Drei Wochen sind seit dem Tod von George Floyd (†46) während einer brutalen Festnahme in Minneapolis vergangen. Und noch immer protestieren in den USA täglich Tausende gegen Polizeigewalt, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.
Doch die Strassen gehören längst nicht mehr allein den «Black Lives Matter»-Demonstranten. Immer wieder stellt sich ihnen mittlerweile ein rechter Mob entgegen. Dessen Mitglieder sind weiss, vorwiegend männlich, schwer bewaffnet – und gerne mit einem bunten Hawaii-Hemd bekleidet. Ihr Name: die Boogaloo Bois.
Ursprünge auf der 4chan-Plattform
Meist sind es bloss kleine Gruppen von Boogaloo-Mitgliedern, die sich in Städten wie Denver, Las Vegas oder zuletzt Milwaukee zu den Protesten gesellen und am Strassenrand Präsenz markieren. Ihr Erscheinen ist angsteinflössend. Ihre Gesichter verstecken sie gerne hinter Halstüchern mit aufgedruckten Totenköpfen und Clown-Visagen.
Auf den ersten Blick könnten sie einer militärischen Spezialeinheit angehören, würde unter der Schussweste und der umgehängten Halbautomatik-Waffe nicht das farbige Shirt mit den fröhlichen Blumen-Mustern hervorschimmern.
Genauso irreführend wie das bunte Hemd als gegenseitiges Erkennungsmerkmal ist auch der Name der Boogaloo-Miliz. Entstanden ist dieser – wie schon mehrere Alt-Right-Bewegungen davor – auf der berüchtigten Internet-Plattform 4chan. Eigentlich symbolisiert die Bezeichnung eine Anspielung auf den Kinofilm «Breakin' 2: Electric Boogaloo». Der Streifen aus dem Jahr 1984 gilt als Inbegriff für eine missglückte Film-Fortsetzung.
Doch auf 4chan haben Nationalisten, Waffennarren und Staatsfeinde den Namen schon vor einer Weile gekapert und scheinen nun unter dem Deckmantel eines Quatsch-Namens eine ganz eigene Fortsetzung der US-Geschichte zu verfolgen. Die Boogaloo Bois wollen nichts weniger als den nächsten amerikanischen Bürgerkrieg. Experten warnen deshalb davor, dass die Bewegung die aktuellen Proteste in diversen US-Städten nutzen könnten, um die bestehenden Konflikte weiter zu befeuern und eine Eskalation zu provozieren – wenn nötig auch mit Waffengewalt.
Boogaloo-Anhänger wollte Polizisten-Mord streamen
Im Internet sind die Boogaloo Bois längst über 4chan hinaus aktiv. Allein auf Facebook wurden in den letzten Monaten über 120 Gruppen von Mitgliedern gegründet – allesamt mit einschlägigen Beiträgen. Im April wurde aus niedergeschriebenen Gewaltfantasien dann Ernst: Im US-Bundesstaat Texas fuhr der Boogaloo-Anhänger Aaron Swenson los, «um einen Polizisten zu erschiessen», wie er es selber formulierte. Die Tat wollte der 36-Jährige per Livestream verbreiten. Swenson konnte gestoppt werden. Bei der Verhaftung wurde bei ihm ein kleines Waffen-Arsenal sichergestellt.
Darum das Hawaii-Hemd
Neu sind die Gewaltfantasien der Boogaloo Bois indes nicht. Bereits unter der Amtszeit von Barack Obama träumten auf 4chan viele von einem Aufstand der Bürger. Damals gründete der Hass aber vor allem auf der Angst vor strengeren Waffengesetzen und einer «Bevormundung durch den Staat». Mittlerweile wurde die Bewegung aber zum Sammelbecken für Neonazis und Gewalt-Fanatiker.
Das hat nun auch die Politik auf den Plan gerufen. «Wenn eine Gruppierung den Aufstand plant und offen zu Gewalt gegen Minderheiten und Beamte aufruft, dann müssen wir ihre Worte ernst nehmen», sagt Paul Goldenberg vom US-Ministerium für innere Sicherheit mit Verweis auf die Boogaloo-Miliz.
Zur Symbolik der Kampftruppe gehört mittlerweile nicht selten auch eine schwarze Flagge, auf der ein Iglu abgebildet ist. «Big Igloo» ist eine Referenz an den Namen Boogaloo. Ebenso die ähnlich klingende englisch-hawaiianische Bezeichnung Big Luau – übersetzt: grosses Fest.
Hier liegen auch die Wurzeln des Hawaii-Hemds als inoffizielle Uniform der Boogaloos begraben. Wer sie trägt, ist auf der Waffen-Party willkommen.