Lange hatte er sich in sein Wohnhaus zurückgezogen, um von seinem TV-Studio im Keller hie und da ein paar Worte an seine Anhänger zu richten. Nun ist «Sleepy Joe», der schlafende Joe, wie ihn sein Gegner Donald Trump (74) abschätzig nennt, erwacht.
Joe Biden (77) dreht auf. Und zwar richtig. Selten hat der demokratische Präsidentschaftskandidat seinen Widersacher dermassen frontal angegriffen. Bei einem Treffen mit Angestellten des Gesundheitswesens nannte er Trump, der das Coronavirus wiederholt als «China-Virus» bezeichnet hat, einen Rassisten: «Es ist absolut widerlich, wie Trump mit Menschen umgeht, basierend auf der Farbe ihrer Haut, ihrer nationalen Herkunft, woher sie kommen.»
Trump wehrt sich
Und Biden, der sich bisher wegen Corona nur wenig an der Öffentlichkeit zeigte, kam immer mehr in Form. «Kein amtierender Präsident hat dies jemals getan. Niemals, niemals, niemals. Kein republikanischer Präsident, kein demokratischer Präsident. Es gab schon immer Rassisten, die versucht haben, zum Präsidenten gewählt zu werden. Er ist der erste, der es geschafft hat.»
Trump reagierte umgehend. «Ich habe mehr für schwarze Amerikaner getan als jeder andere, mit der wahrscheinlichen Ausnahme von Abraham Lincoln.» Lincoln (1809–1865), der einem Attentat zum Opfer fiel, hatte sich für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt.
Obama hilft Biden
Biden schiesst aber auch in einem Video scharf gegen Trump. In einem 18 Minuten dauernden Gespräch mit dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama (58), das Biden am Donnerstag auf Twitter postete, sagt er über Trumps Corona-Politik: «Kannst du dir vorstellen, als Präsident zu sagen‚ ‹ich übernehme keine Verantwortung›?» Obama antwortet darauf: «Solche Worte kamen nie aus unserem Mund, als wir im Amt waren.»
Die beiden schwelgten in alten Erinnerungen, als sie im Weissen Haus am Drücker waren und lobten das Gesundheitssystem Obamacare, das Trump torpediert. Biden: «Wir müssen wieder ein neues Gesundheitssystem aufbauen für alle. Aber dieser Typ will Millionen von Menschen den Schutz entziehen. Das macht keinen Sinn.»
Nein, so deutliche Worte hat man von Biden im Wahlkampf bisher selten gehört. Trump wird sich für «Sleepy Joe» wohl einen andern Übernamen suchen müssen. (gf)
Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.
Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.
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