Die vier Mitglieder einer reichen indischen Familie haben sich nicht des Menschenhandels schuldig gemacht. Das Genfer Strafgericht hat sie am Freitag von diesem Vorwurf freigesprochen. Sie haben sich jedoch des gewerbsmässigen Wuchers schuldig gemacht.
Den Angeklagten wurde vorgeworfen, in ihrer Villa in Cologny GE Hauspersonal ausgebeutet zu haben. Das Gericht stellte fest, dass die indischen Hausangestellten nicht gezwungen wurden, in die Schweiz zu kommen, um dort zu arbeiten.
Lange Haftstrafen
Sie erhielten allerdings selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie Kost und Logis erhielten, lächerliche Löhne. Die Familie soll den in Indien rekrutierten Hausangestellten für ihr Anwesen in Genf Hungerlöhne von 220 bis 400 Franken monatlich gezahlt haben und unter anderem bei der Ankunft die Reisepässe der Angestellten eingezogen haben. Die Angestellten schliefen in einem Zimmer im Untergeschoss des Hauses; einem Raum ohne Tageslicht und ohne Frischluftzufuhr. Nach Ansicht der Richter hat die Familie die schwache Position dieser indischen Angestellten, von denen einige Analphabeten waren, in charakteristischer Weise ausgenutzt.
Die Eltern wurden zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Ihre Schwiegertochter und ihr Sohn erhielten vier Jahre Gefängnis. Die Angeklagten waren bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.
«Mehr für einen Hund ausgegeben»
Staatsanwalt Yves Bertossa hatte der Familie vorgeworfen, «mehr für einen Hund ausgegeben» zu haben, «als für einen ihrer Angestellten». Nach dem Schuldspruch forderte er die Verhaftung der Verurteilten. Das Vermögen der Familie wird laut AFP auf 42 Milliarden Franken geschätzt.
Das Gericht befand, aus Schweizer Sicht sei ein solches Salär «extrem». Die indische Familie habe durch ihren Entscheid, nicht Schweizer Löhne auszuzahlen, zwischen Juni 2009 und April 2018 2,5 Millionen Franken eingespart.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass die indische Familie unterdessen die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt. Insofern habe sie in voller Kenntnis der hiesigen Verhältnisse gehandelt. Sie könnten sich nicht auf die Situation in Indien berufen. «Ihr Verschulden wiegt sehr schwer», so das Gericht.
Die Anwälte der Familie Hinduja gaben am Freitagabend in einer Medienmitteilung bekannt, das Urteil werde angefochten. Die Unschuldsvermutung für die Familie habe weiterhin zu gelten. Die Anwälte wiesen ausserdem darauf hin, dass es während des Verfahrens zu Rückzügen von Klagen kam.