Hunderte unbeabsichtigte Notrufe verstopfen derzeit die Leitungen der Schweizer Alarm-Zentralen. Immer öfter sind die Behörden nicht mit Anrufen beschäftigt, bei denen jede Sekunde zählt. Stattdessen müssen sie sich mit Hunderten versehentlich ausgelösten Anrufen beschäftigen – und verlieren so Zeit bei wirklichen Notfällen.
Grund für das Chaos ist ein Android-Update. Es soll es Nutzern erleichtern, einen Notruf zu tätigen. Wer einen bestimmten Knopf länger gedrückt hält, wird automatisch an eine Notruf-Zentrale weitergeleitet. In der Theorie klingt das gut, in der Praxis wirds problematisch. Die Beamten werden regelrecht überflutet, weil immer mehr Leute versehentlich den Knopf betätigen.
Notrufzentralen sind völlig überlastet
FM1 Today berichtet, dass bei der Kantonspolizei St. Gallen allein im letzten Jahr 700 automatisierte Anrufe eingetroffen seien. Nur bei jedem siebten war auch wirklich ein Anrufer am Hörer. Meist würden die Beamten nur Hintergrundgeräusche hören. Das sei «eine grosse Herausforderung für die Disponenten», sagt Mediensprecher Hanspeter Krüsi gegenüber dem Portal. Wenn die Hintergrundgeräusche nicht eindeutig auf einen Fehlanruf schliessen lassen, kann es «unter Umständen trotzdem zu einem Aufgebot der Rettungskräfte» kommen.
Auf Anfrage von Blick bestätigt die Kantonspolizei Bern das Phänomen: «Aktuell stellen wir eine Häufung von sogenannten ungewollten Notrufen von den Geräten verschiedener Hersteller fest. Es handelt sich um ein schweizweites Problem.» Auch die Zürcher und Luzerner Polizei bestätigen dies gegenüber Blick.
Neben der Polizei hat auch Schutz & Rettung Zürich zu kämpfen, wie Mediensprecher Severin Lutz Blick mitteilt: «Auch bei uns gehen zurzeit täglich ungewollte Notrufe ein. Die Zahl variiert stark und ist von Tag zu Tag unterschiedlich. Es gab jedoch Tage, an denen über 200 ungewollte Notrufe eingegangen sind.»
Laut Lutz bringt das eine enorme Auslastung des Personals mit sich. «Wenn kein Kontakt zur anrufenden Person hergestellt werden kann, wird diese – wenn immer möglich – zurückgerufen. Denn in der Regel kann nicht mit Sicherheit erkannt werden, ob es sich um einen bewussten oder unbewussten Notruf handelt – auch wenn keine Worte zu hören sind.»
Die Schweiz ist übrigens nicht allein: Im Nachbarland Deutschland haben Feuerwehrleitstellen ebenfalls mit Fehlanrufen von Android-Telefonen zu kämpfen.
Am besten nochmals anrufen
Die Kantonspolizei Bern erklärt, dass die Smartphone-Anbieter bereits über das Problem informiert wurden: «Entsprechende Abklärungen mit den Herstellern sind im Gang.» Gemäss einer Stellungnahme gegenüber CBC wollen Samsung und Google «in den nächsten Tagen» ein Update bereitstellen, um das Problem zu lösen.
Bis dahin gilt: Wer einen ungewollten Notruf bemerkt, sollte umgehend erneut den Notfall anrufen und Entwarnung geben. Ansonsten kann es sein, dass Einsatzkräfte entsandt werden, die eigentlich für echte Notfälle gebraucht würden.
Sorgen um allfällige Kosten muss man sich übrigens normalerweise nicht machen. Ein versehentlicher Notruf ist – im Gegensatz zu einem bewusst abgesetzten falschen Notruf – nicht strafbar.