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Wie harter Handel zu geschmeidiger Adresse kam

«Der Weg ist das Ziel», sagte sich der Deutsche Ferdinand von Richthofen und machte so die Handelsroute zwischen China und Europa vor gut 150 Jahren zur weltberühmten Adresse.
Publiziert: 07.02.2023 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2023 um 11:58 Uhr
Lange eine Strasse ohne Name: Die Seidenstrasse, hier ein Abschnitt im Nordwesten Chinas.
Foto: imago images/Xinhua
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

In Lachen SZ gibt es eine, auch in Brugg AG oder in Winterthur ZH: eine Seidenstrasse. Aber DIE Seidenstrasse gibt es nur einmal, und zwar als Handelsroute von China nach Europa, auf der Menschen seit der Antike Edelstoffe westwärts transportierten – deshalb der Name. Der berühmteste Händler, der sie im Mittelalter beging und darüber schrieb, war wohl der Venezianer Marco Polo (1254–1324). Und heute liest man allenthalben von der «neuen Seidenstrasse».

Die «alte Seidenstrasse» gibt es allerdings nicht schon so viele Jahre, wie sie begangen wird – Marco Polo wusste jedenfalls nicht, dass er auf ihr reiste. «Ferdinand von Richthofen – der Erfinder der Seidenstrasse» heisst ein eben erschienenes Buch des deutschen Sinologen Marcus Hernig (55), worin er die spannende Geschichte nachzeichnet, wie ein deutscher Adliger und China-Reisender Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff der Seidenstrasse in seinen Schriften prägte.

«1868 stand Ferdinand von Richthofen mit 35 Jahren nicht nur am Anfang einer grossen Mission und einer grossen Karriere», schreibt Hernig. «Er stand am Anfang einer neuen Zeit. Jahrhunderte nach Marco Polo sollte er als erster Forschungsreisender aus dem Westen das Innere des Reichs der Mitte erschliessen.» Von Richthofen (1833–1905) war Geologe, Geograf und Kartograf und sollte unter naturwissenschaftlichen, kulturellen und ökonomischen Aspekten ein detailliertes Bild Chinas zeichnen.

Ausgerüstet mit Kompass, Aneroid (zur Höhenmessung mittels Luftdruckbestimmung) und griffbereitem Hammer (für Gesteinsproben) bereiste er China. «Das war weitaus schwieriger, als er anfangs gedacht hatte», so Hernig. «Die Wege waren schlecht, streckenweise fast unpassierbar.» Selbst durch die Städte zogen sich bei Regen völlig aufgeweichte Schlammwege, auf denen ein Fortkommen fast unmöglich war. Und die Kopfsteinpflaster machten das Reisen in ungefederten Pferdewagen zur Tortur.

Ferdinand von Richthofen bereiste China von September 1868 bis August 1870 sowie von August 1871 bis Oktober 1872 und erkundete das Reich der Mitte von Peking im Norden bis Hongkong im Süden und von Chengdu im Westen bis Shanghai im Osten. Zurück in Deutschland, brachte ihm das zunächst den Vorsitz der Berliner Gesellschaft für Erdkunde ein, danach eine Professur für Geografie in Bonn, später in Leipzig und Berlin – von Richthofen war ein gemachter Mann.

«Welche Gegend habe ich bereist?», fragte sich der Wissenschaftler und erstellte mit seinen Studenten eine Karte. «Die ‹Seidenstrasse› hatte nun riesige Ausmasse angenommen», schreibt Hernig. «Richthofen hatte sie gleich zweimal erfunden.» Zum Ersten als eine geografisch und mathematisch zu berechnende Verbindung zwischen China und Europa. Zum Zweiten war die Seidenstrasse eine Strasse der Geologie. Sie bestand aus Bodenschätzen: aus Kohle, aus Erz, die die Triebkräfte für ein neues Zeitalter waren – bis heute.

Marcus Hernig, «Ferdinand von Richthofen – der Erfinder der Seidenstrasse», Die Andere Bibliothek

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