Das ist keine gute Idee. Sie würden sich damit zur Psychiatriepflegerin dieses Mannes machen, was eine Beziehung auf Augenhöhe verunmöglicht. Zumal Sie ja gewiss nicht beabsichtigen, Ihr Vorhaben offen zu deklarieren, im Sinn von: «Ich werde dich verlassen, aber weil dich das fertigmachen wird, bleibe ich so lange bei dir, bis ich Anlass zur Überzeugung habe, dass du allein zurechtkommst.» Das wäre immerhin ehrlich – allerdings erkennen Sie anhand der Ausformulierung hoffentlich, wie anmassend und herabwürdigend Ihr Plan ist.
Überdies ist er aussichtslos. Denn woran wollen Sie festmachen, dass Ihr Partner stabil genug ist? Und wieso glauben Sie, Ihre blosse Präsenz trage dazu bei? Oder wollen Sie den armen Kerl etwa heimlich in Trennungsbewältigung schulen?
Vermutlich glauben Sie, ein fairer, empathischer Mensch zu sein, aber Ihre Überlegung ist rein egoistisch: Sie wollen nicht schuld sein daran, dass Ihr Partner durch die Trennung in eine Krise stürzt. Sie wollen vermeiden, dass er oder sonst jemand, Sie eingeschlossen, Sie als schlechten Menschen wahrnehmen könnte.
Sie müssen sich also der Frage stellen, was eine Beziehung für Sie genau bedeutet. Aktuell heisst es ja offenbar, mit einem emotional belasteten Menschen zusammen zu sein und zu denken, ihm damit einen Dienst zu erweisen. Und offenbar werten Sie Ihr Ansehen höher als Ihr Wohlbefinden. Ihr Ziel sollte es ja sein, ein glückliches Leben zu führen. Und nicht eines, das möglichst wenigen Menschen Anlass gibt, Sie schräg anzusehen.
Kann es sein, dass Sie hier das eine oder andere Defizit auf Ihren Partner projizieren? Sind nicht eher vor allem Sie diejenige, die durch eine Trennung den Halt verlöre?
Unsere Motive, mit jemandem zusammenzubleiben, sind vielfältig. Aber ausser Liebe taugt keines.