Hier kracht die Brücke in den Fluss
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Experte Pawel Ziegler zum Schiffsunglück in Baltimore
In diesem Fall ist das Schiff manövrierunfähig

Das Schiffsunglück in Baltimore trifft die USA mitten ins Herz. Nautik-Experte Pawel Ziegler erklärt, was bei einem Stromausfall an Bord passiert und warum das Notankermanöver vermutlich zu spät kam.
Publiziert: 27.03.2024 um 07:57 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2024 um 09:12 Uhr
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Am frühen Dienstagmorgen crashte das Schiff in die Francis-Scott-Key-Brücke in Baltimore.
Foto: Anadolu via Getty Images

Am frühen Dienstagmorgen kollidierte das Frachtschiff Dali in Baltimore mit der Francis-Scott-Key-Brücke im Hafen der amerikanischen Stadt. Das Schiff fuhr dabei auf einen der beiden Hauptstützpfeiler der Brücke zu, was zu deren Einsturz führte. Zuvor habe die Crew einen «Mayday»-Anruf abgegeben und der Strom schien Probleme zu machen, woraufhin die Besatzung den Verlust des Antriebs meldete. Wie Pawel Ziegler, Professor für Nautik und Schiffsführung an der Universität Flensburg im Interview mit Blick sagt, können solche Vorfälle passieren.

«Ein Maschinenausfall kommt technisch bedingt in der Schifffahrt durchaus vor», meint der Experte. Was jedoch Probleme machen kann: Sollte sich das Schiff in engen Gewässern mit potenziell gefährlichen Objekten befinden, kann es kritisch werden. In solch einer Situation gilt: «Das Schiff ist bei einem Maschinenausfall manövrierunfähig.»

Das könnte mit der Dali passiert sein

Nach dem Verlassen des Hafens habe man der Besatzung zufolge den Antrieb verloren – die Dali war zu dem Zeitpunkt mit lediglich 8 Knoten, umgerechnet etwa 14,5 km/h, unterwegs. Laut Ziegler entsteht so nicht genug Anströmung durch den Propeller, um das Schiff per Ruder zu lenken – so fährt es manövrierunfähig den letzten Kurs weiter. «Die Navigationseinrichtungen werden bei Stromausfall an Bord («Black-out») von einer Not-Batterie versorgt», erklärt er. «Das Ruder kann temporär tatsächlich beeinträchtigt sein.» Möglich ist, dass der Antrieb zuerst wegfiel, was Manövrieren bereits nicht möglich machte, und dass die Ruder durch den Stromausfall ebenfalls untauglich gemacht wurden.

Es gibt aber noch zwei weitere Möglichkeiten, um in einem solchen Fall auszuhelfen. Der wichtigste Faktor ist dabei ausreichend Zeit. So können die gegebenenfalls vorhandenen Bug- und Heckstrahler den Kurs minimal ändern – oder aber ein Notankermanöver kann eingeleitet werden: «Dieses Notankermanöver braucht aber auch seine Zeit und daher auch Fahrstrecke, bis es eine Wirkung (Bremsen) entfalten kann.»

Der Experte vermutet, dass die kurze Zeitspanne sowie Wegstrecke zwischen dem Maschinenausfall und der Kollision es der Besatzung nicht möglich machte, Notmassnahmen einzuleiten.

Kein Autopilot im Spiel

Grosse Schiffe wie dieses werden laut Ziegler im Revier (Häfen, Ansteuerungen, engen Gewässern, Flüssen etc.) manuell und mit der Unterstützung eines lokalen Lotsen gesteuert, der mit den Gewässern vertraut ist. «Das bedeutet, ein Steuermann auf der Brücke am Ruder empfängt stetig Kurs- oder Ruderlagenkommandos vom Kapitän oder wachhabenden Schiffsoffizier», so der Experte. «Der anwesende Lotse des Reviers berät, empfiehlt und unterstützt dabei.» Im Fall Baltimore soll zum Zeitpunkt des Unglücks ein Lotse am Steuer gewesen sein.

Die Benutzung eines Autopiloten dürfte laut Ziegler an dieser Stelle in Baltimore eher unwahrscheinlich sein: «Autopilot kommt nur bei längeren, übersichtlichen und nicht komplexen Passagen zum Einsatz.»

Das Schiff dürfte weiter mit den standardgemässen Sicherheitsmechanismen ausgestattet worden sein: Navigationshilfsmittel wie Radar und elektronische Seekarte (ECDIS). «Letztere warnt vor Untiefen und der Annäherung an Kollisionsobjekte, falls diese Funktion richtig programmiert und aktiviert wurde», so Ziegler. Was genau an Bord passierte und wieso das Schiff die Brücke rammte, bleibt vorerst offen.

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