«Fack ju Göhte»-Darstellerin Jella Haase bekommt ihren eigenen Film
«Stinkefinger statt Zeigefinger!»

Für «Chantal im Wunderland» schlüpft Jella Haase ab dem 28. März 2024 wieder in die Rolle von Chantal Ackermann aus «Fack ju Göhte». Dabei bringen beide, Chantal Ackermann und Jella Haase, eine geballte Ladung Meinung mit. Blick hat sich dazu mit Haase unterhalten.
Publiziert: 27.03.2024 um 20:00 Uhr
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Im «Fack ju Göhte»-Spin Off «Chantal im Märchenland» schlüpft Jella Haase nach rund sieben Jahren wieder in die Rolle der Chantal Ackermann.
Foto: Getty Images for Constantin Film
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Livia FietzRedaktorin People

Mit Flammen-, Prinzessinnen- und Drachen-Emojis würde Wannabe-Influencerin Chantal ihr neuestes Abenteuer beschreiben. In «Chantal im Märchenland» wird die ehemalige Schülerin der 10b – man kennt sie bestens aus den «Fack Ju Göhte»-Filmen – zusammen mit ihrer besten Freundin Zeynep durch einen verzauberten Spiegel in ein Märchenland gezogen. Natürlich freut sie sich darüber, so tollen Content für ihre Fangemeinschaft sammeln zu können. Auf ihrem Weg nach Hause, bemerkt sie aber, dass einiges anders läuft, als wir uns das aus den Märchen der Gebrüder Grimm gewöhnt sind. Im Gespräch mit Blick erklärt Chantal-Schauspielerin Jella Haase (31), wieso ihr neuester Film ein Fingerzeig an die Social-Media-Gesellschaft ist – und wieso Brot und Käse in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielt.

Blick: Frau Haase, mir hat ein Vöglein gezwitschert, dass Sie ganz gerne Schweizer Käse haben…
Jella Haase: Ja. Ein Schweizer Gruyère mit einem glutenfreien Brot, ganz knusprig, aus ganz verschiedenen Kernen. Ich mache gerne selber Brot aus Buchweizenmehl, mit Sonnenblumenkern und Kürbiskern. Einfach eine richtig leckere Käsestulle. Das finde ich immer wieder lecker mit Salat. Mit so ein bisschen Kresse, ein bisschen Paprika, ein bisschen Salz, ein bisschen Pfeffer. Eigentlich sehr einfach, aber super lecker. Generell finde ich, schmeckt in der Schweiz alles besser. Die Qualität, der Käse und die Gerichte, also die Rösti. Aber es ist natürlich sehr teuer, dass muss man auch sagen.

Und auch das Land hat es Ihnen angetan.
Ich war im November in Zürich. Ich mag die Schweiz und bin immer gerne dort. Zürich war auch die erste Stadt, in der ich gedreht habe und kein Heimweh hatte. Ich habe ein paar Schweizer Filmemacher als Freunde, mit denen ich jetzt gerade wieder zusammengearbeitet habe. Deshalb habe ich irgendwie eine Verbindung zur Schweiz. Ich mag auch Basel. Im Basler Theater war ich oft und habe mir Sachen angeguckt. Ich war auch ganz traurig, weil wir mit den «Fack ju Göhte» Filmen in Zürich Premiere hatten und wir jetzt leider keine Schweizer Premiere haben. Wir lieben das Schweizer Publikum. Es ist wirklich so süss, die Unterschiede zu sehen. Wenn wir eine Premiere in der Schweiz haben, dann stehen alle ganz höflich da und fragen: Entschuldigung, können wir vielleicht ein Foto machen? Und dann bin ich: Ja natürlich. In Deutschland wird man gar nicht gefragt, bei den Premieren – da wird gekreischt. Die Schweizer und Schweizerinnen waren immer ganz höflich.

