Tausende Promille-Fahrten gestoppt
Zu betrunken fürs E-Trotti

Wer spätnachts einen E-Scooter ausleihen will, muss einen Reaktionstest bestehen. Beim Zürcher Platzhirsch Voi fallen bis zu fünf Prozent der Nutzerinnen und Nutzer durch.
Publiziert: 23.06.2024 um 09:10 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2024 um 16:25 Uhr
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Stolperfalle im Stadtverkehr: In Zürich herrscht immer noch E-Trotti-Wildwuchs.
Foto: IMAGO/Pond5 Images
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Peter AeschlimannRedaktor

E-Scooter haben einen schlechten Ruf. Dafür verantwortlich sind Nutzerinnen und Nutzer, die sich nicht an die Regeln halten. Die verbotenerweise auf dem Trottoir herumkurven oder ihr Gefährt irgendwo abstellen, wo das Trotti zur Stolperfalle wird.

Um Konflikten vorzubeugen, hat die Stadt Bern einen harten Entscheid gefällt: Seit diesem Frühling dürfen nur noch 300 statt wie bisher 350 E-Scooter ausgeliehen werden. Zur Verfügung gestellt werden die Fahrzeuge nur noch von einem Anbieter, dem schwedischen Unternehmen Voi. Mitstreiter Tier hatte das Nachsehen.

In Zürich herrscht Wildwuchs

Wildwuchs herrscht dafür nach wie vor in der Stadt Zürich. Dort buhlen inzwischen fünf Anbieter mit insgesamt 4000 Trottis um Kundinnen und Kunden. Zu viele, um noch von einer gesunden Konkurrenzsituation zu sprechen. Das sagen selbst die Betreiber.

Dass in der Limmatstadt bei E-Trottis ein Jekami herrscht, hat mit einem juristischen Verfahren zu tun. So lange nicht geklärt ist, wie die Nutzung des öffentlichen Raums künftig geregelt werden soll, wollen die Behörden keine neue Ausschreibung starten.

Eine Einschränkung plant die Stadt Zürich schon ab dem nächsten Jahr beim sogenannten Free-Floating-System. Dann dürfen die Trottis in der Innenstadt nur noch an dafür vorgesehenen Standorten parkiert werden, wie die Dienstabteilung Verkehr gegenüber SonntagsBlick bestätigt.

Mitternächtlicher Reaktionstest

Um strengeren Vorschriften oder gar einem Verbot, wie es etwa Paris im letzten Jahr ausgesprochen hat, zuvorzukommen, legen sich die Anbieter ins Zeug. Voi bietet etwa Online-Fahrkurse an. Wer erfolgreich besteht, bekommt Gratis-Minuten oder Rabatte. Lädt ein User ein Foto von sich mit Helm hoch, wird das mit Vergünstigungen belohnt.

Auch gegen das Fahren in angetrunkenem Zustand wollen die Anbieter vorgehen. Wer zu bestimmten Nachtzeiten ein E-Trotti ausleihen will, muss erst mit dem Finger einen Geschicklichkeitstest auf dem Lenker-Display absolvieren. Während bei Lime 1 Prozent der Lenkerinnen und Lenker den Test nicht bestehen, sind es bei Voi bis zu 5 Prozent. Konkurrent Tier hat auf eine entsprechende Anfrage nicht reagiert.

Die meisten Test-Durchfälle gab es im vergangenen Jahr laut Voi-Sprecher Tim Schäfer in Zürich. Er sagt: «Aufs Jahr gerechnet wurden damit über 2500 potenzielle Trunkenheitsfahrten in der Schweiz gestoppt.» Der Reaktionstest sei aber lediglich eine zusätzliche Sicherheitsmassnahme und ersetze die Kontrollen der Polizei nicht.

Trottoir-Fahrende gebüsst

Wer in Zürich ein Lime-Fahrzeug ausleihen will, muss zwischen Mitternacht und 4 Uhr morgens einen Reaktionstest bestehen. Wer dreimal versagt, wird für mehrere Stunden gesperrt. «Einen Alkoholtest ersetzen diese Tests nicht», sagt auch Lime-Sprecher Lukas Winder. Man wolle damit an das Verantwortungsbewusstsein der Nutzerinnen und Nutzer appellieren und Fahruntüchtige von der Nutzung ausschliessen.

Die Stadtpolizei Zürich führt keine Statistik darüber, wie oft Ordnungshüter E-Trotti-Fahrende wegen zu vieler Promille büssen. Gesondert erfasst wird einzig das unerlaubte Befahren des Trottoirs mit einem E-Trottinett. Im vergangenen Jahr haben Beamte für diese Übertretungen 235 Ordnungsbussen verteilt, im 2022 waren es deren 187.

Basel hat im 2023 insgesamt 107 E-Scooter-Nutzerinnen und -Nutzer verzeigt. 13-mal handelte es sich bei der Übertretung um Befahren eines Trottoirs. Weit mehr Bussen verteilt wurden für unerlaubtes Mitführen einer Person (36) oder das Abstellen des Trottis im Parkverbot (20). In Bern wird über diese Zahlen nicht Buch geführt.

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