Heute erzähle ich Ihnen von den wahren Chefinnen und Chefs des Zoos. Gemeint ist nicht unser Löwenrudel. Nicht unsere Gorillafamilie. Und auch nicht der Verwaltungsrat. Sondern unsere Aktionärinnen und Aktionäre, die ich diesen Sommer erstmals live vor Ort an der Generalversammlung der Zoo Zürich AG kennenlernen durfte. Die Pandemie hat mir durch meine letzten beiden Generalversammlungen einen Strich gemacht.
Die Aktionärinnen und Aktionäre sind ein Stück weit das Rückgrat des Zoos. Fast schon traditionsgemäss haben in Zürich viele Menschen ihre Aktie zur Geburt bekommen, sind seitdem mit dem Zoo verbunden und begleiten ihn auf seiner Reise. Nach zwei Jahren Corona scheinen die Verbundenheit und das Interesse noch grösser geworden zu sein: Die Sitze im Saal waren schnell vergeben – zum Glück konnte man die Veranstaltung auch online verfolgen. Im Nachgang, beim Apéro, konnte ich mich mit vielen der Aktionärinnen und Aktionäre zum ersten Mal unterhalten, und es wurden Fragen über Fragen gestellt: «Wie läufts mit dem Züritüütsch-Verstehen?» (Gut.), «Kommen die Schimpansen in Zukunft wieder?» (Nein.), «Fliegen die Vögel nicht gegen das Netz der geplanten Pantanal Voliere?» (Nein.), «Könnten Sie nächstes Mal mehr veganes Essen anbieten?» (Sehr gerne. Danke für den Input!), «Warum funktioniert die Zucht bei meinem Ultramarinbischof nicht?» (Zu wenig Insekten im Futter?). Das sind nur einige Beispiele, bei denen ich versuchte, Rede und Antwort zu stehen.
Bei 22’000 Aktionärinnen und Aktionäre gibt es wahrscheinlich ähnlich viele Fragen wie Menschen. «Zum Glück» waren nur rund 350 von ihnen vor Ort – und zum Glück haben nicht alle eine Frage gestellt …
Unser Zoo ist im Besitz von vielen. Zwar halten auch Stadt und Kanton Zürich jeweils 9,6 Prozent unserer Aktien, die grosse Mehrheit aber sind Einzelpersonen. Das ist untypisch. Es gibt schon andere Zoos, die als AG geführt werden, aber häufig mit der jeweiligen Stadt als einziger Aktionärin. Gerade in Deutschland sind die meisten grösseren Zoos fest in städtischer Hand. Auch in der Schweiz gibt es unter den wissenschaftlich geführten Zoos solche, zum Beispiel der Tierpark Dählhölzli in Bern.
Eine weitere typische Organisationsform von Zoos sind Familienunternehmen. Schaut man sich die westeuropäische Zoolandschaft an, gibt es gerade in Frankreich und den Niederlanden, der Zoo-Hochburg, viele grosse Zoos, die auf Familiengründungen zurückgehen und immer noch immer im Besitz von Familien oder Einzelpersonen sind. Auch in der Schweiz gibt es solche Verhältnisse. Den Walter Zoo in Gossau SG beispielsweise besitzt die Familie Federer. In England wiederum überwiegen Stiftungen, Trusts oder Vereine, deren Gremien die Zoos führen. Auch solche Formen findet man bei Schweizer Zoos. Wie bei dem als Verein organisierten Natur- und Tierpark Goldau oder unserer als Stiftung aufgestellten Zürcher Partnerorganisation, dem Wildpark Langenberg.
Egal ob AG, Stadtbetrieb, Verein oder Familienunternehmen: Die Zoos in der Schweiz (und auch in Resteuropa) machen einen tollen Job – für die Tiere, die Natur und ihre Gäste. Uns sind aber unsere Aktionärinnen und Aktionäre am liebsten. Allein schon deshalb, weil man mit ihnen zusammen am Ende der GV eine La-Ola-Welle machen kann.