Apropos Premiere: Wie hat es sich angefühlt, nach 7 Jahren wieder in den Charakter von Chantal zu schlüpfen?
Es war wirklich toll und hat mir diebische Freude gemacht. Chantal erlebt ihr eigenes Märchen, das sie so richtig auf den Kopf stellt, und ich konnte dadurch nochmals aufdrehen und Gas geben. Ich liebe Chantal und es war wie ein Geschenk für mich, dass man die Figur nimmt, und in einen neuen Kontext setzt.

«Fack ju Göhte» hat damals eine ganz bestimmte Generation angesprochen, seitdem hat sich vieles in der Gesellschaft verändert. Habe Sie dadurch Chantal jetzt anders gespielt als damals?
Natürlich hat sich die Zeit geändert. Alleine, dass Chantal jetzt ihren eigenen Film bekommt und eine Frau in so einem Megablockbuster die Hauptrolle spielt, ist ein Zeichen dafür. Wir setzen uns anders mit dem Humor auseinander. Was aber gleich bleibt, und was auch so befreiend ist, ist, dass wir es immer mit einem Stinkefinger anstatt eines Zeigefingers tun. Das war in den Filmen davor schon so und ist jetzt auch so geblieben.

Und jetzt stehen Sie plötzlich im Mittelpunkt und spielen die Hauptrolle – gibt es da Unterschiede?
Ich denke, dass ich immer mit der gleichen Aufrichtigkeit herangehe und schon sehr professionell bin. Ich weiss, was man als Hauptdarstellerin von mir erwartet. Neben all dem Spass ist Filmemachen auch wahnsinnig anstrengend. Wir haben im März angefangen zu filmen und waren im Juli fertig. Über diesen Zeitraum hinweg muss man natürlich performen und vor allem als Hauptfigur immer sehr wach sein.

Für Chantal geht es in die Märchenwelt und Märchen haben meistens eine Moral.
Es geht auf jeden Fall um Emanzipation. Es geht darum, sein Leben in die Hand zu nehmen, sich nichts diktieren zu lassen, eigenständig zu denken und zu handeln – zu lernen, was wirklich wichtig ist im Leben. Chantal ist permanent dabei, ihre Realität zu inszenieren. Sie träumt davon, Influencerin zu werden und strebt eigentlich eine Berühmtheit an, die sie sich von einer anonymen Masse und Likes erhofft. Im Film lernt sie, sich wieder auf Momente einzulassen, das Handy mal beiseitezulegen – Dinge wirklich ungefiltert zu erleben. Das finde ich eine absolut erstrebenswerte Nachricht in diesem Film. Diesen obligatorischen Griff zum Handy, der einfach so zur Gewohnheit geworden ist und über den wir gar nicht viel nachdenken, muss man hinterfragen. Es werden aber auch andere Themen wie Diversität und Rollenbilder aufgegriffen.

Chantal im Märchenland I Offizieller Trailer 

… und der Film spricht Gleichberechtigung an – geht es also auch um Feminismus?
Auf jeden Fall. Die Themen sind unübersehbar und es gibt auch eine politische Message dahinter. Das ist auch das Besondere und Schöne: Es ist einfach ein grosser Spass, mit klugen Denkanstössen – es ist und bleibt trotzdem Unterhaltung. Im besten Sinne machen wir immer Filme, die sich auf ein Jetzt überschreiben lassen und die unser Jetzt beeinflussen und wo man etwas mitnimmt. Es war für mich schon extrem wichtig, dass Chantal eine Entwicklung macht und etwas erlebt, was sie weiterbringt. Dass da ein feministischer Ansatz drin steckt, würde ich auf jeden Fall sagen.

