Christopher von Deylen alias «Schiller» hatte viele Selbstzweifel
«Ich empfand mich lange nicht gut genug als Musiker»

Christopher von Deylen, der auch unter dem Namen «Schiller» bekannt ist, ist süchtig danach, auf der Bühne zu stehen. Im April kommt er mit seinem neuen Album auch nach Zürich. Im BLICK-Interview verrät er, weshalb er sich lange Zeit vor solchen Auftritten fürchtete.
Publiziert: 15.10.2020 um 20:58 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2021 um 21:31 Uhr
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Popmusiker «Schiller» vermischt seit über 20 Jahren Klavierklänge mit Elektronik.
Foto: Siggi Bucher
Karin Frautschi

Seit über 20 Jahren gilt er als einer der erfolgreichsten elektronischen Musikproduzenten Deutschlands: Christopher von Deylen (50) alias «Schiller». Der Hamburger begann Klavierklänge mit Elektronik zu vermischen und wurde somit zu einem Pionier der elektronischen Pop- und Ambientmusik.

Trotz seines internationalen Erfolges steht er nicht gerne im Mittelpunkt. Wie er im Video-Interview mit BLICK sagt, war er schon immer lieber für sich allein. «Wenn viele Menschen da sind, lenkt mich das oft ab. Ich kann damit nicht so gut umgehen», sagt er. Im BLICK-Interview gibt er sich jedoch gelassen, Treffen mit bis zu zwei Personen seien in Ordnung für ihn.

Trotzdem kann der Musiker mittlerweile ohne Probleme vor vollen Hallen auftreten. Ursprünglich wollte er auch diesen Herbst auf Tour gehen. Wegen der Corona-Pandemie mussten seine geplanten Konzerte jedoch auf nächstes Jahr verschoben werden. Im April kommt er nun nach Zürich ins Komplex 457, mit seinem neuen Album «Colors» (Veröffentlichung: 16. Oktober) im Gepäck.

BLICK: Voraussichtlich können sie nächstes Jahr wieder auf die Bühne und kommen im April nach Zürich. Freuen sie sich?
Christopher von Deylen:
Ich kann es gar nicht abwarten, dass es wieder losgeht. Ich freue mich riesig auf diesen Moment. Hinzu kommt, dass ich die Schweiz und die Schweizer sehr mag. Ich bin oft dort, meine Patentante wohnt in Genf. Zudem komme ich seit 2004 mindestens einmal pro Jahr nach Winterthur ZH. Mein langjähriger Toningenieur hat dort ein eigenes Tonstudio. Er hat mir auch beim Endmix meines neuen Albums «Colors» geholfen.

Ihr neues Album erscheint am 16. Oktober – einen Tag nach ihrem 50. Geburtstag. Haben sie das bewusst so geplant?
Ich habe mich absichtlich für dieses Datum entschieden, denn normalerweise bin ich rund um die Veröffentlichung eines Albums immer sehr beschäftigt. Auch dieses Jahr hoffe ich, dass vorher noch irgendetwas dazwischen kommt, damit ich einer Geburtstagsfeier entgehen kann. Ich stehe nämlich nicht gerne im Mittelpunkt, auch an meinem Geburtstag nicht. Am liebsten wäre es mir, wenn ich mich an diesem Tag jeweils unsichtbar machen könnte.

Sie stehen nicht gerne im Mittelpunkt, fühlen sich aber trotzdem wohl auf der Bühne?
Ich habe mich erst recht spät auf die Bühne getraut. Lange Zeit empfand ich mich nicht gut genug als Musiker. Ich kann zwar ein bisschen Klavier spielen und gut mit Technik umgehen, live vor Publikum aufzutreten, habe ich mich aber lange nicht getraut. Als es dann doch mal soweit kam, dachte ich mir, dass ich das nur ein einziges Mal machen würde. Überraschenderweise hat dann aber dieser erste Bühnenauftritt mein Leben verändert und war der Startschuss für all meine folgenden Auftritte.

Wie war ihr erster Auftritt auf der Bühne?
Zum Glück war ich zuvor mit so viel technischen Fragen beschäftigt, dass ich gar keine Zeit hatte, mich meinem Lampenfieber zu widmen. Das Konzert dauerte eine Stunde und verging wie im Flug. Danach dachte ich nur noch daran, dass ich das auf jeden Fall wieder machen möchte. Seither bin ich süchtig nach diesem Gefühl, auf der Bühne zu stehen und für das Publikum Musik zu machen.

Im Sommer traten sie auch bei Autokonzerten auf. Was war das für ein Erlebnis?
Es hat nicht weniger Spass gemacht, aber es war anders. Die Energie zwischen dem Publikum und dem Künstler ist nicht dieselbe. Man sah auf dunkle Windschutzscheiben, statt in die Gesichter der Fans. Ich bin aber froh, dass ich das gemacht habe und könnte mir auch in Zukunft vorstellen, wieder mal etwas in dieser Art durchzuführen.

Wie hat die Corona-Krise ihr Leben als Musiker beeinflusst?
Man kann das Leben nur begrenzt planen, und das mag ich. Somit versuchte ich, schon vor der Krise, möglichst flexibel zu sein. Ich war für einige Zeit im Ausland und lebte nur aus zwei Koffern. Unabhängig von der Pandemie kam ich zufällig genau zwischen März und April zurück nach Deutschland und habe mich in einer norddeutschen Provinz niedergelassen, eine Stunde südlich von Hamburg. Schlimmer war es hingegen für die Menschen aus meinem Team und meiner Live-Crew. Ich selbst konnte ja trotzdem ins Studio gehen und Musik machen. Aber jemand der beispielsweise meinen LKW fährt, konnte nichts machen. Da einige von ihnen inzwischen zum Glück einen anderen Job gefunden haben, ist es nicht klar, ob diese dann auch wieder mitkommen, wenn es weitergeht.

Sobald es weitergeht, stehen bei ihnen bereits die nächsten Projekte an. Mit welchem Künstler möchten Sie in Zukunft gerne einmal zusammenarbeiten?
Mit dem britischen Musiker Neil Tennant (66) von der Musikgruppe «Pet Shop Boys». Er hat eine ganz aussergewöhnliche Stimme. Seit Jahren frage ich ihn bei jedem Album aufs Neue an, bekam bisher aber jedes Mal eine Absage. Trotzdem gebe ich nicht auf und versuche es weiter.

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