Es ist mir fast peinlich, wie viel Zeit ich täglich auf Tiktok verbringe. Aber der Algorithmus hat mich im Griff. Er liefert mir genau die Videos, die mich interessieren – und lässt mich in neue Themen-Bubbles eintauchen.
Joey erklärt mir den Ukraine-Krieg. Nate liefert mir Insights zu AI. Und Vivian alias Cookingbomb verrät mir Geheimnisse der chinesischen Küche.
Damit ist jetzt Schluss! Denn Joey, Nate und Vivian sind Creators (so nennt man die Content-Ersteller in den USA). Und denen wird am Sonntag auf Geheiss des Supreme Courts die App abgestellt – genau wie 170 Millionen weiteren Usern in Amerika.
Wer nun als Schweizer «Ätsch!» ruft, macht einen Fehler! Wenn der US-Content plötzlich wegbricht, wird auch unser Tiktok-Feed ein grosses Stück langweiliger. Zudem wird die App ohne zahlungskräftige Amis an Attraktivität für Werbekunden verlieren. Weniger Geld bedeutet weniger professionell produzierte Videos. Eine Negativspirale.
Wird Trump zum Tiktok-Retter?
Zwar gibt das europäischen Creators mehr Raum, aber dass sie als Ersatz genügen, bezweifle ich.
Und wieso überhaupt der ganze Knorz? Angeblich haben die USA Angst. Washington fürchtet, dass die Regierung in Peking über Tiktok Zugriff auf sensible Nutzerdaten erhält und die öffentliche Meinung manipulieren könnte. Schliesslich gehört die App zum chinesischen Konzern Bytedance.
Viele User sind sicher, dass Meta-Chef Mark Zuckerberg hinter dem Verbot steckt und damit unliebsame Konkurrenz aus dem Weg räumt.
Was mir noch peinlicher ist: Ich muss jetzt auf Donald Trump hoffen. Er will Tiktok retten. Für die USA. Für die Welt.
PS: Und nein, Instagram ist keine valable Alternative – und auf die China-App Rednote habe ich keine Lust.