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Mit einem Schimpfwort einen Streit schlichten? Das lässt sich nicht mit den einfältigen A- und F-Wörtern bewerkstelligen, sehr wohl aber mit einem kreativen Dialektwort, das zum Lachen bringt.
Publiziert: 20.06.2023 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2023 um 17:42 Uhr
Bringt mit kreativen Schimpfwörtern zum Lachen: der bayerische Grantler Gerhard Polt.
Foto: Miriam Kuenzli
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Er gibt gerne grosse Grantler auf der Bühne: Der bayerische Kabarettist Gerhard Polt (81) spielt zweifellos die lustigsten Miesepeter unserer Breiten. Diesen Status erreicht er nicht zuletzt, indem er seine Figuren fantasievoll fluchen lässt wie Kapitän Haddock aus «Tim und Struppi». Eine Kunst, die gelernt sein will. «Wenn Lehrerinnen oder Lehrer mit ihren Kindern durchnehmen würden, wie man Schmähen lernt (…), das wäre wunderbar», sagte Polt deshalb unlängst zum «Münchner Merkur».

Bis Fluchen ein Schulfach ist, mag es noch eine Weile dauern. Deshalb empfiehlt es sich, folgendes, prächtig illustrierte Wörterbuch zur Hand zunehmen, das gerade eben herauskommt: «Schimpfwörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt». Die Schriftsprache beschränkt sich auf Kraftwörter wie «Idiot» oder «Blödmann», «in ernsten Fällen auch die einschlägigen Ausdrücke aus dem Anal- und Fäkalbereich», schreibt die deutsche Autorin Andrea Schomburg (68) in ihrem hinreissenden Büchlein.

«Im Hochdeutschen sind Schimpfwörter ja meist weniger interessant», schreibt sie weiter. Das musste seinerzeit auch der deutsche Hochliterat Thomas Mann (1875–1955) feststellen. Als er im Roman «Buddenbrooks» (1901) ein Fluchwort brauchte, um zu begründen, weshalb Tony Buddenbrook ihren bayerischen Gatten verlässt, fragte Mann in München seinen jüngeren Bruder Viktor (1890–1949): «Geh zum Deifi, Saulud’r dreckats!» «Thomas Mann war hingerissen und liess es sich buchstabieren», so Schomburg. «Der Rest ist Weltliteratur.»

Das Bayerische ist eben nicht erst seit Polt eine Fachsprache für das kreative Schimpfen, das jedem Fluch einen Anflug von Witz gibt. Oder wirkt «Breznsoiza» (Brezelsalzer) für einen tölpelhaften und nichtsnutzigen Menschen, den Schomburg in ihrem Buch aufführt, nicht zum Lachen? Oder «Zwiderwurzn» für eine mürrische, grantige Person? Am schönsten ist ein Fluch doch, wenn der Schimpfer Dampf ablassen kann und der Beschimpfte durch die Kreativität derart verblüfft ist, dass sich sein Gesicht aufheitert.

Überraschen will Schomburg mit ihrer kleinen Auswahl von 50 Schimpfwörtern aus dem deutschsprachigen Raum. Das gelingt ihr beim Schweizerdeutsch nicht: «Bünzli» und «Schnudergoof» sind abgegriffene Wörter, die heute sogar in Norddeutschland bekannt sein dürften. Wie erfrischend ist dagegen «Ballertralle» aus dem Magdeburgischen für eine grobe, ungehobelte und niveaulose Frau oder «Bullerballer» aus dem Plattdeutschen für einen cholerischen Mann, der beim geringsten Anlass grob wird.

Wiewohl jedes einzelne Wort fundiert recherchiert und genau erklärt ist, nimmt sich die Lyrikerin und Kabarettistin Schomburg nicht heraus, ein Lexikon geschaffen zu haben. Vielmehr ist das Werk ein kleines Juwel, das auch durch die wunderwitzigen Illustrationen von Nikolaus Heidelbach (67) zu jedem einzelnen Schimpfwort glänzt. Ein derart schönes Buch darf getrost auf dem Wohnzimmertisch liegen bleiben – das Schimpfen wird so salonfähig.

zVg
Andrea Schomburg/Nikolaus Heidelbach

«Schimpfwörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt», Dumont

zVg

«Schimpfwörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt», Dumont

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