Was ist nur mit Joe Biden (77) los? Während sich Donald Trump (74) an Wahlveranstaltungen blamiert und sich weder um Corona noch um Proteste kümmert, bleibt sein Herausforderer still. Dabei wäre genau das die Gelegenheit, mit werbewirksamen Auftritten für die Präsidentschaftswahl am 3. November zu punkten.
Doch von Biden nimmt man kaum etwas wahr. So tritt er seit Ausbruch der Corona-Krise nur selten öffentlich auf. Er wendet sich vor allem virtuell aus dem Keller seines Hauses in Wilmington im Bundesstaat Delaware an die Wähler.
Und wenn er auftritt, bleibt er blass. So wie an seiner Wahlkampfveranstaltung Anfang Woche. Da war nicht er es, der für Schlagzeilen sorgte, sondern der ehemalige US-Präsident Barack Obama (58), der online zugeschaltet mit Herzblut für Biden – «hab dich lieb, Joe» – Werbung betrieb. Biden wirkte wie eine Randfigur – an seiner eigenen Veranstaltung!
Botschaften aus dem Keller
Zurückhaltend blieb er auch anlässlich der Beerdigung des getöteten George Floyd (†46). Für Präsidentschaftskandidaten wäre das eine willkommene Bühne gewesen. Biden wollte den traurigen Anlass aber nicht für sich nutzen. Floyds Anwalt schrieb: «Sich gegenseitig zuzuhören ist das, was Amerika heilen wird. Genau das hat Joe Biden mit der Familie von George Floyd gemacht – für mehr als eine Stunde.» Sind das nicht eher Qualitäten eines Psychotherapeuten?
Wie Trump hat auch Biden Twitter entdeckt. Seine Botschaften sind zwar schön, aber Plattitüden: «Das amerikanische Volk ist stark, belastbar und immer voller Hoffnung. Es gibt nichts, was wir nicht tun können, wenn wir es zusammen tun» oder «Wenn ich Präsident bin, wird Amerika die Demokratie bei uns und im Ausland verteidigen.»
Wieder eine falsche Zahl
Auch wenn Biden einmal redet, muss er aufpassen, dass er nicht das Falsche sagt. Eben ist ein Video veröffentlicht worden, in dem Biden von «über 120 Millionen Corona-Toten» in den USA spricht. Tatsächlich sind es 120’000.
Es ist bei weitem nicht der erste Versprecher. Die Momente, in denen er verwirrt scheint, häufen sich. Bei einem Town-Hall-Meeting im Frühling etwa machte sich Trump über Biden lustig. Der hatte vom «Super Thursday» statt Super Tuesday geredet, von «150 Millionen» statt 150’000 durch Waffengewalt getötete Amerikaner und dass er für den «Senat» statt für die Präsidentschaft kandidiere.
Für Trump sind Zurückhaltung und Versprecher seines Widersachers ein gefundenes Fressen. Er nennt ihn nur noch «Sleepy Joe», den schläfrigen Joe.
Umfragen für Biden
Doch warum soll Biden überhaupt mehr tun? Die Taktik scheint bisher aufzugehen, wie eine Umfrage der «New York Times» zeigt. Laut der Zeitung würde Biden zurzeit 50 Prozent der Stimmen holen, Trump nur 36. Auch bei den Spenden liegt Biden mit 81 Millionen Dollar inzwischen vor Trump mit 74 Millionen.
Warum also all die Auftritte und Reden? Wer weiss, vielleicht wandelt Biden sogar im Schlaf ins Weisse Haus.