Die Causa Pierin Vincenz (65) umfasst weit über 500 Bundesordner. Doch dieser Aktenberg wird den vorsitzenden Bezirksrichter Sebastian Aeppli (63, Grüne) nicht abschrecken. In Hunderten von Strafprozessen hat er mit seinen Mitrichterinnen oder Mitrichtern neben gewieften Finanzgaunern auch Pädosexuelle oder Prostituiertenmörder abgeurteilt.
Ereignet sich in der Stadt Zürich ein spektakuläres Verbrechen, ist die Möglichkeit gross, dass der Fall bei der 9. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich landet, mit Sebastian Aeppli als Vorsitzendem. In den meisten Fällen eröffnet Aeppli, dessen Vater selber ein geachteter Oberrichter war, mit einer messerscharfen Kurzbegründung gleichentags das Urteil.
Sebastian Aeppli verurteilt Mörder und Kinderschänder
Wie beispielsweise beim Zürcher Seefeld-Mord. Der 27-jährige Tobias K. hatte 2016 mit einem Messer ein Zufallsopfer erstochen. Ein Knastkumpel hatte ihn zu dieser sinnlosen Tat angestiftet. Gerichtspräsident Aeppli fand deutliche Worte: «Die Tat kam einer Massakrierung gleich.» Er schickte den Mörder für 20 Jahre hinter Gitter, der Anstifter fasste 16,5 Jahre.
2003 verurteilte Aeppli einen türkischen Kinderschänder (33), der zwei Mädchen (11 und 13) vergewaltigt hatte, zu 16 Jahren und liess ihn auf unbestimmte Zeit verwahren: «Er hat feige und skrupellos gehandelt.» Der Verteidiger hatte behauptet, die überführende DNA-Analyse sei ausgerechnet auf seinen Mandanten nicht anwendbar. Dafür hatte Aeppli nicht einmal ein müdes Lächeln übrig.
Im Sommer 2017 musste ein Finanzfachmann auf der Anklagebank Platz nehmen, weil er im Luxushotel Dolder eine Prostituierte getötet hatte. Nach der Tat hatte er die Leiche zu Hause in einem Weinschrank versteckt. Bei der Urteilseröffnung – 17 Jahre Zuchthaus – zitierte Aeppli den Mörder nach vorne: «Sie lockten Ihr Opfer in einen Hinterhalt, sedierten es mit Valium und erwürgten es mit blossen Händen.» Ohne Zweifel habe er die Tat geplant.
Am Dienstag, 25. Januar, startet im Volkshaus Zürich der Prozess gegen Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz (65) und seinen Geschäftspartner Beat Stocker (61). Neben den beiden Hauptangeklagten sitzen fünf weitere Personen auf der Anklagebank. Verfolgen Sie den grössten Wirtschaftsprozess der Schweiz seit dem Fall Swissair im Liveticker auf Blick.ch und auf Blick TV. Expertinnen und Experten schätzen die aktuellen Geschehnisse im «Mittagsfokus» im Studio ein, zudem schaltet Blick TV immer wieder zu den Blick-Reportern vor Ort. Am Abend gibt es jeweils eine Zusammenfassung in «Der Tag in 5’».
Am Dienstag, 25. Januar, startet im Volkshaus Zürich der Prozess gegen Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz (65) und seinen Geschäftspartner Beat Stocker (61). Neben den beiden Hauptangeklagten sitzen fünf weitere Personen auf der Anklagebank. Verfolgen Sie den grössten Wirtschaftsprozess der Schweiz seit dem Fall Swissair im Liveticker auf Blick.ch und auf Blick TV. Expertinnen und Experten schätzen die aktuellen Geschehnisse im «Mittagsfokus» im Studio ein, zudem schaltet Blick TV immer wieder zu den Blick-Reportern vor Ort. Am Abend gibt es jeweils eine Zusammenfassung in «Der Tag in 5’».
Für Financier Martin Ebner gabs einen Freispruch
Den Hauptangeklagten in der Korruptionsaffäre um die kantonale Zürcher Pensionskasse schickte Aeppli 2012 für über sechs Jahre hinter Gitter. «Sie haben mehr als ein Regierungsrat verdient und trotzdem die Hand aufgehalten», gab ihm der Richter mit auf den Weg.
Doch nicht jeder Prozess, den Sebastian Aeppli leitet, muss mit einem Schuldspruch enden. Den bekannten Financier Martin Ebner sprach er einst wegen Börsen-Insidergeschäften frei: «Er hat nichts Verbotenes getan.» Die Staatsanwaltschaft akzeptierte zähneknirschend und verzichtete auf einen Weiterzug.
Beim Vincenz-Prozess wird Aeppli durchaus gewichtige Gegenspieler haben. Der Ex-Raiffeisen-Boss beispielsweise lässt sich von Staranwalt Lorenz Erni (71) vertreten. «Dieses Zusammentreffen wird sicher von gegenseitigem Respekt geprägt sein», meinte ein Justiz-Insider zu Blick.
Der Fall Vincenz
«Aeppli setzt sich knallhart durch»
Ein Wirtschaftsanwalt beschreibt Aeppli folgendermassen: «Er führt seine Verhandlungen straff, gibt sich bestimmt, leidet bei Widerspruch und setzt sich knallhart durch. Der moralische Zeigefinger ist sein Ventil.»
Der einzige Wermutstropfen im Vincenz-Prozess dürfte für Sebastian Aeppli der Verlust seines «Wohnzimmers» sein, des berühmt-berüchtigten Saals 31 im Parterre des altehrwürdigen Zürcher Bezirksgerichts. Dort, wo er nicht nur «seine» Angeklagten dirigiert, sondern mit «Uufschlüüsse, bitte!» auch die Zuschauer.
Der Prozess findet aus Platzgründen (Corona-Massnahmen und grosses Interesse) nicht am Bezirksgericht, sondern im Zürcher Volkshaus statt – nur einen Katzensprung von Saal 31 entfernt.