Die Ausbreitung des Coronavirus hat die Schweiz in die grösste Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte katapultiert. Plötzlich ging nichts mehr. Die Welt stand praktisch still. Der Bundesrat ordnete den Lockdown an. Über 1 Millionen Angestellte verharrten in Kurzarbeit.
Der Ausnahmezustand brachte Zehntausende in Existenznot. Firmen meldeten Konkurs an, Angestellte landeten auf der Strasse. Wie schlimm die Situation ist, zeigen die jüngsten Zahlen vom Arbeitsmarkt. Knapp über 150’000 Personen galten Ende Juni ganz offiziell als arbeitslos. Sie müssen beim RAV stempeln. Einen Job haben sie nicht.
Ende Februar sah die Situation anders aus. Die Wintersaison war im vollen Gang, die Bergrestaurants offen, die Flughäfen im Normalbetrieb. In Luzern bestaunten asiatische Touristen die Kapellbrücke, bevor sie sich auf den Weg zum Titlis machten. Die Hotels in Interlaken BE waren gut besucht. Der Frühling zeichnete sich ab, erste Blumen brachen durch den Boden.
Jähes Ende
Die Lage am Arbeitsmarkt war gut. Nur knapp 118’000 Personen waren bei den diversen Arbeitsämtern als arbeitslos registriert. Das entsprach einer Quote von 2,5 Prozent. Die Zahlen waren rückläufig, selbst im Vergleich mit dem Vorjahr.
Die Lage war insbesondere in der Deutschschweiz relativ entspannt. In Nidwalden und Obwalden lag die Quote der Arbeitslosen sogar unter einem Prozent. So sieht Vollbeschäftigung aus. Immer weniger Jugendliche waren auf staatliche Unterstützung angewiesen.
Die ersten Wolken zeigten sich aber bereits am Horizont. Das Coronavirus sorgte im asiatischen Raum bereits für erste Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Lieferketten brachen ab. In einigen Kantonen gingen die ersten Gesuche um Kurzarbeit ein.
RAV am Anschlag
Schliesslich ging es Schlag auf Schlag. Mitte März verhängte der Bundesrat den Lockdown. Die Zahl der Arbeitslosen stieg täglich. Tausende verloren ihre Stelle. Per Ende Juni lag die Zahl der Personen, die vom RAV abhängig waren, bei 150’289. Das sind knapp 32’000 Personen mehr als Ende Februar.
Die meisten Neu-Arbeitslosen gab es in Zürich. Der Kanton ist eigentlich die Wirtschaftslokomotive des Landes. Die Löwen im Wappen stehen für Kraft und Kühnheit. In Zeiten von Corona zeigt sich aber die andere Seite dieser Schaffenskraft. Niemand produzierte mehr Arbeitslose. Die Zahl schnellte von 20’000 auf über 27’000 hoch. Fast jeder vierte Neu-Arbeitslose stammt aus Zürich.
Hart getroffen sind auch die Kantone Bern, Genf und Waadt. In Bern und Genf stieg die Zahl der beim RAV Gemeldeten um rund 3000. In der Waadt spülte die Krise fast 5000 Neue an den Schalter der Arbeitslosenkasse. Die RAV haben entsprechend aufgerüstet.
Die weibliche Krise
Die Krise hatte auch unterschiedliche Folgen für die Geschlechter. Ende Februar galten knapp 50’000 Frauen offiziell als arbeitslos. Das entsprach einem Anteil von 42 Prozent. Ende Juni schnellte dieser Anteil auf fast 45 Prozent hoch. In der Summe waren 67’000 Frauen arbeitslos. Das heisst: mehr als jeder zweite Job, der in den Corona-Monaten vernichtet wurde, war weiblich!
Besorgniserregend ist auch die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit. Sie nimmt nicht nur in absoluten Zahlen zu, sondern auch in relativen. Das heisst: Immer mehr Personen, die auf das RAV angewiesen sind, sind unter 25 Jahre alt. Steigend ist auch die Quote derjenigen, die erstmals auf Stellensuche sind. Das heisst also: Die Krise ist nicht nur weiblich, sondern auch jung.
Besonders prekär: Wer jung ist und bereits vor der Krise ohne Job war, hatte es in und jetzt nach dem Lockdown noch schwerer. Es sieht so aus, als produziere Corona eine Generation von Jugend-Langzeitarbeitslosen. Ende Februar waren 1700 Jugendliche seit über einem halben Jahr auf Stellensuche. Ende Juli waren es bereits über 3300. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine beängstigende Verdoppelung.
Diplomiert und arbeitslos
Diese Jugendlichen werden es besonders schwer haben, wieder Fuss zu fassen im Arbeitsmarkt. Und selbst wenn sie die Herkulesaufgabe stemmen, dürften sie noch Jahre später eine Benachteiligung spüren. Ihr Lohn wird tiefer sein, ihre Angst vor Jobverlust grösser. Das ist sozialer Sprengstoff.
Explosiv ist es denn auch in der Branche der Dienstleistungsberufe. Tausende Verkäuferinnen mussten über die Klippe springen. Alleine bei dieser Berufsgattung stieg die Zahl der Arbeitslosen um 10’000. Aber, und das zeigt die Krise ganz eindrücklich, auch ein Hochschulabschluss schützt nicht vor der Corona-Entlassungswelle. Vor der Krise waren 29’000 Personen mit Tertiärabschluss ohne Job. Nach der Krise sind es 38’000. Macht unterm Strich ein Plus von 9000.
Immerhin: In relativen Zahlen sinkt der Anteil der Ausländer, die auf Arbeitssuche sind. Das ist insofern ein Lichtblick, als es Schweizer – und Schweizerinnen! – leichter haben, einen Job zu finden. Das ist einer der wenigen Lichtblicke am Arbeitsmarkt.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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