Behörden-Irrsinn in Köniz BE
«Zu modern» – Philippe Vonlanthen (67) muss weisse Fassade umstreichen

Bei einer Haussanierung hat ein Berner auch die Fassade frisch streichen lassen – in Weiss, wie er sagt. Doch mit dem neuen Anstrich haben der Nachbar und die Gemeinde ein Problem. Der Besitzer muss es umstreichen lassen.
Publiziert: 04.05.2023 um 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2023 um 14:11 Uhr
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Dieses Haus in Köniz sorgt für Wirbel.
Foto: Tamedia AG

Die weisse Wand von Philippe Vonlanthen (67) sorgt derzeit für rote Köpfe. Vonlanthen, von Beruf Architekt, hat 2020 sein Haus in Köniz BE sanieren lassen. Dabei wurde auch die Fassade neu gestrichen. Vonlanthen entscheidet sich für eine weisse Farbe, die allerdings auf der Fassade leicht bläulich schimmert.

Dem Nachbarn passt der schlichte Farbtupfer gar nicht. Er zeigt Vonlanthen bei der Gemeinde an – mit schweren Folgen, wie die «Berner Zeitung» schreibt.

Hausfarbe «zu modern»

Bei einer Kontrolle schaut sich die Gemeinde Köniz das Haus genauer an. Aus dem Kontrollbericht geht hervor, dass die Fassadenfarbe des Hauses aus den 1920er-Jahren «zu modern» ist.

Die Farbe, die im Baugesuch als «weiss» aufgeführt war, ist in den Augen der Behörden «hellblau». Ausserdem würden sich die weissen Fensterläden nicht genug von der Fassade abheben. Die Gemeinde fordert den Architekten daher auf, das Haus umzustreichen – in ein reines Weiss.

Das will Vonlanthen nicht hinnehmen: Er stellt ein Planänderungsgesuch – ohne Erfolg. Trotz Dutzenden Unterschriften von umliegenden Einwohnern und einer befürwortenden Stellungnahme vom Heimatschutz kann Vonlanthen den Beschluss der Gemeinde nicht umkehren.

«Die eigentlichen Gründe, wieso das konkrete Bauvorhaben nicht bewilligt werden könne, sind sehr knapp und wenig aussagekräftig festgehalten», antwortet die kantonale Bau- und Verkehrsdirektion laut der «Berner Zeitung» auf seine Beschwerde. Sie ist zwar der Ansicht, dass die Grundfarbe der Fassade weiss ist. Dennoch bekräftigt die kantonale Behörde den Entscheid der Gemeinde. Durch die leicht bläuliche Farbgebung der Fassade und der Fensterläden steche das Haus untypisch aus seiner Umgebung heraus. «Das Gebäude fügt sich nicht sorgfältig in das Ortsbild ein», schreibt die kantonale Bau- und Verkehrsdirektion.

«Baubewilligungsverfahren nie vergleichbar»

Speziell: Im Quartier gibt es Häuser in diversen Farben, scheinbar ohne Probleme. «Mich stört, dass offenbar nicht überall die gleichen Massstäbe gelten», meint der Architekt.

Die Gemeinde sagt gegenüber der Zeitung: «Ein Baubewilligungsverfahren ist nie mit einem anderen vergleichbar.» Ausserdem seien die gesetzlichen Grundlagen «insbesondere bei Baudenkmälern klar definiert». Dazu zählt auch Vonlanthens Haus.

Der Kanton Bern sagt, das Haus liege in einer Schutzzone. Im entsprechenden Reglement seien deshalb «weitergehende Bestimmungen» erlassen worden. «Die Vorgaben sind in einem Ortsbildschutzgebiet regelmässig strenger», so der Kanton.

«Ich hätte den Fall gern vor Gericht gezogen»

Für den Entscheid der Behörden hat Philippe Vonlanthen wenig Verständnis – dennoch hat er ihn akzeptiert. «Ich hätte den Fall gern vor Gericht gezogen», sagt er. Doch das Risiko, dass ihn das Verfahren bei einer Niederlage am Ende teurer zu stehen käme, wollte er nicht eingehen.

Der leichte Blauschimmer kommt Vonlanthen dennoch teuer zu stehen. 10'000 Franken musste er für die Farbkorrektur und die Verfahrensgebühren bezahlen. Ausserdem musste er auch den Sockel der Fassade neu machen lassen. Dieser ist gemäss Ansicht der Behörden zu wenig grobkörnig.

Bis Ende Mai muss das Haus wieder in einem gelblichen Weisston mit dunkelblauen Fensterläden und einem gröberen Verputz da stehen. Vonlanthen selbst hat zwar Verständnis, dass man schützenswerte Bauten erhalten wolle. «Aber», so der Architekt, «wir sind doch auch nicht in einem Museum.» (lia)

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