mangel an Erlebnissen, die man miteinander teilt, oder an der Fähigkeit, über Probleme zu sprechen. Und die Liebe, die man füreinander empfindet, erstickt dann, wenn man sich gegenseitig einengt.
Im Herbst stimmen wir darüber ab, ob gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen. Ist die Abstimmung schon gewonnen?
Gewonnen ist keine Abstimmung, bevor nicht die Resultate ausgezählt sind. Aber ich rechne damit, dass die Schweizer Bevölkerung die Notwendigkeit sieht, allen Menschen in unserem Land unabhängig von ihren sexuellen Prioritäten vor dem Gesetz die gleichen Rechte und Pflichten zu geben. Wenn sich gewisse Kreise am Begriff «Ehe für alle» stören, dann ist das für mich eine Wortklauberei. Begriffe entwickeln sich, wie sich auch eine Gesellschaft verändert. Niemand hat einen Anspruch auf solche Begriffshoheiten. Nicht mal die Bibel.
Würde sich für Sie persönlich je nach Resultat etwas ändern?
Ich lebe mit meinem Partner in einer eingetragenen Partnerschaft. Wir bezahlen bereits wie alle heterosexuellen Paare im Sinn der Heiratsstrafe progressive Steuern. Für uns würde sich nichts verändern. Aber es geht bei dieser Abstimmung um die Gleichstellung homosexueller Paare, auch in Sachen Adoptionsrecht.
Wenn Sie die Jugend mit jener vergleichen, als Sie jung waren, wo liegt der Unterschied?
In der Jugend gilt es, seinen eigenen Weg, seine eigenen Werte zu finden, sich von den Eltern abzugrenzen und das Bestehende in Frage zu stellen. Diese Auseinandersetzung muss eine Gesellschaft aushalten können. Die Jungen sind zum Glück ungestüm, neugierig, risikofreudig, meiden hoffentlich ausgetretene Pfade und rütteln mit ihren Ansprüchen die Älteren auf. Das war in meiner Jugend so und ist heute nicht anders. Dass wir uns über die Konsequenzen unseres Lebensstils auf das Klima des Planeten bewusst wurden, ist nicht zuletzt den Forderungen der Jugend zu verdanken.
Haben Sie Erwartungen an die heutige Jugend?
Dass sie nicht nur für ihre politischen Ziele auf die Strasse geht, sondern mit ihrem Verhalten diesen Werthaltungen gerecht wird. Dann lässt sich wirklich etwas verändern.
Was haben Sie empfunden, als Sie diesen Sommer nach langer Zeit wieder Ihr Anwesen in Südfrankreich betreten konnten?
Grosses Glück und eine riesige Dankbarkeit, dass unser treuer Gärtner auch ohne unsere Anwesenheit das Haus und die Pflanzen pflegte, als ob es die eigenen wären.
Haben Sie einen Fernseher dort?
Nein, unser Gross-Bildschirm ist die fantastische Natur, die uns hier umgibt. Und die spannenden Diskussionen mit all den Menschen aus der ganzen Welt, die mit uns immer wieder die Zeit verbringen.
Wann haben Sie zuletzt SRF geschaut?
Ganz ehrlich gesagt, weiss ich das nicht mehr. Es ist offensichtlich schon eine ganze Weile her.
Sie talken wieder beim Privatfernsehen. Wie kam es dazu?
Gemeinsam mit den Verantwortlichen der Region Flims-Laax haben wir eine kleine Serie von Gesprächen auf die Beine gestellt, die von TV Südostschweiz übertragen werden. Zu Gast sind stets spannende Menschen aus der Region. Kürzlich durfte ich eine eindrückliche Begegnung mit dem neuen Bischof von Chur in der Kirche von Falera realisieren. Für den Herbst planen wir weitere Folgen.
Und sonst?
Ich werde ab dem Oktober im Casino Zug jeweils als Sonntagsbrunch eine Reihe mit Überraschungsgästen präsentieren. Auf diese Aufgabe freue ich ich riesig.
Sie arbeiten rastlos weiter. Warum gehen Sie sich nicht in den wohlverdienten Ruhestand?
Arbeit war und ist für mich keine Last, sondern eine Bereicherung. Ruhestand bedeutet für mich Stillstand. Solange es meine Gesundheit zulässt, möchte ich etwas bewegen und meinen Kopf mit neuen Erfahrungen fordern.
Haben Sie noch Träume?
Im Bewusstsein, dass in meinem Alter die Lebenszeit immer kürzer wird, versuche ich meine Träume zu leben und nicht auf später zu verschieben.
Sie sind bekennender Atheist. Hat man da nicht mehr Angst vor dem Tod?
Die Überzeugung, dass es kein Leben nach dem Tod gibt, macht für mich das Dasein umso wertvoller. Die Tatsache, hier glücklich gelebt zu haben, genügt mir vollständig. Dazu brauche ich nicht das Versprechen, dass es danach ewig besser wird.
Wie soll denn ein Begräbnis eines Menschen aussehen, der an nichts glaubt?
Ich hatte viel Glück in meinem Leben und geniesse hoffentlich noch eine Weile jeden neuen Tag. Wenn es dann so weit ist, dass über mir der Deckel zugeht, würde ich mir wünschen, dass ich bei den Menschen, denen ich im Leben begegnete, in guter Erinnerung bleibe. Unter dieser Voraussetzung kann man auch ganz still und leise von der Bühne des Lebens abtreten und vermeidet ohne grosses Begräbnis all die Unwahrheiten, die einen solchen Anlass meist begleiten.
Kurt Aeschbacher
Kurt Aeschbacher wurde 1948 in Bern geboren und wuchs dort auf. Er schloss ein Studium in Wirtschaft ab und wurde später Vizedirektor der Ausstellung «Grün 80» in Basel. Seit 1981 moderierte er Sendungen wie «Karussell» «Grell-Pastell», «Casa Nostra» und seit 2001 seine Talkshow «Aeschbacher», die auf Ende 2018 abgesetzt wurde. 2019 erhielt er den Prix Walo als Publikumsliebling. Aeschbacher ist auch als Unternehmer erfolgreich. Er lebt mit dem über 30 Jahre jüngeren Leonardo Reinau in eingetragener Partnerschaft.
Kurt Aeschbacher wurde 1948 in Bern geboren und wuchs dort auf. Er schloss ein Studium in Wirtschaft ab und wurde später Vizedirektor der Ausstellung «Grün 80» in Basel. Seit 1981 moderierte er Sendungen wie «Karussell» «Grell-Pastell», «Casa Nostra» und seit 2001 seine Talkshow «Aeschbacher», die auf Ende 2018 abgesetzt wurde. 2019 erhielt er den Prix Walo als Publikumsliebling. Aeschbacher ist auch als Unternehmer erfolgreich. Er lebt mit dem über 30 Jahre jüngeren Leonardo Reinau in eingetragener Partnerschaft.
«Club»-Sommerserie: Corona – Alt und Jung; Dienstag, 27. Juli, 22.25 Uhr, SRF 1.