Oscar-Gewinnerin Emma Thompson (62) hätte nie gedacht, dass sie sich in ihrem Alter vor der Kamera sexy zeigen würde. Doch genau das verlangte ihre Rolle in der Tragikkomödie «Good Luck to You, Leo Grande». Darin spielt sie eine Witwe, die sich den jungen Callboy Leo für ein romantisches Wochenende mietet.
Blick: Weshalb macht sie das?
Emma Thompson: Sie will endlich den ersten Orgasmus ihres Lebens erleben. Und Leo soll ihr das ermöglichen. Die Witwe hat ihre sexuellen Bedürfnisse ihr ganzes Leben lang unterdrückt. Und sie hat sich dann entschieden, dies noch zu erleben. Ich glaube, das ist keine ungewöhnliche Sache in der heutigen Zeit.
Was hat Sie an der Rolle gereizt?
Mir war ein solches Thema nie zuvor in irgendeiner Form in einem Film begegnet. Weibliche Befriedigung ist bis heute ein Tabu-Thema. Insbesondere, wenn es sich um eine Frau jenseits der 60 handelt, die sich von einem viel jüngeren Mann helfen lässt, sich auszuleben. Ich sehnte mich persönlich nach so einer Story. Dieser Film war längst fällig.
Schon während ihres Englischstudiums in England spielte Emma Thompson Theater. Danach trat sie in mehreren Filmen ihres damaligen Mannes Kenneth Branagh (61) auf. Zu ihren bekanntesten Streifen gehören «Wiedersehen in Howards End» (1992) und «Sinn und Sinnlichkeit» (1995), für die sie je einen Oscar erhielt, sowie mehrere «Harry Potter»- und «Men in Black»-Teile. Seit 2003 ist sie mit Schauspieler Greg Wise (55) verheiratet. Das Paar hat eine Tochter sowie einen Adoptivsohn aus Ruanda. 2018 wurde sie von Königin Elizabeth II. (95) zur Dame geadelt.
Schon während ihres Englischstudiums in England spielte Emma Thompson Theater. Danach trat sie in mehreren Filmen ihres damaligen Mannes Kenneth Branagh (61) auf. Zu ihren bekanntesten Streifen gehören «Wiedersehen in Howards End» (1992) und «Sinn und Sinnlichkeit» (1995), für die sie je einen Oscar erhielt, sowie mehrere «Harry Potter»- und «Men in Black»-Teile. Seit 2003 ist sie mit Schauspieler Greg Wise (55) verheiratet. Das Paar hat eine Tochter sowie einen Adoptivsohn aus Ruanda. 2018 wurde sie von Königin Elizabeth II. (95) zur Dame geadelt.
Kennen Sie Frauen, die sich ihr Leben lang untergeordnet haben?
Frauen, die weder körperliche noch emotionale Erfüllung gefunden haben? Ja, einige! Aber auch Frauen, die plötzlich beschlossen haben, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen. Ich finde das so mutig, weil sie damit gegen alles verstossen, was ihnen an sogenannten Moralvorstellungen eingeprägt wurde.
Sind Ihnen die freizügigen Liebesszenen schwergefallen?
Es ist eine grosse Herausforderung, mit 62 Jahren nackt vor der Kamera zu stehen. Auch in der heutigen Welt sind wir darauf getrimmt, dass wir nur bearbeitete Körper auf der Leinwand oder dem Bildschirm sehen – sonst ist es für unsere Augen nicht akzeptabel. Wir sind den Anblick von richtigen Körpern im Film nicht gewohnt.
Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Mein Co-Star Daryl McCormack, unsere Regisseurin Sophie Hyde und ich haben uns zum Rollenstudium ausgezogen und zusammen über die Beziehung zu unseren Körpern gesprochen. Wir haben uns gegenseitig gestanden, womit wir Probleme haben, und die Körper des anderen beschrieben. Damit hat sich die Nacktheit zwischen uns normalisiert.
Und dann am Set?
Bei den Liebesszenen war ausser Sophie nur der Kameramann anwesend. Wir haben uns am Anfang des Drehtags ausgezogen und sind die ganze Zeit nackt herumgelaufen. So waren Daryl und ich sehr entspannt, als die Kamera rollte. Wir fühlten uns nicht mehr so ungeschützt und verwundbar. Die Atmosphäre war sehr angenehm.
In Zeiten von Social Media versucht jeder, sich mithilfe von Filtern von seiner besten Seite zu zeigen. Hat sich der Druck auf Frauen, perfekt aussehen zu müssen, dadurch nicht noch vergrössert?
Seit ich vor 40 Jahren angefangen habe, hat sich sicher nichts verbessert. Als Schauspielerin musst du noch immer dünn sein und möglichst perfekt aussehen. Und ja, wenn ich mit jungen Kolleginnen spreche, dann erkenne ich, dass es tatsächlich sogar schlimmer geworden ist. Von uns Frauen wird erwartet, ständig perfekt zu sein. Das hat für jede von uns negative Konsequenzen.
Welche?
Man stellt sich oft selbst infrage und verliert so an Selbstvertrauen. Man verliert den Sinn dafür, wer man wirklich ist.
Sprechen Sie da aus eigener Erfahrung?
Natürlich. Deshalb spricht mich dieser Film auch so an. Am Ende des Films macht die Witwe etwas, das ich in meinem ganzen Leben noch nicht geschafft habe.
Welche Szene meinen Sie?
Jene, in der sie allein vor dem Spiegel steht und ihren Bademantel fallen lässt. Sie begutachtet sich zufrieden im Spiegel – ohne irgendeine Form von Wertung. Das musste ich wirklich spielen, weil ich damit keine Erfahrung habe. Die Szene war für mich eine grosse Herausforderung.
Weil Sie sich vor dem Spiegel stets bewerten?
Nicht bewerten, aber bemängeln! Ich sehe im Spiegel meist nur meine Makel. Schaue ich aber nach unten, ist das anders. Ich sehe meine Zehen und finde alles andere auch noch ziemlich okay.