Erst heisst es, er wolle ihr den gemeinsamen Sohn übergeben. Dann treffen sie sich an einer finsteren Ecke des Friedhofs Brügg BE. Statt des Sohnes hat der Kosovare allerdings etwas anderes dabei: Zwei zusammengeknotete Gürtel und ein Messer.
Für das Regionalgericht Berner Jura-Seeland ist klar: Der Mann wollte seine Ex-Frau in jener Januarnacht 2021 umbringen. Deswegen wurde er zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt.
Doch das streitet der Beschuldigte ab und legt gegen das Urteil Berufung ein. Jetzt ist das Berner Obergericht gefragt: Ist der Mann schuldig oder nicht? Zunächst berichtete die «Berner Zeitung».
Wer hat Recht?
Der Pflichtverteidiger setzt in seiner Argumentation alles auf den einzigen Augenzeugen. Wenn er Recht behalten sollte, dann müsste sich das Tatgeschehen innert zehn Sekunden abgespielt haben. Ausserdem meinte die Klägerin, dass sie gewürgt worden sei, sich jedoch mit eigener Kraft habe befreien können. Das klingt für den Verteidiger allerdings unplausibel: «Wenn ich einen Gürtel um den Hals habe und jemand zieht von hinten, dann komme ich da niemals wieder raus.» Damit sei die Glaubwürdigkeit der Klägerin zweifelhaft.
Das findet der Rechtsanwalt der Ex-Frau nicht: «Sie hat die Geschichte nicht schauriger dargestellt, als sie sowieso schon ist.» Obwohl sie «zig Gelegenheiten» gehabt hätte, zu «übertreiben». Ausserdem habe die Klägerin keinen Grund, ihn «in die Pfanne zu hauen». Für den Rechtsanwalt ist klar: «Man hat versucht, sie zu töten.»
Die Staatsanwältin und der Anwalt der Klägerin fordern einen Schuldspruch: Allerdings sollte der Angeklagte in diesem Prozess des versuchten Mordes verurteilt werden, nicht nur der versuchten vorsätzlichen Tötung, wie bei der erstinstanzlichen Verhandlung.
Er habe sie nur einschüchtern wollen
Der Verteidiger hingegen bleibt bei der Version seines Mandanten. Er habe seine Ex-Frau gar nie gewürgt und haben sie auch nie töten, sondern nur einschüchtern wollen.
Das Urteil des Berner Obergerichts wird am Dienstagabend bekannt gegeben. (lia)