Es sind hochexplosive Puzzleteile. Alle zusammengesetzt, ergeben sie ein Bild, von dem man Gänsehaut bekommt. Denn mit den Waffenteilen, die jetzt die italienische Polizei im Arsenal von Antonio M.* (42) aus Bissone TI entdeckte, wird Krieg geführt.
Schon der Fund der französischen Mittelstreckenrakete Mitte Juli 2019 sorgte für Schlagzeilen. Kurz darauf sicherten die Beamten im gleichen Hangar am Flugplatz von Voghera (I) zwei LR-0-Raketen für Raketenwerfer zur Bewaffnung von MB339-Flugzeugen (BLICK berichtete).
Waffenteile für Schiffs- und Flugabwehrraketen
Jetzt wurden auch verschiedene Lenk- und Kontrollvorrichtungen gefunden, die es in sich haben. Einige zünden den Abschuss von Seezielflugkörpern, sogenannte Sea Killer. Andere bedienen sowjetische Flugabwehrraketen des Typs SA-8 sowie überschallschnelle Luft-Luft-Raketen, Model AIM-7 Sparrow aus US-Produktion.
Dagegen wirken die Maschinen- und Sturmgewehre, Handgranaten, Pistolen und Munitionen, die die italienische Polizei beim Komplizen des Schweizers, Francesco B.* (60), in Gallarate (I) und Massa-Carrara (I) sicherstellte, geradezu harmlos.
Was macht das schwere Kriegsgerät in den Händen eines Schweizer Neonazis? Das fragt sich nicht nur die Antiterror-Spezialeinheit der italienischen Polizei, sondern auch die Schweizer Bundesanwaltschaft und das FBI.
Ex-KGB-Agent setzte Polizei auf die Spur der Neonazis
Auf die Spur des Tessiner Waffenhändlers kam die italienische Polizei dank des Hinweises eines ehemaligen KGB-Agenten. Dieser steckte den Turiner Ermittlern, ukrainische Nationalisten planten einen Anschlag auf Italiens Innenminister Matteo Salvini (46). Der Hinweis erwies sich als Ente.
Doch daraufhin angesetzte Lauschaktionen ergaben: Fünf italienische Neonazis, die in der Ukraine an der Seite der Nationalisten gegen die Separatisten in der Donbass-Region kämpften, interessierten sich über Whatsapp für den Kauf der französischen Mittelstreckenrakete.
Die Rakete versuchte Francesco B. zu vermitteln. Über den ehemaligen Zollinspektor und einstigen Kandidaten für die rechtsextreme italienische Partei Forza Nuova kam die Turiner Polizei schliesslich auf Antonio M. aus Bissone TI.
Antonio M. und seine dubiosen Geschäftspartner
Obskur ist auch dessen Vergangenheit. Offiziell handelte der ehemalige Ruag-Mitarbeiter mit gebrauchten Flugzeugen. Die Deals liefen über seine Schweizer Firmen, darunter die Swiss Global Aerospace AG. Geschäftspartner waren unter anderen so dubiose Gestalten wie der Schweizer Armando S.* (54). Der Mann aus Cresciano wurde 2010 in Italien zu acht Jahren verurteilt, weil er Kriegsmaterial in den Iran verkauft hatte.
Die Swiss Global Aerospace AG, zuvor als Tremon Holding AG im Handelsregister eingetragen, erwarb Antonio M. von einem Tessiner Anwalt – gegen Gianpaolo F.* wurde bereits 1987 wegen internationalem Waffenhandel (mit Israel und Somalia) in Italien ermittelt.
* Namen geändert