Die Seilbahn von Weggis LU nach Rigi Kaltbad LU ist fast 60 Jahre alt – nun soll sie ersetzt werden. Anstelle von zwei grossen Kabinen wie bisher, wollen die Rigibahnen bis 2027 eine Anlage mit 22 Gondeln bauen, in die jeweils zehn Personen passen. So könnten künftig deutlich mehr Besucher auf den Ausflugsberg in der Zentralschweiz gelangen.
Dazu müssen in dem teils steilen und bewaldeten Berghang zehn zusätzliche Masten aufgestellt werden – und viele Bäume fallen. Anwohner wie Umweltverbände aber wehren sich dagegen. Sie verlangen, dass die Pendelbahn auch in Zukunft mit zwei Grosskabinen ausgestattet ist, obwohl die Weggiser Stimmbevölkerung das Gondel-Projekt der Rigibahnen bereits vor knapp zwei Jahren gutgeheissen hat. Derzeit befasst sich das Bundesamt für Verkehr (BAV) im Genehmigungsverfahren damit. An vorderster Front der Gegner kämpfen der Anwohner René Stettler, der Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee sowie die Stiftung für Landschaftsschutz Schweiz. Sie haben Beschwerde gegen das Projekt eingereicht.
Viele Änderungen
Was die Kritiker zusätzlich in Rage versetzt: Mitten im laufenden Verfahren haben die Rigibahnen ihr ursprüngliches Sicherheitskonzept geändert. Im Notfall sollen die Passagiere nun nicht mehr zum nächsten Mast gebracht und abgeseilt, sondern unmittelbar senkrecht aus der Kabine evakuiert werden. Das neue Rettungsszenario bedinge zusätzliche Rodungen und sei im steilen, felssturzgefährdeten Gelände kaum praktikabel, sagt René Stettler. «Zudem verändern die Rigibahnen im zentralen Punkt der Sicherheit die Ausgangslage wesentlich.»
Urs Steiger, der Präsident des Landschaftsschutzverbands Vierwaldstättersee: «Das Gesuch der Rigibahnen ist in vielen Bereichen ungenügend, sodass sie zahlreiche der über 130 Dokumente ihres Dossiers nachbessern müssen.» Auch das neue Sicherheitskonzept bemängelt Steiger: Nach dem Abseilen müssten Seilbahn-Passagiere zu Fuss in unwegsamem und felsigem Gelände zur nächsten Strasse marschieren – im Wald und im Winter auch noch bei Schnee und Eis.
Franziska Grossenbacher von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz kritisiert, «dass das Verfahren durch ständige Ergänzungen unübersichtlich wird». Was auch etwas über die Qualität des ursprünglichen Gesuchs aussage. Zudem warnt Grossenbacher vor den geplanten Rodungen: «Wir sehen jetzt mit den Hochwassern im Wallis und im Tessin, wie dramatisch sich solche Eingriffe in die Natur bei extremen Wetterereignissen auswirken können.»
Vergleichbares Konzept
Das Bundesamt für Verkehr beurteilt das veränderte Sicherheitskonzept erheblich milder: «Es handelt sich um keine grundsätzliche Änderung des Rettungskonzepts», hält Sprecher Michael Müller fest. Das Modell werde auch bei anderen Seilbahnen so umgesetzt. Um eine Betriebsbewilligung zu erhalten, müssten die Rigibahnen in einer Übung nachweisen, dass die vorgegebene Rettungszeit eingehalten werden kann. «Optimierungen des Projekts oder Anpassungen während des Verfahrens sind zulässig», betont Müller, sie müssten dem BAV allerdings zur Prüfung vorgelegt werden.
Frédéric Füssenich, CEO der Rigibahnen, weist darauf hin, dass in Weggis 70 Prozent der Stimmbevölkerung dem geplanten Seilbahnkorridor zugestimmt haben. Auch ein Gutachten der Natur- und Heimatschutzkommission gebe für den Bau einer Gondelbahn grünes Licht. «Insofern sind wir sehr zuversichtlich, dass wir diese errichten dürfen.» Beim neuen Rettungskonzept seien lediglich «rein formelle» Anpassungen vorgenommen worden, wie sie bei umfassenden Projekten üblich seien.
Die Doppelrolle des Kadermanns
Projekt-Gegner Stettler stört sich nicht zuletzt daran, dass Marcel Waldis, der Vizedirektor der Rigibahnen, der Weggiser Exekutive angehört. Waldis nehme als Finanzchef von Weggis im Gemeinderat Einfluss auf Entscheidungen zum Bahnprojekt. Gemeindeschreiber Godi Marbach bestreitet das vehement: «Marcel Waldis ist bei den Gemeinderatssitzungen zum Thema Rigibahnen jeweils in den Ausstand getreten.» Er habe sich bei den Beratungen nicht einmal im Sitzungszimmer aufgehalten.
René Stettler bezweifelt diese Darstellung – er verweist darauf, dass Waldis bei einer Sitzung selbst Protokoll geführt habe, in der es um ein Treffen von Behörden ging, die in das Seilbahnprojekt involviert sind.
Das Hickhack um die neue Bahn dauert an. Ebenso wie die Absturzgefahr im unwegsamen Gelände an der Rigi.