2017 mussten sich die Söhne Mannheims komplett neu erfinden. Xavier Naidoo (51) verliess die Band, weil sich die ideologischen Wege des Sängers von denen seiner Kollegen trennten. Naidoo begann, mit antisemitischen und verschwörungsideologischen Aussagen anzuecken. Ansichten, die die Söhne Mannheims nicht mittragen konnten. Mit dem Verlust der Strahlkraft des Sängers begann eine neue Zeit für die Band.
«Söhne»-Pianist Florian Sitzmann (57), ein ruhiger Mann mit tiefer Stimme und angenehmer Ausstrahlung, lässt diese schwere Zeit im Gespräch mit uns Revue passieren und schaut in die Zukunft. Seit über 20 Jahren ist der Deutsche Teil der Söhne Mannheims und damit eine Konstante im Konglomerat aus verschiedenen Generationen, Nationen, vor allem aber genialen Musikern.
Herr Sitzmann, die Söhne Mannheims spielen am 27. Mai in Mels SG zum ersten Mal seit langem wieder in der Schweiz. Warum die Schweiz-Pause?
Florian Sitzmann: Das ist schwer zu sagen. Wir spielen mega gerne in der Schweiz. Schweiz und Söhne, das war immer Rock 'n' Roll. Wir haben immer viele Festivals bei euch gespielt. Irgendwann hat sich die Festivalstruktur verändert, zum Beispiel mit der Einstellung des Blue Ball Festivals in Luzern, wo wir Stammgäste waren. Dann kam die Phase der Neuorientierung der Söhne Mannheims und dann Corona. Wir sind jetzt wirklich sehr froh, wieder in der Schweiz spielen zu können. Ich darf sogar verraten, dass wir jetzt wieder öfter vorbeikommen, am 26. Oktober zum Beispiel ins Zürcher Volkshaus.
Was macht denn die Schweiz für euch so besonders?
Die Schweizer haben wunderschöne Stimmen! Das harmoniert mit den Söhnen Mannheims ganz besonders. Wir lieben es, wenn das ganze Publikum zum Chor wird und mitsingt, das könnt ihr besonders gut. Zudem haben wir in der Schweiz Fans, die uns schon seit über 20 Jahren die Treue halten. Dafür sind wir wahnsinnig dankbar.
Wie hat sich die Identität der Söhne Mannheims mit den Jahren verändert?
Das war schon sehr skurril manchmal: Wo so viel Wandel ist, verändert sich die Dynamik natürlich ständig. Und es war auch oft eine Herzensaufgabe, die Identität der Söhne Mannheims inhaltlich und musikalisch zu erhalten. Alles, was daran positiv ist und was das Publikum feiert. Es ist ein Lebensprojekt, mit einer so vielseitigen und multikulturellen Musiker-Gemeinschaft zu arbeiten.
Florian Sitzmann (57) ist seit 1999 als Live-Keyboarder fester Bestandteil der Söhne Mannheims. Mit der Band feierte Sitzmann grosse Erfolge, bekam in der Schweiz sogar Gold und Platin für die Alben «Noiz» und «Iz On». Der Berufsmusiker ist Professor an der Pop-Akademie in Mannheim (D) und arbeitete neben Xavier Naidoo auch mit Grössen wie Nena. Am 27. Mai feiern die Söhne Mannheims in Mels SG ihr Live-Comeback in der Schweiz.
Florian Sitzmann (57) ist seit 1999 als Live-Keyboarder fester Bestandteil der Söhne Mannheims. Mit der Band feierte Sitzmann grosse Erfolge, bekam in der Schweiz sogar Gold und Platin für die Alben «Noiz» und «Iz On». Der Berufsmusiker ist Professor an der Pop-Akademie in Mannheim (D) und arbeitete neben Xavier Naidoo auch mit Grössen wie Nena. Am 27. Mai feiern die Söhne Mannheims in Mels SG ihr Live-Comeback in der Schweiz.
Was haben Sie aus dieser langen Zeit mitgenommen?
Beharrlichkeit, aber auch Glauben. Ich glaube persönlich an Gott und richte mein Leben auch danach aus. Es ist für mich ganz wichtig, in Krisenzeiten zu wissen, da gibt es noch was Grösseres, etwas Tragendes. Es gab Momente, die waren hart, und es war schwer, die Nerven zu bewahren. Gleichzeitig habe ich aber auch gelernt, alles zu geniessen, was an Schönem passiert. Das verbindet uns als Band, und das wollen wir wieder live mit dem Publikum feiern.
2017 dann der Bruch mit Xavier Naidoo.
Das war eine emotional wahnsinnig schwierige Zeit. Das kann man nicht anders sagen. Da schlagen zwei Herzen in der Brust: Das eine sagt, es ist gut, dass Xavier sich dafür entscheidet, auszusteigen, um ausschliesslich in seinem
eigenen Namen zu sprechen. Gleichzeitig schaut man auf diese Ära, auf das Monument Söhne Mannheims und fragt sich: «Wars das jetzt?» Und auch persönlich war da ja eine Freundschaft, die von wunderschönen Momenten geprägt war. Wenn so was zerbricht, ist das immer ganz schwierig. Es ist aber sehr schön, zu sehen, dass sich die Fans der Band wieder annehmen, und wir merken: Das ist hier absolut nicht am Ende, sondern es startet eine neue Ära.
Hat es Xavier Naidoos Wandel der Band leicht gemacht, nach vorne zu schauen?
Mir persönlich schon. Ich war mir plötzlich bewusst: Das geht nicht mehr zusammen. Klar war aber auch: Nach dem Ausstieg von Xavier bleiben die Söhne Mannheims eine Band, die gesellschaftlich schwierige Themen anschaut. Wir erheben unsere Stimmen für ein besseres Morgen. Als multikulturelles Musikerkollektiv stehen wir gegen Gewalt und Rassismus. Wir wollen mit Musik Brücken bauen und verbinden.
Wie gehen Sie damit um, dass die Söhne Mannheims und Xavier Naidoo immer in Zusammenhang gebracht werden?
Bei allen Differenzen: Xavier ist Teil unserer Wurzeln. Wir sind ihm dankbar, für viele wunderbare Songs, die er geschrieben hat, die wir heute noch gerne spielen. Das wollen wir auch überhaupt nicht verleugnen. Heute gehen wir unseren eigenen Weg und haben fantastische Sänger, wie unsere langjährigen Stimmen Michael Klimas und Dominic Sanz und unsere «neuen» Karim Amun und Giuseppe «Gastone» Porrello, der auch ein begnadeter Songwriter ist.
Wie schauen Sie in die Zukunft?
Absolut positiv. Unsere neuen Songs kommen sehr gut an. Wir sind im Radio präsent und unsere Live-Shows mit zehn Musikern auf der Bühne sind «Best of Söhne»-Shows mit den grossen Hits wie «Ein Lied» und neuen Songs vom kommenden Album «Kompass». Der Band-Kompass ist neu ausgerichtet, und es geht wieder volle Kraft voraus.
Die Söhne Mannheims spielen am 27. Mai 2023 in Mels (SG). Tickets gibt es hier.