«Die Regierung hat den Fall nicht zweifelsfrei bewiesen, sodass ich nicht aussagen muss», sagte Ghislaine Maxwell (59). Und dann schwieg sie. Es war Maxwells erste und wohl einzige Wortmeldung im Ende November eröffneten Prozess. Maxwell wird vorgeworfen, in sechs Fällen junge Mädchen für Sex mit Jeffrey Epstein (1953–2019) rekrutiert zu haben.
Die Verteidigung hatte am Freitag nach weniger als zwei Verhandlungstagen ihre Beweisführung beendet. Ihre Entscheidung der Aussage-Verweigerung fällte Maxwell, nachdem ihre Anwälte neun Zeugen vernommen hatten. Schlussplädoyers sind für Montag angesetzt. Anschliessend werden sich die Geschworenen zurückziehen und das Urteil fällen. Somit könnte der ursprünglich für sechs Wochen angesetzte Prozess noch vor Weihnachten enden.
Damals 14-Jährige sagten aus
Die Staatsanwaltschaft hatte nur zehn Tage für die Befragung ihrer Zeugen gebraucht. Zwei Frauen sagten aus, sie seien erst 14 Jahre alt gewesen, als Maxwell sie ansprach und sie für Massagen an Epstein vermittelte, die in sexuelle Handlungen mündeten. Die mutmasslichen Straftaten fanden zwischen 1994 und 2004 statt.
Maxwells Verteidigung stellte das Erinnerungsvermögen der Frauen infrage. Von 35 angekündigten eigenen Zeugen riefen die Anwälte am Ende nur neun auf, nachdem viele nicht für eine Aussage verfügbar waren. Mehrere mutmassliche Opfer verweigerten eine Aussage – aus Angst, dass ihre Identität publik wird.
Maxwell war im Juli 2020 festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Sie weist alle Vorwürfe zurück. Bei einer Verurteilung droht der Tochter des britischen Medienmoguls Robert Maxwell jahrzehntelange Haft. Der bereits in der Vergangenheit wegen Sexualverbrechen verurteilte Epstein war im August 2019 nach einer erneuten Festnahme tot in seiner Gefängniszelle in Manhattan aufgefunden worden.
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Dunkle Abgründe
Am Prozess waren auch bislang unveröffentlichte Fotos gezeigt worden, die Maxwell in einer offenbar glücklichen Beziehung mit Epstein zeigen. Der Jury wurden mehr als ein Dutzend Fotos vorgelegt, die eine unbeschwerte Beziehung zwischen den beiden zeigen – eine Beziehung, hinter der sich laut Zeugenaussagen viele dunkle Abgründe verbargen.
Nach Angaben der Behörden beging Epstein Suizid. Andere glauben, Epstein sei Opfer eines Komplotts geworden. Auch dessen Bruder ist sich sicher, Epstein sei zum Schweigen gebracht worden: «Jeffrey wurde im Gefängnis ermordet.» Epstein war mit zahlreichen Prominenten aus Politik, Wirtschaft und der High Society befreundet, deren Verhältnis zum verurteilten Sextäter unklar bleibt.
Am Maxwell-Prozess war auch das «Schwarze Buch» von Epstein ein Thema, worin pedantisch die Kontaktdetails von berühmten Personen festgehalten sind. Auf einer der knapp 100 Seiten ist unter anderem ein Kontakt ins Weisse Haus aufgelistet. (SDA/kes)