Drei Elefanten innerhalb weniger Wochen an einem Herpesvirus zu verlieren, ist ein Schock. Bei aller notwendigen wissenschaftlichen Rationalität überwogen bei vielen von uns in den letzten Tagen die Emotionen. Bei mir selbst war es der Frust. Mitansehen zu müssen, wie unser Elefantenteam und das Team aus dem Tierspital über Wochen alles gaben, um am Ende trotzdem machtlos dem Virus gegenüberzustehen, und drei Tiere zu verlieren, ist einfach nur frustrierend.
In wenigen Wochen wurden fast zehn Jahre Zuchterfolge ausgelöscht. Dies ist auch für das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für die bedrohten Asiatischen Elefanten, an dem wir selbstverständlich teilnehmen, ein schwerer Schlag. Die verstorbenen Weibchen Omysha und Ruwani waren beide als zukünftige Zuchtkühe für die europäische Reservepopulation vorgesehen.
Jetzt gilt es zusammen mit dem EEP eine neue Strategie zu entwickeln, denn Elefantenherden kann man nicht einfach wild zusammenstellen. Sie wachsen aus sich selbst. Elefanten leben streng matriarchalisch. Eine Kuh ist die Chefin, die anderen Herdenmitglieder ihre Verwandten, Schwestern, Töchter und Kindeskinder. Unsere beiden Herden, mit den Chefinnen Ceyla und Indi, sind nun auf je zwei Tiere zusammengeschrumpft. Ceyla ist wahrscheinlich zu alt, um nochmals zu züchten.
Aber selbstverständlich werden wir weitermachen mit den Elefanten in Zürich. Zu dringlich werden gute Haltungen für diese Tiere gebraucht. Zu bedroht sind sie in ihrer Heimat. Der Kaeng-Krachan-Elefantenpark in Zürich zählt zu den führenden Anlagen in Europa und bietet hervorragende Möglichkeiten für eine moderne Elefantenhaltung. Dieser Verantwortung müssen wir gerecht werden. Wir dürfen uns von einem Virus nicht unterkriegen lassen. Einem Virus, der bei Elefanten in der Natur und in Zoos vorkommt, und leider überall, in Zoos und in wild lebenden Populationen, für Verluste sorgt. Dass es diese Verluste weiterhin gibt, ist wie gesagt frustrierend. Dass es noch keinen Impfstoff gibt, leider wenig überraschend.
Wir Menschen in den westlichen Ländern sind in der ungemein privilegierten Lebenssituation, dass die überwiegende Anzahl unserer Krankheiten geheilt werden kann. Zwar gibt es auch bei uns unheilbare Krankheiten, die Zahl nimmt aber glücklicherweise immer stärker ab. Kommen neue Krankheiten auf, zum Beispiel Corona, und stehen uns die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, können wir Menschen innert kürzester Zeit Meisterleistungen in der Entwicklung von Behandlungen vollbringen.
Auch in der Veterinärmedizin stehen uns, besonders in westlichen Ländern, enorm viele Möglichkeiten offen. Allerdings fast ausschliesslich für Tiere, die wir in unserer Landwirtschaft nutzen oder als Haustiere halten. Die Entwicklung von Behandlungsmethoden für Wildtiere ist viel weniger fortgeschritten. Denn leider ist sie häufig kommerziell nicht interessant. Daher bleibt es an einigen ambitionierten Forschungsgruppen, sich um die Erforschung und Bekämpfung von solchen Krankheiten zu kümmern. Dass es ihnen beim Elefantenherpesvirus gelingt – schnell gelingt –, ist zu hoffen.