Ist es wirklich nur ein Ansatz – oder sogar mehr?
Es ist extrem wichtig, dass eine andere Sensibilität vorherrscht, dass manche Dinge einfach nicht mehr gehen und dass man sich traut, darüber zu sprechen. Wir dürfen nicht aufhören. Es ist eine Übungssache, über Themen zu sprechen, die unangenehm sind. Da sind wir gerade erst am Anfang. Auch im Privaten müssen wir uns immer wieder daran erinnern, weiterzumachen, uns zuhören und uns gegenseitig ermutigen, Dinge anzusprechen. Der Graubereich für Dinge, die nicht gehen, muss immer wieder neu definiert werden. War das jetzt schon übergriffig oder nicht? Wie möchte ich gesehen und behandelt werden? Da müssen wir immer noch ein Selbstbewusstsein und ein Selbstverständnis lernen.

Sie halten mit Ihrer Meinung zu gesellschaftspolitischen Themen nicht hinter dem Berg.
Auf der Erde gibt es momentan viele Krisenherde. Als Gesellschaft müssen wir erst einmal versuchen, auch Kleines zu regeln und damit anfangen, wieder höflich miteinander umzugehen. Ich würde mir extrem wünschen, dass man sich nicht hinter einer anonymen Masse im Netz versteckt, sondern dass man höflich und respektvoll miteinander umgeht und sich die Sachen sagt, die man sich auch im echten Leben sagen würde. Sobald wir wieder anfangen, gut miteinander umzugehen, haben wir vielleicht auch die Kraft, den anderen Krisen zu begegnen: Klima, Rechtsruck, Krieg. Ich weiss gar nicht, wo man anfangen soll. Im Grunde ist aber die grösste Herausforderung unserer Zeit, dass wenn es unseren Planeten nicht mehr gibt, auch wir weg sind. Es ist zum Teil wirklich fast zynisch, wie wir die ganzen Warnungen und Zeichen, die ja unübersehbar sind, trotzdem übersehen. Wir spüren an unserem eigenen Körper, wie sich das Klima verändert.

Wie wollen Sie persönlich zur Veränderung beitragen?
Ich glaube immer an das Kleine: Hier ist eine Situation, wo ich etwas hätte sagen können oder sollen. Ich glaube, dass es extrem wichtig ist, uns immer moralisch zu hinterfragen. Bin ich gerade glücklich oder handele ich gerade richtig? Das bedarf aber immer Mut und auch einen wachen Verstand. Da wäre ich beim Thema Zeit. Man braucht eben auch Zeit, um zu reflektieren. Da fängt das alles an. Das klingt so negativ, aber uns einfach immer wieder zu überprüfen. Ich stelle mir ganz gerne vor, wie mein Leben sein soll und halte dann daran fest. Und manchmal muss man dann einfach auch ehrlich mit sich sein.

Wenn Sie jetzt tatsächlich ehrlich mit sich wären – was hätten Sie gemacht, wenn es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?
Ich hätte wahrscheinlich studiert. Das war eigentlich auch der Plan, wenn ich die Zeit gehabt hätte. Einfach so etwas für mich: Geschichte, Literaturwissenschaften, sowas in die Richtung. Vielleicht hätte ich auch etwas mit Kindern gemacht, oder etwas geschrieben.

Dennoch sind Sie ohne schauspielerische Ausbildung im Film gelandet. Würden Sie das auch jungen Talenten so empfehlen?
Ich würde Ihnen empfehlen, die Schauspielschule zu machen. Ich hätte sie auch gerne gemacht, weil man dort junge Leute kennenlernt, die das Gleiche lieben. Schauspielschule macht sicher Spass, ist aber auch nicht ohne. Man kann aber auch vor der Schauspielschule einfach mal anfangen, Theater zu spielen und sich auszuprobieren. So habe ich es gemacht. Vielleicht ist das auch ein Tipp, den ich geben kann. «Bewerbt euch an den jungen Theatern, geht in die jungen Theatergruppen.» Fast alle grossen Häuser haben auch ein junges Theater.

Am 26. März fand es im Arena Sihlcity eine Schweizer Vorpremiere des Films statt. Blick ist Medienpartner.  

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