Man könnte meinen, die Welt sei in Aufruhr, weil überall Rassismus, Diskriminierung und Unterdrückung herrscht!
Im Juli musste die Band Lauwarm ihr Konzert in Bern abbrechen, weil die weissen Musiker Rasta-Locken und afrikanische Kleider trugen. Der Ravensburger Verlag nimmt Winnetou-Bücher aus dem Programm, weil sie politisch nicht korrekt seien. Die Perücke von Clownin Nadeschkin steht in der Kritik, weil sie bei irgendwem negative Gefühle auslöst.
Literaturfestivals diskutieren, welche Schriftsteller sie nicht mehr einladen. Städte schaffen Büsten fort. Firmen benennen Produkte um – aus dem weltberühmten «Uncle Ben's»-Reis wurde bereits «Ben’s Original». Die Winnetou-Glace gibts noch, sie sei «eine tickende Zeitbombe», sagte eine Markenspezialistin.
Was nach Massenphänomen aussieht, ist in Wahrheit der Wirbel einer radikalen Minderheit von Woke-Aktivistinnen und -Aktivisten, die mit Social Media alle vor sich hertreiben: Firmen, Festivals, Künstler. Denn nichts ist in der heutigen Zeit mehr gefürchtet als ein Shitstorm!
Wer überall Diskriminierung ortet, verkennt, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger solche nicht toleriert. Das beweisen sie immer wieder an der Urne: Die Schweiz hat 1995 das Antirassismus-Gesetz eingeführt, 2007 die eingetragene Partnerschaft, im vergangenen Jahr mit stolzen 64 Prozent die «Ehe für alle», inklusive das Recht auf Adoption von Kindern für gleichgeschlechtliche Paare. Seit kurzem darf jeder und jede sein Geschlecht selber wählen.
Natürlich ist keine Gesellschaft vor Diskriminierung gefeit. Der Kampf dagegen ist wichtig. Doch wenn er ad absurdum geführt wird, dann wirds kontraproduktiv: Die Aufregung um Winnetou-Filme und Nadeschkins Perücke überdeckt echte Missstände. Etwa dass es Menschen mit ausländisch klingenden Namen immer noch schwerer haben auf dem Arbeitsmarkt als die Meiers und Vögelis.
Oder ein Beispiel von dieser Woche: Luzern-Goalie Marius Müller (29) wurde trotz homophober Aussagen nicht gesperrt («Immer dieses schwule Weggedrehe geht mir tierisch auf den Sack.») – obwohl das Reglement der Fussballiga für «anstössige, beleidigende oder schmähende Äusserungen» zwei bis sechs Spielsperren vorsieht. Eine klare Sache, wenn jemand Homosexuelle als Feiglinge bezeichnet. Der Fall ging in dem ganzen Woke-Wahnsinn fast völlig unter.
Leider haben die Woke-Aktivistinnen und -Aktivisten den Kompass verloren. Und so wirken ihre hehren Absichten nur noch als Arroganz, echte Probleme werden durch Scheinprobleme verdrängt – und die grosse Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger fragt sich kopfschüttelnd: Haben wir angesichts von Krieg, Energiekrise, Hungersnot, explodierenden Preisen und Pandemie wirklich keine anderen Sorgen?