Wie sicher sind unsere Brücken bei Kollisionen? Experten erklären
«Unsere robusten Pfeiler werden eher zum Problem für die Schiffe»

Auf Schweizer Gewässern verkehren keine grossen Containerschiffe wie beim Unglück in Baltimore. Dennoch könnte auch hierzulande ein Schiff einen Pfeiler rammen.
Publiziert: 27.03.2024 um 18:36 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2024 um 21:18 Uhr
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Schock in Baltimore: Die 2,5 Kilometer lange Brücke stürzte in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) ein.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Sandra MeierJournalistin News

Sechs Personen gelten nach der Brücken-Tragödie von Baltimore weiterhin als vermisst. Das 300 Meter lange Frachtschiff Dali hatte in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) einen Pfeiler gerammt und so die Brücke zum Einstürzen gebracht.

Auf Schweizer Gewässern sind keine solch grossen Containerschiffe wie die Dali unterwegs. Dennoch kann auch hierzulande ein Schiff einen Pfeiler treffen, erklärt Thomas Vogel, emeritierter ETH-Professor am Institut für Baustatik und Konstruktion, auf Anfrage von Blick. Auch Thomas Rohrbach, Mediensprecher beim Bundesamt für Strassen (Astra), sagt: «Eine Kollision kann nicht ausgeschlossen werden, aber das Risiko, dass eine Brücke einstürzt, ist verschwindend gering.» Als Grund nennt er etwa die Grösse der Schiffe in der Schweiz. «Unsere robusten Pfeiler werden eher zum Problem für die Schiffe als umgekehrt, gerade bei kleinen Booten.»

Die grössten Frachter hierzulande verkehren auf dem Rhein. «Dort sind alle Brückenpfeiler so massiv, dass sie einen Anprall aushalten sollten», sagt Vogel. Der pensionierte ETH-Professor gibt ein Beispiel von 1984. Damals rammte ein Schiff einen Pfeiler an der Mittleren Brücke in Basel und blieb hängen – ohne dass die Brücke beschädigt wurde. Neben der Grösse der Schiffe spielt auch die geringere Wassertiefe in Flüssen eine Rolle. Dadurch kann eine Brücke so bemessen werden, dass sie einem Schiffsanprall standhält.

Schwierigkeit von immer grösser werdenden Schiffen

Die Gefahr einer Kollision bestehe bei allen schiffbaren Gewässern. Aber: «Das Problem ist eher, dass sich Schiffe weiterentwickeln und die Tragwerke bereits bestehen und nicht zwingend nachgerüstet werden», so Experte Vogel zu Blick. Wie in Baltimore.

Um bestehende Brücken gegen die immer grösser werdenden Schiffe zu sichern, müsste man laut Vogel um die Hauptpfeiler Schikanen bauen: «Etwa eine Insel aufschütten, sodass ein Schiff auf Grund läuft, bevor es anprallt.» Ob dies im Fall von Baltimore möglich gewesen wäre, kann der Experte nicht beantworten. Es sei auch eine Kostenfrage.

«Da hilft auch eine lokal grössere Robustheit nicht viel»

Das Problem bei einer Brücke wie in Baltimore ist gemäss Vogel zudem, dass solche Fachwerkbrücken nicht besonders robust seien. Jedes Trageelement habe eine Funktion, die kaum von anderen übernommen werden könne. Anders die rund 3000 Nationalstrassenbrücken, die das Bundesamt für Strassen unterhält. Die meisten seien Stahlbetonkonstruktionen, sagt Mediensprecher Rohrbach. Diese seien so gebaut, dass beschädigte Einzelteile nicht zu einem kompletten Einsturz der Brücke führen. «Wenn ein Bauteil versagt, ist ein Dominoeffekt praktisch ausgeschlossen.» 

Neben der sicheren Bauweise sind laut Rohrbach auch regelmässige Kontrollen und Unterhalt entscheidend. Allein für 2024 sprach das Parlament Gelder in der Höhe von 1,7 Milliarden Franken für Verbesserung und Unterhalt des bestehenden Nationalstrassennetzes. 

Im Fall von Baltimore kommt erschwerend hinzu: Die Dali rammte den gesamten Pfeiler und traf gemäss Vogel allenfalls auch Teile des Überbaus. Der Experte zu Blick: «Da hilft auch eine lokal grössere Robustheit nicht viel. Auch gibt es bei solchen Spannweiten keine Systeme, die es aushalten, wenn ein Pfeiler ausfällt.»

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