Die südkoreanische Netflix-Serie «Squid Game» sorgt weltweit für Schlagzeilen. Nicht nur, weil die brutale Geschichte einer tödlichen Gameshow sämtliche Rekorde des US-Streaming-Anbieters knackt, sondern auch, weil sie Gewalt fördern soll, wie einzelne Schulen in Grossbritannien und Belgien melden. Dort hätten einige Schüler die ab 16 Jahren freigegebene Serie heimlich angeschaut, Szenen nachgespielt und dabei ihre Klassenkameraden verprügelt.
Diese Negativmeldungen zum Megahit aus Südkorea stossen eine beliebte Debatte der modernen Populärkultur an: Fördert Darstellung oder Simulation von Brutalität in Videospielen, Musik oder Filmen auch Gewalt im echten Leben? Die Antwort ist selbst bei Fachpersonen umstritten.
Natürlich verwundert es nicht, wenn jugendliche Amokläufer wie jene 1999 an der US-Highschool in Columbine das Töten erst am Computer üben. Dennoch wird nicht jeder Videogame-Spieler zum Attentäter. Ansonsten hätten wir gemäss Zahlen der Gaming-Branche über 160 Millionen Amokläufer. Auch die explizite Darstellung von Gewalt auf der Leinwand ist nicht neu. Die Hitserie «Game of Thrones» ist für ihre langen Folterszenen bekannt, und Kultregisseur Quentin Tarantino hat mit seiner grotesken Überzeichnung von Gewalt gar ein eigenes Genre kreiert.
Klar ist: «Squid Game» hält, der Tradition des Horrorfilms folgend, der Gesellschaft den Spiegel vor. Tief verschuldete Mitglieder der Unter- und Mittelschicht setzen ihr Leben wortwörtlich aufs Spiel, und das zum Spass einer elitären Oberschicht. Eine einfach zu verstehende Kapitalismuskritik, die während der Corona-Pandemie, die viele Menschen in finanzielle Not brachte, wie kaum eine andere TV-Produktion den Zeitgeist trifft.