Dieser Schweizer Neonazi kämpfte im Ukraine-Krieg
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Wie gefährlich ist B.S.*?
Dieser Schweizer Neonazi kämpfte im Ukraine-Krieg

Der Genfer B.S.* hat sich einer Miliz in der Ukraine angeschlossen. Und er ist nicht der einzige Schweizer. Die Militärjustiz hat nun einen ersten Söldner verurteilt. Wie gefährlich sind die Krieger?
Publiziert: 22.08.2020 um 23:28 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2021 um 14:45 Uhr
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B.S.* aus Genf (l.) reiste in die Ukraine und schloss sich einer rechtsextremen Miliz an.
Foto: Facebook
Fabian Eberhard

In Europa herrscht Krieg. Seit 2014 kämpfen ukrainische Regierungstruppen in der Region Donbass gegen russische Separatisten. Ein fast vergessener Konflikt, der aus den Schlagzeilen verschwunden ist – obwohl er bereits mehr als 13 000 Menschenleben gefordert hat.

Recherchen zeigen nun: An der Front in der Ostukraine mischen auch Schweizer mit. Einer von ihnen: B. S.* aus Genf, Mittelalter-Fan und glühender Rechtsextremist.

Als Russland im März 2014 die Halbinsel Krim annektierte, schritt S. erstmals zur Tat. Der Genfer, der damals den welschen Hammerskins angehörte, gründete die «Misanthropic Division Schweiz». Die Gruppe diente als direkter Ableger einer gleichnamigen Neonazi-Miliz, die in der Ukraine gegen die russischen Separatisten kämpfte.

Pendant zum Islamischen Staat

Was zu jener Zeit für westliche Jugendliche mit Hang zum Islamismus die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bedeutete, waren die rechtsextremen Freiwilligenbataillone für junge Neonazis. Hunderte reisten in die Ukraine und zogen in den Krieg. Auch S. machte sich schon bald auf den Weg an die Front.

Zunächst sammelte der Genfer in der Schweiz Geld und überwies es an die Misanthropic Division in der Ukraine. Im November 2014 reiste er dann zusammen mit Kameraden aus der Romandie nach Kiew, um eine Lieferung mit Militärkleidern zu überbringen. Auf Facebook postete er ein Foto einer rechtsextremen Ukraine-Miliz und schrieb dazu: «Werde ich mich anschliessen?»

Söldnertum ist für Schweizer Bürger illegal. Wer fremden Militärdienst leistet, dem droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Die Militärjustiz hat bisher zwei Verfahren gegen mutmassliche Ukraine-Kämpfer abgeschlossen.

Tessiner erhielt Geldstrafe

Eines davon richtete sich gegen einen rechtsextremen St. Galler (43), der bei einer ukrainischen Miliz mitgekämpft haben soll. Die Ermittlungen waren langwierig, mussten aber aus Mangel an Beweisen eingestellt werden. Das zweite Verfahren endete mit einem Schuldspruch. Ein 25-jähriger Tessiner wurde Mitte März zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er sich 2015 bei den russischen Separatisten einreihte.

Laut dem Strafmandat, das SonntagsBlick vorliegt, hatte sich der Mann aus Lugano der internationalen Brigade Pjatnaschka angeschlossen. Nicht abschliessend klären konnten die Ermittler, ob der Tessiner an Kampfhandlungen teilgenommen hatte. Der Beschuldigte bestreitet dies zwar, schickte einem Freund über Facebook allerdings Nachrichten aus der Ostukraine, in denen er damit prahlte, dass er einen bewaffneten Panzer gelenkt habe und nur knapp einer russischen Rakete entkommen sei.

Von der Militärjustiz bisher unbehelligt blieb der Genfer B. S. Fotos belegen jedoch, dass er sich wenige Monate nach seiner Reise nach Kiew dem rechtsextremen Kampfverbund Carpathian Sich angeschlossen hat, einer kleinen, aber brutalen Freiwilligenmiliz. Auf den Bildern posiert er bewaffnet in Uniform. Seine Gesinnung trägt er auf der Brust: ein aufgenähter SS-Totenkopf.

Radikalisiert, vernetzt, kampferprobt

Klar ist: Der Hammerskin ist einer der gefährlichsten Neonazis der Schweiz. Hochgradig radikalisiert, international vernetzt – und kampferprobt. Ob der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) ihn im Blick hat? Sprecherin Lea Rappo sagt nichts dazu.

Während der NDB von sich aus regelmässig Statistiken zu Dschihadisten veröffentlicht, die in Kriegsgebiete gereist sind, schweigt man sich zu rechtsextremen Söldnern aus. Rappo lässt lediglich wissen: «Der Nachrichtendienst des Bundes verfolgt die Entwicklung in der Ostukraine und im Bereich gewalttätiger Extremismus gemäss seinem gesetzlichen Auftrag.»

B. S. wurde durch den Krim-Konflikt zu einer wichtigen Figur in der militanten ukrainischen Extremistenszene. 2017 trat er an einer Konferenz in Kiew als Redner auf. Im Publikum: führende Neonazis aus ganz Europa.

Auslandsbeauftragte spielte zentrale Rolle

Fotos vom Anlass zeigen den Genfer Arm in Arm mit Olena Semenyaka. Die Ukrainerin agiert als Auslandsbeauftragte des Regiments Azov, einer Freiwilligenmiliz, in der Dutzende ausländische Neonazi-Söldner kämpften. Sie spielte mutmasslich eine zentrale Rolle bei der Rekrutierung internationaler Krieger für die Ukraine.

In ihrer Rede an der Konferenz kam sie auch auf den Genfer zu sprechen: «Wenn eine Person aus der Schweiz in die Ukraine ziehen kann, dann ist alles möglich. Danke für alles, B. S.!»

Eine Frage aber bleibt: Wo hält sich S. heute auf, ist er zurück in der Schweiz?

Und falls ja: Wie akut ist die Gefahr, die von ihm ausgeht? Seine letzte konkrete Spur hinterliess der Genfer im Spätsommer 2019, als er in der Westukraine an einem Trainingscamp der paramilitärischen Kampftruppe Carpathian Sich C14 teilnahm.

Ein digitales Foto zeigt ihn, wie er die schwarze Fahne der Organisation hisst. Veröffentlicht hat es der Anführer der Miliz.

* Name der Redaktion bekannt

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